Heji Shin, Sie zeigen in der Kunsthalle Zürich eine Serie von Porträts des amerikanischen Hip-Hoppers und Produzenten Kanye West. Warum haben Sie ausgerechnet ihn ausgewählt?
Den Gedanken, einen amerikanischen Rapper in einer Schweizer Kunstinstitution zu zeigen, finde ich interessant. Kanye West ist die einzige Person, die meine Aufmerksamkeit seit einiger Zeit erregt hat. Auch wegen seiner kulturellen Bedeutung, die über einen Mainstream-Musiker und Celebrity hinausgeht. Seine Popularität ist unumstritten, aber er stellt auch für viele eine Provokation dar wegen mancher Äußerungen.
Kanye gerät immer wieder für erratische Tweets und merkwürdige Auftritte in die Schlagzeilen. Mal hält er sich für Jesus, mal bekundet er seine Sympathie für Donald Trump. Viele halten ihn durch diese Selbstdemontage für völlig abgemeldet.
Ich finde es immer sehr unterhaltsam, wenn er so viel Aufregung auslöst, und es macht mir Spaß, darüber zu lesen. Man konfrontiert mich jetzt immer wieder mit der Frage: Warum Kanye? Er ist eine zu umstrittene Person. Aber das ist das Interessante an ihm. Er ist von seiner Bedeutung eigentlich nicht mit anderen öffentlichen Personen zu vergleichen. Es gibt immer wieder Versuche, ihn zu canceln, aber er ist präsenter als jemals zuvor. Und was er politisch sagt oder denkt, das wird oft aus dem Kontext gerissen und in vorgefertigte Schubladen gesteckt. Es geht in meiner Arbeit um die Vielschichtigkeit seiner Person. Und dabei ist es mir wirklich egal, ob er politisch korrekt ist. Nebenbei halte ich ihn für einen wichtigen Künstler. Und vielleicht ist er gerade auch deshalb so einflussreich, weil er solche Kategorisierungen und gewisse Arten von Zensur ablehnt.
Was meinen Sie mit Zensur?
Das ganze Verfahren, einen Menschen in Konstrukte von Political Correctness oder Identity Politics einzuordnen, verstehe ich nicht. Und bei Kanye West funktioniert es auch offensichtlich nicht. Ob er Trump mag oder nicht – das ist mir egal. Wie kann man eine Person abschreiben wegen einer Meinung? Man kann Kanye nicht unter der Frage beurteilen, ob er pc ist oder nicht. So gestalten sich differenzierte Persönlichkeiten nicht.
Ihr Kollege Wolfgang Tillmans hat vor zwei Jahren einen anderen Hip-Hop-Musiker porträtiert, Frank Ocean. Hatten Sie diese Paarung für Ihre Serie im Hinterkopf?
Nein, aber es ist auf jeden Fall ein lustiger Vergleich. Frank Ocean und Wolfgang Tillmans sind definitiv ein match made in heaven.