Ich Tarzan, du Jane; hier der sogenannte etablierte Betrieb, dort die Outsider-Artists, deren Arbeit unverfälscht, roh und manisch sein soll und die erst posthum als ernst zu nehmende Künstler rehabilitiert werden. Horst Ademeit, der 2010 in einem Altersheim in Düsseldorf starb und dessen Schaffen jetzt im Hamburger Bahnhof in Berlin gezeigt wird, wirkt selbst unter den Außenseitern noch als Außenseiter. Obsessiv ist sein Werk, aber weder findet sich der in der Outsider-Art gängige, infantile Bezug zur Massenkultur noch ein subversiver Umgang mit Sexualität und Gewalt. Wir werden auch nicht in psychedelische Welten entführt. Sondern nach Düsseldorf-Flingern.
Ende der 80er-Jahre beginnt Ademeit mit der Dokumentation von „Kältestrahlen“, denen er sich und seine Umgebung ausgesetzt sieht. Auf Tageszeitungen drapierte Thermometer, Geigerzähler, Feuchtigkeitsmessgeräte und Kompasse fotografiert er mit einer Polaroidkamera, auf den weißen Rändern der Abzüge notiert er in Mikroschrift Beobachtungen und Kommentare. Jeden Tag entsteht eine Aufnahme, bei seinem Tod hinterlässt Ademeit ein Konvolut von 6006 Stück.
Zu diesen „Tagesbildern“ kommen Hunderte „Dokumentarbilder“, in denen Ademeit seinen Körper, seine Sozialwohnung, die Nachbarschaft festhält. Auf ein Polaroid von vier Flaschen Blauer Burgunder schreibt er: „Wein am 17. Juni ’93 bei PENNY Lichtstr. eingekauft! der Wein hat einen chemischen Nachgeschmack und zieht an den Mundschleimhäuten.“ Doch Ademeit ärgert sich auch über Sperrmüll, beobachtet, wie lange ein Briefkasten nicht geleert, ein Auto nicht umgeparkt wird. Die durchnummerierten Fotos sind Ordnungsversuche eines Mannes, der sich von allen Seiten drangsaliert fühlt. Konzeptkunst, aus der die Paranoia des Kleinbürgers spricht.
Verschiedene Institutionen haben sich zuletzt dem Phänomen der Außenseiter-Kunst gewidmet. Die von Claudia Dichter und Udo Kittelmann kuratierte Ademeit-Schau ist auch insofern eine Ausnahme, als sie ohne zirkushafte Inszenierungen auskommt. Horst Ademeit bildet den Auftakt der Serie „secret universe“, die in den kommenden drei Jahren abseitigen, vergessenen Einzelpositionen Platz im Museum geben wird. Ihr Platz in der Kunstgeschichte darf gern offen bleiben.
Hamburger Bahnhof, Berlin, bis 25. September
Ende der 80er-Jahre beginnt Ademeit mit der Dokumentation von „Kältestrahlen“, denen er sich und seine Umgebung ausgesetzt sieht. Auf Tageszeitungen drapierte Thermometer, Geigerzähler, Feuchtigkeitsmessgeräte und Kompasse fotografiert er mit einer Polaroidkamera, auf den weißen Rändern der Abzüge notiert er in Mikroschrift Beobachtungen und Kommentare. Jeden Tag entsteht eine Aufnahme, bei seinem Tod hinterlässt Ademeit ein Konvolut von 6006 Stück.
Zu diesen „Tagesbildern“ kommen Hunderte „Dokumentarbilder“, in denen Ademeit seinen Körper, seine Sozialwohnung, die Nachbarschaft festhält. Auf ein Polaroid von vier Flaschen Blauer Burgunder schreibt er: „Wein am 17. Juni ’93 bei PENNY Lichtstr. eingekauft! der Wein hat einen chemischen Nachgeschmack und zieht an den Mundschleimhäuten.“ Doch Ademeit ärgert sich auch über Sperrmüll, beobachtet, wie lange ein Briefkasten nicht geleert, ein Auto nicht umgeparkt wird. Die durchnummerierten Fotos sind Ordnungsversuche eines Mannes, der sich von allen Seiten drangsaliert fühlt. Konzeptkunst, aus der die Paranoia des Kleinbürgers spricht.
Verschiedene Institutionen haben sich zuletzt dem Phänomen der Außenseiter-Kunst gewidmet. Die von Claudia Dichter und Udo Kittelmann kuratierte Ademeit-Schau ist auch insofern eine Ausnahme, als sie ohne zirkushafte Inszenierungen auskommt. Horst Ademeit bildet den Auftakt der Serie „secret universe“, die in den kommenden drei Jahren abseitigen, vergessenen Einzelpositionen Platz im Museum geben wird. Ihr Platz in der Kunstgeschichte darf gern offen bleiben.
Hamburger Bahnhof, Berlin, bis 25. September