Bei der jährlichen Gala des Museo del Barrio sollte die Regensburger Unternehmerin und Kunstsammlerin den "Ambassador of the Arts Award" bekommen. Nachdem aber ihre engen Verbindungen zu dem rechtsgerichteten Publizisten Steve Bannon, früherer Chefstratege von US-Präsident Donald Trump, bekannt wurden, beschloss die Institution, der Fürstin den Preis nicht zu verleihen. Das Museo del Barrio wurde im Nachgang der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung gegründet und widmet sich der Inklusion und Förderung von Künstlern aus Latainamerika und mit lateinamerikanischen Wurzeln.
Eigentlich sollte der Preis am 2. Mai verliehen werden, zum 50. Jubiläum des Ausstellungshauses. Als aber die Kulturwissenschaftlerin Ana Dopico auf Twitter schrieb, es sei schockierend, dass eine Insitution wie das Museo del Barrio eine Person wie von Thurn und Taxis auszeichnet, bezog das Museum Stellung: "Als kulturelle Institution, die auf den Prinzipien von Inklusion, Bürgerrechten und Vielfalt fußt, will das Museo del Barrio Menschen auszeichnen, die diese Werte und die Förderung von Latinx- und lateinamerikanischer Kunst hochhalten - in den USA und anderswo. Aus diesem Grund hat sich das Museo del Barrio entschlossen, nicht mehr mit der Fürstin Gloria von Thurn und Taxis zusammenzuarbeiten."
Gloria von Thurn und Taxis, geboren 1960 als Gräfin von Schönburg-Glauchau, heiratete mit 20 Jahren Fürst Johannes von Thurn und Taxis, dessen Familie das europäische Postwesen gegründet hatte. Aus der Ehe stammen drei Kinder. Die junge Fürstin wurde vor allem durch ihr Partyleben bekannt: Sie verkehrte in der Kunstszene New Yorks und der Pariser Modewelt. 1982 erkrankte Johannes schwer, das Jetset-Leben endete. Nach dem Tod ihres Mannes acht Jahre später übernahm die Fürstin die Leitung des Hauses und saniert das Familienunternehmen; der Freistaat Bayern erwarbt einen Großteil der fürstlichen Kunstsammlung. Heute lebt die überzeugte Katholikin in Regensburg, Rom, Kenia und New York.
Immer wieder fiel sie auch mit kontroversen Äußerungten auf. 2001 sorgte sie für Aufsehen, weil sie sich in der Talkshow "Friedman" abfällig über Aids-Erkrankte in Afrika äußerte: "Da sterben die Leute an Aids, weil sie zu viel schnackseln. Der Schwarze schnackselt gerne." Das Wort "schnackseln" ist im bayerischen Dialekt ein Ausdruck für Sex.
Gloria von Thurn und Taxis engagiert sich in der katholischen Anti-Abtreibungsbewegung und fiel dadurch auf, dass sie sexuellen Missbrauch in der Kirche relativierte. In den USA war sie nun auch deshalb in den Nachrichten, weil sie eng mit Bannon befreundet ist und plant, mit dem Rechtspopulisten eine Sammlungsbewegung innerhalb der katholischen Kirche zu gründen, die sich gegen den als zu liberal wahrgenommen Papst Franziskus richtet.
Alex Gonzales, seit zwei Jahren Mitglied im Beirat des Museums, war verwundert, die Fürstin unter den Nominierten zu sehen. "Allein schon bei ihren Kommentare zur Aids-Epidemie in Afrika hätten die Warnlichter angehen müssen", sagte er dem Online-Magazin "Hyperallergic". "Das sind komplett unmenschliche Äußerungen. Meine Frage an das Museum lautet also: Wie richtet es sich aus? Warum soll diese Person geehrt werden? Eine Antwort habe ich noch nicht bekommen."
Arlene Dávila, Professorin für Latinx-Studien, die auch als Kuratorin an dem Museum tätig war, sagte, die Institution habe die Latinx-Gemeinde nun schon seit Jahrzehnten enttäuscht. Das Haus werde der Repräsentation der Gruppen, die es eigentlich vertreten soll, nicht mehr gerecht. Es habe sich von dem Auftrag entfernt, mit dem es vor 50 Jahren einmal gegründet worden sei.
Unterdessen hat sich die Fürstin in einer E-Mail an die "New York Times" gewandt: "Ich bin enttäuscht über die Spaltung der heutigen Gesellschaft. Es scheint keinen Platz für Toleranz mehr zu geben. Meine konservativen religiösen Ansichten haben überhaupt keine Auswirkungen für meinen weltoffenene Blick auf kulturelle Vielfalt und Inklusion. Ich bin schon mein ganzes Leben mit Menschen befreundet, die alle möglichen politichen und religiösen Ansichten haben."
Das Museo del Barrio ist in einer ehemaligen Feuerwache in New York untergebracht, wo während der Bürgerrechtsbewegung Bücher politisch radikaler Autoren verbrannt wurden. 1969 wurde die Institution gegründet, um Kunst von Künstlern mit einem lateinamerikanischen oder karibischen kutlurellen Hintergrund zu zeigen. Patrick Charpenel ist seit 2017 der vierte Direktor des Hauses und er sagte, er wolle Themen wie Immigration und kulturelle Vielfalt angehen. Ein Museum müsse manchmal "ein Ort des politischen Widerstands sein", so Charpenel.