Pompidou-Ableger in Brüssel

Kunst im Rohzustand

Das Museum Kanal – Centre Pompidou in Brüssel wird voraussichtlich erst 2022 fertig. Einen Vorgeschmack auf das, was dort zu sehen sein wird, gibt es jedoch jetzt schon: monumental und spektakulär wie das Gebäude

Ein schwebendes Haus, ein Glaspavillon und eine Filmfabrik für Amateure: Die Installationen sind monumental. Doch im Kanal – Centre Pompidou wirken sie fast schon klein, manchmal auch verloren. Denn das neue Museum für zeitgenössische Kunst in Brüssel bietet auf mehr als 38 000 Quadratmetern viel Platz. Die eigentliche Eröffnung ist zwar erst für Ende 2022 vorgesehen. Doch das Pariser Centre Pompidou will mit der Ausstellung "Kanal brut" jetzt schon einen Vorgeschmack darauf geben, was den Besucher in rund vier Jahren in dem Gebäude an einem Brüsseler Kanal erwarten wird. Das französische Wort "brut" bedeutet soviel wie "roh".

Man habe jetzt schon eine Dynamik in Gang setzen wollen, sagte Bernard Blistène, der Direktor des Museums im Centre Pompidou in Paris. Gleichzeitig gewähre man den Bürgern von Brüssel einen Einblick in eines der legendärsten Gebäude der Stadt. Damit sind die riesigen Citroën-Garagen gemeint, die der französische Autobauer erst vor wenigen Monaten geräumt hat, worauf auch der Titel der Ausstellung anspielt.

Citroën hat die Werkstätten mit Showrooms in den 30er-Jahren am Kanal erbauen lassen. Die Kosten des Umbaus in ein Museum werden auf mehr als 125 Millionen Euro beziffert und von der Region Brüssel getragen.

Gezeigt werden rund 300 Werke aus den Bereichen Kunst, Design und Architektur. Sie stehen teilweise neben den noch vorhandenen Hebekränen und Montageplatten. Das Werk "The Bridge" von John Chamberlain, eine Skulptur aus gepresstem Stahlblech ragt in einer ehemaligen Lackieranlage in die Höhe. Zwischen dem Erdgeschoss und dem ersten Stock schwebt über der Skulptur "Großer Geist Nr. 7" von Thomas Schütte die futuristische Wohnung aus Stoff, Papier und Metall "Pao II: A Dwellings for the Tokyo Nomad Women" von Toyo Ito

Kanal – Centre Pompidou ist nach Málaga in Südspanien die bislang zweite zeitlich befristete Zweigstelle des Pariser Museums außerhalb Frankreichs. Denn sowohl in Málaga als auch in Brüssel werden die Kunsteinrichtungen nur für eine bestimmte Dauer von Paris bespielt. Für das 2015 eröffnete Museum in Málaga hat man die zunächst auf fünf Jahre angelegte Partnerschaft erst vor wenigen Monaten aufgrund des Besuchererfolgs um weitere fünf Jahre verlängert. In der belgischen Metropole wurde der Vertrag mit der Region Brüssel zunächst auf zehn Jahre festgelegt.

Dafür, dass Paris das neue Museum in Brüssel mit seinen Werken bespielt und pro Jahr zwei Sonderausstellungen organisiert, bekommt es zwischen 2022 und 2027 jährlich 2 Millionen Euro. Etwas mehr als 1,2 Millionen koste die Werkschau "Kanal brut", wie Blistène der Deutschen Presse-Agentur erklärte.

Von Málaga erhält Paris für Expertise und Exponate jährlich etwa 1,5 Millionen Euro. Auch in Málaga ist das Pariser Museum in ein bereits existierendes Gebäude eingezogen, das von der Stadt für rund 5 Millionen Euro umgebaut wurde.

Im Kanal - Centre Pompidou sollen keine Gemälde von Picasso und Matisse hängen. Das neue Museum sei ein Laboratorium, erklärte Blistène. "Die heutige Kunst braucht immer mehr Platz. Man wird hier auch verstärkt Performances zeigen können", so der Kunsthistoriker. 

Es sei das erste Mal, dass die Region Brüssel ein solches monumentales Projekt organisiere, sagte Yves Goldstein, der Direktor der Stiftung Kanal, die mit der Umgestaltung der ehemaligen Citroën-Garagen in ein Museum beauftragt ist. Wie der Stiftungsleiter erklärte, solle ihnen dabei das Pariser Centre Pompidou helfen.