Sie ist eigentlich so gut, die Geschichte der Jutta Koether. In den 80er-Jahren regierten am Rhein die Neoexpressionisten, um Martin Kippenberger hier und Jiří Georg Dokoupil dort: ein ziemlicher Männerladen. Doch es gab eine Frau, die mitspielen wollte. Sie war mit allen Wassern der konzeptuellen Theorie gewaschen. Sie saß außerdem im Zentrum des Diskurses, dort, wo erbarmungslos über in und out entschieden wurde, in der Redaktion von "Spex". Aber sie wollte nicht für ihre Texte Anerkennung, nicht für ihre Expertise in der Popkultur: Sie malte, autodidaktisch. Sie verkaufte wenig, die meisten Werke landeten auf dem Dachboden. Aber sie biss sich durch.
Anfang der 90er ging Jutta Koether nach New York, fing neu an, stellte in guten Galerien aus, wurde von wichtigen Autoren kommentiert, mittlerweile lehrt sie Malerei in Hamburg. Ihre Inhalte sind feministisch, jahrelang malte sie nur rot, in der Farbe des Lippenstiftes oder auch des Menstruationsblutes, sie bezieht sich abwechselnd auf Punk und die großen Maler der Moderne von Poussin bis Cézanne, sie schreibt sich kämpferisch in die männerdominierte Kunstgeschichte ein.
Und jetzt widmet ihr das Museum Brandhorst endlich die große Retrospektive. Die vielen Bilder vom Dachboden hängen an den Museumswänden, ein neuer Zyklus mit dem schönen Titel "Tour de Madame" spiegelt in Größe und Anordnung im Untergeschoss des Museums genau den berühmten "Lepanto"-Zyklus von Cy Twombly ein paar Etagen darüber. Wie gern würde frau das nun großartig finden. Aber leider: Es klappt nicht.
Man könnte ihre erst auf geradezu stickige Weise pastosen, später eher transparent gehaltenen Bilder ja als bewusstes "bad painting" preisen, wie man das von Kippenberger und Dokoupil kennt – aber müsste dann nicht mehr Witz zu spüren sein? Was ist der Punkt dabei, alte Meister dilettantisch zu zitieren, immer wieder? Warum diese wirren Linien, diese stereotypen Gesichter?
Eine Zeit lang hat Koether, Theoretikerin wie Praktikerin des Netzwerks, ihre Bilder in Performances benutzt wie Werkzeuge – und im Sozialen, in der Interdisziplinarität liegt auch die Qualität ihrer Kunst. Doch im Museum Brandhorst schneidet man das Drumherum ab und stellt die Malerei allein auf den Sockel. Und dieser Überforderung halten die Bilder leider nicht stand.