4. Januar: Der Brandenburger Künstler Herbert Sander, zu DDR-Zeiten Schöpfer der Grafik "Schwerter zu Pflugscharen", stirbt im Alter von 79 Jahren. Er hat der Friedenssehnsucht Hunderttausender eine Plattform gegeben, die der Militarisierung der DDR skeptisch gegenüber standen. Der Künstler, der in Nordhausen in Thüringen geboren wurde, schuf die Grafik im Auftrag der Kirche nach der weltberühmten Plastik, die die Sowjetunion 1959 den Vereinten Nationen geschenkt hatte. Als Aufnäher wurde sie in den 1980er-Jahren Symbol der DDR-Friedensbewegung. (dpa)
31. Januar: Hans Vent stirbt im Alter von 83 Jahren in Berlin. Der 1934 in Weimar geborene Maler und Grafiker wurde mit seinen teils abstrakten Bildern in der DDR wiederholt angegriffen, erhielt aber gleichwohl ab 1975 einen Lehrauftrag an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Dort hatte der gelernte Industriemeister in den 50er-Jahren bei Toni Mau und Bert Heller studiert. (dpa)
3. Februar: Stefan Moses stirbt mit 89 Jahren in seinem Haus in München. Zahlreiche Prominente hat der Fotograf mit seinen Kameras porträtiert, darunter Heinrich Böll, Willy Brandt, Otto Dix, Günter Grass, Thomas Mann und Martin Walser. Er zeichnete sich unter anderem durch Reportagen in Zeitschriften aus. Viele der Motive und groß angelegten Bildzyklen drehten sich um das Thema "Deutschland und die Deutschen", darunter vor allem sein Projekt "Ostdeutsche Porträts" aus den Jahren der Wiedervereinigung 1989 und 1990. "Ich bin ein Menschenfotograf", beschrieb sich der 1928 im schlesischen Liegnitz geborene Moses einst. "Mit Stefan Moses verliert Deutschland nicht nur einen großen Fotografen, sondern einen seiner bedeutendsten Chronisten", würdigte ihn Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU). "Untrüglich war sein Gespür für die Theatralik scheinbar banaler Alltagssituationen. Wir können uns glücklich schätzen, dass dieses 'lebenslängliche Erinnerungswerk' - wie Moses selbst seine Arbeit beschrieben hat - in seinen Arbeiten festgehalten ist", so Grütters. (dpa)
12. März: Gisela Breitling, eine Vorkämpferin der Frauenrechte, stirbt im Alter von 78 Jahren. Die aus dem fantastischen Realismus stammende Künstlerin wurde vor allem mit ihren Porträts von starken und selbstbewussten Frauen bekannt. In den 80er-Jahren gründete sie zusammen mit der Berliner Künstlerin Evelyn Kuwertz "Das verborgene Museum", in dem seit 1987 vorwiegend Werke von vergessenen europäischen Künstlerinnen ausgestellt werden. 2001 erhielt sie für ihr Engagement zur Gleichstellung der Frau in der Kunstwelt das Bundesverdienstkreuz am Band. Ihre Arbeiten sind in Sammlungen wie der Berliner Nationalgalerie, der Albertina in Wien und dem Victoria and Albert Museum in London vertreten. Daneben machte sie sich auch als Autorin einen Namen. 1987/88 gewann sie den Wettbewerb zur Gestaltung des Turms der Berliner Matthäus-Kirche am Kulturforum. (dpa)
20. März: Der Architekt Manfred Prasser stirbt. Viele Gebäude in Berlin tragen noch heute seine Handschrift. Der gelernte Zimmermann und studierte Bauingenieur aus Kuhschnappel bei Chemnitz galt als einer der ideen- und einflussreichsten Architekten der DDR. Er baute das Konzerthaus am Gendarmenmarkt im Schinkelschen Sinne mit um, rekonstruierte den Französischen Dom, kreierte den Friedrichstadtpalast als moderne Musicalbühne, entwarf Luxushotels. Sein Meisterwerk war jedoch der große Saal im Palast der Republik. "Es ist ein Haus, das Menschen gebaut haben und nicht Erich Honecker", sagte er. "Ich bin stolz auf meine Arbeit." 2015 kritisierte Prasser den Abriss des asbestverseuchten Gebäudes als überflüssig. Er habe nichts gegen den Wiederaufbau des Berliner Hohenzollern-Schlosses, für den der Palast auch weichen musste. Doch der Entwurf seines italienischen Kollegen Franco Stella fand keine Gnade vor seinen Augen. "Man kann keine Potemkinsche Fassade errichten und dahinter ein Stahlbeton-Skelett. Ein solches Schloss ist gesellschaftspolitisch und historisch, Entschuldigung, Scheiße. Wenn historisch, dann richtig", forderte der damals 82-Jährige. (dpa)
24. März: Der israelische Bildhauer Frank Meisler, bekannt für seine "Kindertransport"-Denkmäler, stirbt in Israel im Alter von 92 Jahren. Seine lebensgroßen Bronze-Skulpturen von Kindern und Jugendlichen mit Koffern sind an zentralen öffentlichen Orten zu sehen - zum Beispiel am Bahnhof Friedrichstraße in Berlin. Der in Danzig geborene Meisler war als Junge im August 1939 mit einer Gruppe anderer Kinder in Berlin-Friedrichstraße in einen Zug gestiegen. Ihnen gelang in letzter Minute die Flucht vor den Nationalsozialisten nach London.Die sogenannten Kindertransporte, mit denen rund 10 000 jüdische Kinder nach England entkommen konnten, begannen nach der Pogromnacht am 9. November 1938. Nach dem Krieg studierte Meisler in England Architektur. Seine bekanntesten Werke sind die "Kindertransport"-Denkmäler an zentralen Stationen seiner Biografie - Berlin, Danzig und London -, mit denen er seine eigenen Erfahrungen verarbeitete. Für seine Erinnerungsarbeit wurde Meisler 2012 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. (dpa)
26. März: Joachim John stirbt im Alter von 85 Jahren nach kurzer Krankheit im mecklenburgischen Neu Frauenmark in der Nähe von Schwerin. Er galt als einer der profiliertesten bildenden Künstler Mecklenburg-Vorpommerns. 1985 erhielt er den Käthe-Kollwitz-Preis der Akademie der Künste der DDR, 1998 den Kulturpreis des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Bekannt wurde er vor allem mit seinem zeichnerischen Werk.
4. April: Der Künstler Ferry Ahrlé stirbt im Alter von 93 Jahren in seiner Geburtsstadt Frankfurt. Bekannt wurde er vor allem durch seine realistisch anmutenden Gemälde, in denen er Gedichte von Johann Wolfgang von Goethe, Christian Morgenstern und Joachim Ringelnatz oder klassische Musikwerke verarbeitete. Der Künstler studierte in Berlin an der Hochschule für Bildende Künste und nahm Schauspielunterricht. In Frankfurt entwarf er Filmplakate für Regisseure wie Ingmar Bergman, Roman Polanski, Orson Welles und François Truffaut. Nach einem kurzen Abstecher nach Paris begann Ahrlé Ende der 70er-Jahre eine Fernsehkarriere. Er schrieb Drehbücher, war Schauspieler und Talkmaster. In der Fernsehserie "Sehr ähnlich, wer soll's denn sein" unterhielt sich Ahrlé mit Prominenten und zeichnete sie dabei vor laufender Kamera. Ahrlé lebte und arbeitete zuletzt in seiner Geburtsstadt Frankfurt und in Berlin.
18. April: Der Maler und Grafiker Max Weinberg stirbt in Frankfurt im Alter von 90 Jahren. Weinberg, 1928 in Kassel geboren, lebte seit 1959 in Frankfurt. Er wurde mit teils großformatigen grell-bunten Bildern bekannt, die an Graffiti erinnerten. In seinem Atelier empfing Weinberg viele Schulklassen und ausländische Reisegruppen, vor allem auch aus Israel. Weinberg war 1935 während der NS-Herrschaft mit seinen jüdischen Eltern nach Palästina geflohen. Als 13-Jähriger verkaufte er dort seine Bilder auf der Straße. 1948 wurde er in Israel zum Militär eingezogen und nach Befehlsverweigerung unehrenhaft entlassen. Weinberg studierte 1954 an der staatlichen Akademie für Kultur und Künste in Tel Aviv, bevor er nach Deutschland zurückkehrte. (dpa)
28. April: Der amerikanische Künstler Larry Harvey, Gründer des Festivals Burning Man, stirbt im Alter von 70 Jahren in San Francisco nach einem schweren Schlaganfall. Harvey gründete Burning Man im Jahr 1986. Das einwöchige Festival, zu dem zuletzt rund 70.000 Besucher jährlich kamen, findet im Spätsommer in einer Wüste des US-Bundesstaates Nevada statt. Es ist eine Mischung aus Kunstausstellung, Konzert und Megaparty. Der Höhepunkt ist das Verbrennen einer menschlichen Statue – dem "Burning Man". (dpa)
9. Mai: Der dänische Maler und Bildhauer Per Kirkeby stirbt im Alter von 79 Jahren. Kirkeby galt als bedeutendster Vertreter der dänischen Gegenwartskunst. International erregte er vor allem in Deutschland Aufmerksamkeit, er stellte aber auch im Londoner Tate, im Museum of Modern Art in New York und im Centre Pompidou in Paris aus. Der 1938 als Per Christensen geborene Däne studierte zunächst Geologie und begann 1962 ein Kunststudium. In den 60er-Jahren arbeitete Kirkeby viel mit bekannten deutschen Künstlern wie Joseph Beuys und Jörg Immendorff zusammen und bekannte sich auch zu seiner Zugehörigkeit zur 68er-Linken. Ab 1978 arbeitete er an der Kunstakademie Karlsruhe und danach von 1989 bis zum Jahr 2000 als Professor an der Städelschule in Frankfurt. Nach einer Hirnblutung mit zeitweise schweren physischen, vor allem aber psychischen Problemen drosselte Kirkeby seine Aktivitäten. (dpa)
12. Mai: Der südafrikanische Fotograf Sam Nzima, stirbt im Alter von 83 Jahren in einem Krankenhaus in Mbombela im Norden des Landes. Das Foto, das Nzima 1976 weltweit berühmt machte, zeigt einen Schwarzen, der den sterbenden Hector Pieterson in den Armen hält. Der schwarze Junge ist bei einem Schüleraufstand für bessere Bildung von Sicherheitskräften erschossen worden. Das Bild gilt als Illustration des Apartheidsregimes. Wegen der Aufnahme bekam Nzima Probleme mit der Sicherheitspolizei und gab seine Arbeit als Fotograf auf. (dpa)
14. Mai: Der amerikanische Schriftsteller und Journalist Tom Wolfe, der mit dem "Fegefeuer der Eitelkeiten" und seinem persönlich gefärbten Erzählstil großen Erfolg feierte, stirbt im Alter von 88 Jahren nach einer Infektion in einem Krankenhaus in New York. Wolfe arbeitete zunächst für Zeitungen und wurde für seine Berichte in der "Washington Post" über die Revolution auf Kuba ausgezeichnet. Er galt als Wegbereiter des sogenannten "New Journalism" der 1960er und 1970er Jahre, bei dem literarische Stilmittel in Reportagen einfließen. 1968 gelang Wolfe mit einem Essay-Band und dem heute legendären Werk "Der Electric Kool-Aid Acid Test" der vollständige Wechsel ins Schriftstellertum. 1975 veröffentlichte Wolfe das Buch "The Painted Word", in dem er mit den Künstlern und Kritikern des Abstrakten Expressionismus abrechnete. In seinem letzten Roman "Back to Blood" (2012) porträtierte er unter anderem Sammler, Kunstberater und Oligarchen rund um die Kunstmesse Art Basel/Miami Beach. Wie in vielen seinen Büchern knieten seine Figuren auch in dieser Satire vor der Dreieinigkeit aus Geld, Macht und Sex.
19. Mai: Robert Indiana stirbt mit 89 Jahren auf einer kleinen Insel. Vier Buchstaben machten ihn berühmt - aber sie waren auch der Anfang vom Ende seiner Karriere. In den 60er-Jahren begann der US-Künstler in New York mit dem Wort "love" (Liebe) zu experimentieren und schuf schließlich eine erste Skulptur für das Indianapolis Museum of Art: oben "L" und "O", letzteres leicht schräg, gestapelt auf "V" und "E", das Ganze bunt und mannshoch.Aber der Erfolg seines Werkes brachte ihm kein Glück. Indiana fühlte sich von seinen Nachahmern illegal kopiert und von der New Yorker Kunstwelt missverstanden. 1978 zog er sich auf eine kleine Insel vor der Küste des US-Bundesstaats Maine zurück, wo er am Samstag im Alter von 89 Jahren an Lungenversagen starb, wie die "New York Times" in der Nacht zum Dienstag unter Berufung auf seinen Anwalt berichtete.
31. Mai: Fritz Eller stirbt im Alter von 91 Jahren zuhause in Aachen. Er galt als einer der bedeutenden Architekten der Nachkriegszeit. Er war maßgeblich am Bau bedeutender Hochhäuser der jungen Bundesrepublik in den 1950er Jahren beteiligt. Dazu zählt das "Dreischeibenhaus", ein Bürohochhaus in der Düsseldorfer Innenstadt. Eller entwarf auch den Düsseldorfer Landtag. Der in Schwaz (Tirol) geborene Eller und seine Kommilitonen Erich Moser und Robert Walter hatten nach dem Diplom an der TU Graz den Rat ihres Professors befolgt, wie er zu seinem 90. Geburtstag in einem Interview erzählte: "Gehen Sie nach Düsseldorf, da beginnt der Wiederaufbau. 1953, die Engländer haben die Demontage eingestellt, und da können Sie bauen." Eller lehrte 30 Jahre lang (1962-1992) am Institut für Bauwesen der RWTH Aachen. Als Leiter des Instituts für Schulbau forschte er zur baulichen Modernisierung des Schul- und Hochschulwesens im Zuge der Bildungsreform in Nordrhein-Westfalen. (dpa)
1. Juni: Der Kulturpolitiker Hilmar Hoffmann stirbt im Alter von 92 Jahren in Frankfurt. In Frankfurt wurden in seiner aktiven Zeit 15 Museen eröffnet. Er stockte die Förderung für die freie Szene auf, gründete Off-Spielstätten, eröffnete Stadtteilbibliotheken, Musikschulen und Bürgerhäuser. Hoffmann arbeitete unter fünf Oberbürgermeistern. Zwischen 1970 und 1990 war der SPD-Politiker Kulturstadtrat in Frankfurt, wo er unter anderem das Museumsufer aufbaute. Von 1992 bis 2001 war er Präsident des Goethe-Instituts. In seinem Buch "Kultur für alle!" setzte er sich für eine breitere gesellschaftliche Teilhabe an Kultur ein. Er sah sie als "Lebenselixier", man brauche sie, "um ein ganzer Mensch zu werden", sagte er in einem seiner letzten Interviews. (dpa)
1. Juni: Der New Yorker Maler Malcolm Morley stirbt in New York. Als Begründer des Fotorealismus, Pate des Neoexpressionismus und erster Turner-Preisträger schrieb er gleich mehrfach Kunstgeschichte. Malcolm Morley erfand in den 60er-Jahren fast im Alleingang des Fotorealismus, wandte sich in den 70er-Jahren von der realistischen Malerei ab und initiierte den Neoexpressionismus. "Es ist weit schwieriger, ein abstraktes Bild zu malen, das realistisch ist, als ein abstraktes Bild, das abstrakt ist", so der Künstler im Monopol-Interview.
7. Juni: Der US-Fotograf David Douglas Duncan stirbt im Alter von 102 Jahren in Südfrankreich. Duncan ist für seine Aufnahmen des Malers Pablo Picasso berühmt, den er bei der Arbeit ablichten durfte und zu dem er eine Freundschaft entwickelte. Seine Foto-Essays über den 1973 gestorbenen Künstler wurden in mehreren Bildbänden veröffentlicht. 2014 hatte der Fotograf dem Picasso-Museum im westfälischen Münster 160 Fotos geschenkt, die Picasso in seiner Villa La Californie in Südfrankreich zeigen. Duncan arbeitete für das US-Magazin "Life" und war als Kriegsfotograf bekanntgeworden, vor allem mit seinen Aufnahmen aus dem Koreakrieg. Er lebte nördlich von Cannes an der Côte d'Azur. (dpa)
25. Juni: Der für seine Bilder aus der Apartheid bekannt gewordene südafrikanische Fotograf David Goldblatt stirbt im Alter von 87 Jahren in seinem Zuhause in Johannesburg. Goldblatt war einer der berühmtesten Dokumentarfotografen Südafrikas. Seine Bilder erzählen von den gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten während der Apartheid. Statt der großen politischen Ereignisse fotografierte er eher einfache Szenen des Lebens, die die Verhältnisse zu der Zeit des rassistischen Apartheid-Regimes darstellten. "Ich bin nicht wirklich daran interessiert, und war es auch damals nicht, den Moment zu fotografieren, in dem etwas passiert. Ich bin an den Bedingungen interessiert, die zu Ereignissen führen", sagte er einst. (dpa)
1. Juli: Der niederländische Künstler Armando stirbt im Alter von 88 Jahren in Potsdam. Armando, der 1929 als Herman Dirk van Dodeweerd in Amsterdam geboren wurde, gilt als einer der wichtigsten niederländischen Künstler der Nachkriegszeit. Es war als Maler, Schriftsteller, Dichter, Bildhauer, Dokumentarfilmer und auch als Geiger international bekannt. Sein Werk wurde mehrfach ausgezeichnet. Der Zweite Weltkrieg und die Frage von Gut und Böse, Schuld und Unschuld hatten sein Werk stark beeinflusst. Armando war in Amersfoort in der Nähe eines Konzentrationslagers der deutschen Besatzungsmacht aufgewachsen. (dpa)
14. Juli: Die Berliner Künstlerin Christa Dichgans stirbt mit 78 Jahren. Dichgans' bekannteste Gemälde zeigen Anhäufungen von Spielzeug, oft in großen Formaten. Erst durch Ausstellungen wie "Power Up Female Popart" in der Kunsthalle Wien im Jahr 2010 oder "German Pop" an der Schirn Kunsthalle in Frankfurt 2015 wurde sie einem größeren Publikum bekannt. Ihre Stillleben von angehäuften Konsumgütern oder ihre Hochhausansichten wurden häufig als Konsumkritik gelesen, doch um sie als Künstlerin einzuordnen greift das zu kurz. Erst aus einer heutigen Perspektive lässt sich ihre malerische Auseinandersetzung auch als eine vorurteilsfreie Arbeit an den Formen der Gegenwart lesen. Viele, die Christa Dichgans erstmals in einer der Ausstellungen der letzten Jahre wahrnahmen, betitelten sie verblüfft als "weiblichen Jeff Koons". Auch das ist nicht einmal die halbe Wahrheit, jedoch hatte sie die poppige Faszination für aufblasbare Gummitiere deutlich vor ihm zu Kunst gemacht.
23. Juli: Die 31-jährige ukrainische Malerin und Aktivistin Oksana Schatschko wird nach Suizid tot aufgefunden. Bekannt wurde sie als Mitbegründerin der Femen-Protestbewegung. Schatschko gründete Femen 2008 in Kiew zusammen mit Anna Huzol. In die Schlagzeilen gerieten die Aktivistinnen seit 2010 durch Protestaktionen, bei denen sie mit entblößtem Oberkörper in der Öffentlichkeit auftraten. Dabei ging es ihnen darum, auf soziale Missstände aufmerksam zu machen – wiederkehrendes Thema der Aktionen waren Frauenrechte. Schatschko studierte Kunst und Kunstgeschichte, mit dem Ziel, einmal eine eigene Galerie zu gründen. 2012 floh sie nach Paris und konzentrierte sich auf ihre Malerei, 2016 hatte sie ihre erste Einzelausstellung.
29. August: Der Fotograf Erich Lessing stirbt in Wien. Lessing fotografierte unter anderem den Ungarn-Aufstand (1956) und wurde mit Bildern zum Wiederaufbau im Kommunismus bekannt. Geboren wurde er 1923 in Wien als Sohn eines Zahnarzts und einer Konzertpianistin. 1939 emigrierte Lessing nach Palästina, studierte in Haifa Radiotechnik und arbeitete als Karpfenzüchter in einem Kibbuz. Seine erste Kamera bekam er bereits mit 13 Jahren. Als er im Erwachsenenalter zu seinem Hobby zurückkehrte, verdiente er zunächst Geld mit Kindergarten- und Strandfotografien. Während des Zweiten Weltkriegs wurde er bei der britischen Armee als Fotograf verpflichtet. Nach dem Krieg arbeitete Lessing unter anderem für die amerikanische Nachrichtenagentur Associated Press und die legendäre Magnum Agentur. Lessing dokumentierte in den 1950er Jahren die politischen und sozialen Ereignisse im Nachkriegseuropa. (dpa)
10. September: Der 86-Jährige Philosoph Paul Virilio stirbt an einem Herzstillstand. Virilio war unter anderem als Architekt und Stadtplaner tätig, bekannt wurde er für seine Überlegungen zur Auswirkung der Geschwindigkeit auf die Gesellschaft. Er sah die Beschleunigung durch die technische Entwicklung als zentralen Faktor, mit dem er sich etwa in den Büchern "Geschwindigkeit und Politik" oder "Rasender Stillstand" kritisch auseinandersetzte. Virilio wurde 1932 in Paris geboren. Er erlebte im Zweiten Weltkrieg die Bombardierung von Nantes durch die Alliierten, die ihn nach Angaben seiner Tochter sehr geprägt hat: Er habe sich als "ein Kind des totalen Krieges" beschrieben. Virilio veröffentlichte auch Bücher über die Bunker-Architektur des Krieges und zu den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA. (dpa)
18. September: Der US-Architekt Robert Venturi stirbt im Alter von 93 Jahren in Philadelphia. Venturi hat die Maxime "Less is a bore" in Anlehung an Mies van der Rohes Diktum "Less is more" geprägt. Der Architekt hat zwar wenig gebaut, ist aber bekannt geworden als Ko-Autor des Traktats "Learning from Las Vegas", einer Ode auf die Trivialarchitektur der US-Highways. Das Buch gilt als ein Gründungstext der architektonischen Postmoderne. 1991 bekam er die Architekturauszeichung Pritzker Prize, obwohl er darauf bestand, dass seine Ehefrau und Partnerin Denise Scott Brown auch einen Anteil daran haben sollte.
19. September: Die Künstlerin Geta Brătescu stirbt mit 92 Jahren. Sie war die Grande Dame der rumänischen Konzeptkunst, der internationale Durchbruch kam aber erst im hohen Alter. Brătescu wurde 1926 als einziges Kind eines Apothekerpaares in Ploieşt geboren. Schon früh erkannte sie ihre Leidenschaft für Kunst und Literatur. Sie begann mit dem Kunststudium, Familie und Lehrer unterstützten sie dabei. Kurz vor ihrem Examen musste sie abbrechen, die politische Repression des Ceauşescu-Regimes zwang sie dazu. Ein harter Rückschlag für die junge Brătescu, und es sollte noch schlimmer kommen: Mit dem Machtantritt der Kommunisten erhielt sie ein vorübergehendes Ausstellungsverbot. Trotz allem blieb die "Zeichnerin im Dienste der Linie" in ihrem kleinen Atelier in Bukarest. In einem Gespräch mit der rumänischen Kuratorin Magda Radu sagte Brătescu einmal: "Kunst ist ein ernstes Spiel." Bis zuletzt hielt die Grande Dame der rumänischen Konzeptkunst daran fest, mit ganzem Herzen und voller Hingabe.
13. Oktober: Die Fotografin Sigrid Neubert stirbt im Alter von 91 Jahren. Sie galt als Chronistin der deutschen Nachkriegsarchitektur. Die gebürtige Tübingerin war zunächst Werbefotografin, bevor sie sich in den 50er Jahren auf Architektur-Fotografie spezialisierte, damals eine Männerdomäne. Sie fotografierte etwa das BMW-Hochhaus und die Olympia-Bauten in München, wo sie fünf Jahrzehnte arbeitete. Zuletzt lebte sie in der Nähe von Berlin. (dpa)
14. Oktober: Der spanische Maler Eduardo Arroyo, der auch als Schriftsteller, Bildhauer und Bühnenbildner tätig war, stirbt im Alter von 81 Jahren in seinem Haus in Madrid. Arroyos Werke sind in den wichtigsten Museen der Welt zu bewundern, so im MoMA in New York, im Pariser Centre Pompidou und in der Berliner National-Galerie. Das Guggenheim New York widmete ihm 1984 eine Einzelausstellung. Das spanische Königshaus schrieb auf Twitter: "Spanien verliert heute eine der Insignien seiner Kunst." Die Malerei sei ihm von seinen künstlerischen Tätigkeiten die wichtigste gewesen, sagte Arroyo einmal im Interview.
14. Oktober: Der amerikanische Pop-Art-Künstler Mel Ramos, der für seine Darstellung von Pin-Up-Girls bekannt wurde, stirbt im Alter von 83 Jahren an Herzversagen. Ramos war einer der bedeutendsten Vertreter der Pop-Art in den USA. Berühmt wurde er in den 1960er Jahren mit seinen "Commercial Pin-ups" - Persiflagen, die die Werbung aufs Korn nehmen. Auf den Gemälden räkeln sich Pin-Up-Girls auf riesenhaften Colaflaschen und Zigarettenpackungen oder reiten auf Zigarren. Die heute fast harmlos wirkenden Bilder waren damals eine kleine Provokation. Vor allem von Feministen habe er früher viel Kritik eingesteckt, sagte Ramos im Jahr 2012. Im Pariser Louvre habe er dann die "prächtigen Akte von Tizian, Veronese und Tintoretto" gesehen und sich "bestätigt" gefühlt. Im Alter von nur 28 Jahren wurden seine Werke im Los Angeles County Museum of Art zusammen mit Arbeiten von Roy Liechtenstein, Andy Warhol und anderen Pop-Art-Künstlern gezeigt. 1967 hatte er bereits eine Einzelausstellung im San Francisco Museum of Modern Art und lehrte später als Professor für Malerei an verschiedenen Universitäten. (dpa)
17. Oktober: Ara Güler, bekannter Chronist der Stadt Istanbul, stirbt im Alter von 90 Jahren nach einem Herzinfarkt. Güler wurde 1928 in Istanbul geboren. Bekannt wurde er für seine Schwarz-Weiß-Fotografien von Alltagsszenen in Istanbul: Kutsche und Straßenbahn im Schneegestöber, plaudernde Männer an Straßenecken, ein Straßenfeger mit Schnurrbart und Besen. Sie brachten ihm den Spitznahmen "Das Auge von Istanbul" ein. Bekannt wurde er aber auch mit seinen Porträts von Berühmtheiten, etwa Winston Churchill, Indira Gandhi, Bertrand Russell, Alfred Hitchcock oder Salvador Dali. (dpa)
28. November: Der US-Bildhauer Robert Morris stirbt mit 87 Jahren. Als bedeutender Vordenker am Ende der Avantgarden der Moderne hat sich der 1931 in Kansas City geborene Künstler früh von einem starren Werkbegriff gelöst: Objekte, Skulpturen, Zeichnungen, Performances, Filme und Texte, Robert Morris hat in fast allen Medien gearbeitet. Robert Morris wollte sich nicht durch Kritiker vertreten lassen, sondern vermittelten sich selbst und seine Arbeit in einer Fülle von Aufsätzen und Statements. "Robert Morris hat von allen geklaut", sagt der Künstler Dan Graham einmal anerkennend in einem Monopol-Interview, "bei Joseph Beuys die Filzsachen, und sein Dekonstruktivismus kommt direkt aus Marcel Duchamps Büchern. Die Spiegelkuben kommen aus Duchamps 'The Green Box', wo er sagt: 'Stell drei Spiegelkuben zusammen und schau, was passiert.'"
2. Dezember: Der 1944 geborene Künstler Lothar Baumgarten stirbt. Baumgarten studierte 1968 an der Akademie für Bildende Künste in Karlsruhe, und von 1961 bis 1971 an der Kunstakademie in Düsseldorf — unter anderem bei Joseph Beuys. Seine erste Einzelausstellung hatte er 1972 in Düsseldorf in der Galerie Konrad Fischer. Ab 1978 reiste der Künstler ins Amazonasgebiet. Baumgarten lebte dort 18 Monate lang mit dem Stamm der Yanomami. Am Beginn dieser Reise stand eine einfache ethnologische Fragestellung — wie sehen fremde Kulturen im europäischen Blick aus? Seit 1994 war Baumgarten Professor an der Universität der Künste Berlin. Seine Arbeiten sind in zahlreichen internationalen Sammlungen vertreten, darunter in der Deutsche Bank Kunstsammlung in Frankfurt, in der Fondation Cartier in Paris und der Tate Modern in London.