Es gibt Ex-Partner, Ex-Kanzler und mittlerweile auch Ex-Päpste. Aber gibt es auch Ex-Kunst? Die Kunstversicherer sagen Ja und bezeichnen Artefakte, die durch absichtslose und irreparable Beschädigung ihren Status als Kunstwerk verloren haben, als salvage art, zu Deutsch "Abwrackkunst". Pragmatische Gründe zwingen die Branche dazu: Einmal als Totalschaden deklarierte Kunst ist nach Auszahlung der Schadenersatzleistung offiziell wertlos. Sie wird aus der Kunstwelt in die Lager der Versicherungen verbannt – normalerweise.
Das von der Künstlerin Elka Krajewska gegründete Salvage Art Institute in New York archiviert diese Totalschäden der Kunst und stellt sie aus – so aktuell in der Ausstellung "No Longer Art" im privaten Münchner Kunstraum BNKR, die Krajewska mit dem Kurator Mark Wasiuta und unter Beteiligung der Axa Art Insurance Corporation entwickelt hat. Zurück im Ausstellungsraum, mischen ideelle und ästhetische Fragen das rechnerische Kalkül auf: Kann der Kunst durch eine Versicherung wirklich jeglicher Wert entzogen werden? Ist salvage art so etwas wie das Gegenstück zum Readymade, der Gutachterstempel das Pendant zur künstlerischen Signatur? Wie stark hängt unsere Wahrnehmung vom Markt ab? Haben wir es wirklich mit Totalschäden zu tun oder, im Gegenteil, mit vom Markt befreiten, wahrhaft autonomen Objekten?
Die subtile Kritik der Schau spiegelt sich in einer besonderen Präsentation: Nachgestellt wird eine Archivsituation inklusive Inventarnummern und Angaben zur Schadensart. Zerrissene Leinwände und zerkratzte Fotografien von Robert Rauschenberg, Jim Dine, Ed Ruscha, Wilhelm Sasnal oder Henri Cartier-Bresson sowie ein wunderschön zerbrochener "Balloon Dog" von Jeff Koons sind auf Transportrollern ausgestellt, die man bewegen darf. Eine mobile Galerie von Objekten mit ungeklärtem Status. Wenn das mal keine Kunst ist.