"So ein Ausmaß an Wut haben wir noch nicht erlebt", sagte Spector bei einer Podiumsdiskussion mit der Tate-Chefin Maria Balshaw, die im Rahmen der Frieze-Woche in London im Shoreditch House stattfand. Sicherheitsmitarbeiter und Kuratoren seien beschimpft und bedroht worden. Wochenlang wurde das Guggenheim für drei Kunstwerke kritisiert und angegriffen, die in der am Freitag eröffneten Ausstellung "Art and China After 1989: Theater of the World" gezeigt werden sollten. Neben der Tierschutzorganisation PETA übte eine von 790.000 Internetnutzern unterzeichnete Onlinepetition Druck auf das Guggenheim aus.
"Ein solcher Shitstorm bedeutet das Ende des Diskurses. Wir konnten dem Publikum zum Beispiel nicht mehr erklären, dass es sich um historische Werke handelt und dass dafür in der Ausstellung keine lebenden Tiere zum Einsatz kommen", sagte Nancy Spector bei dem vom BMW-Kulturengagement organisierten Talk. Anstoß nahmen die Tierschützer vor allem an der Videoinstallation "Dogs That Cannot Touch Each Other" (2003) von Peng Yu und Sun Yuan: eine Aufnahme von vier Hundepaaren, die auf gegenüberstehenden Laufbändern aufeinander zulaufen, sich aber nicht näherkommen. Das New Yorker Guggenheim entschied schließlich, diese Arbeit nicht zu zeigen.
"Wir mussten aus Sicherheitsgründen nachgeben, obwohl wir so unserer Rolle als Museum nicht gerecht werden konnten", sagte Nancy Spector. Die Verrohung des Diskurses sei aber auch ein spezielles US-Phänomen, das sie sich vergleichbar nicht in London vorstellen könne: "Wir haben zugelassen, dass es soweit kommen konnte." Sie hoffe nun auf eine jüngere Generation, die diese negative Entwicklung korrigiert und eine Gegenbewegung startet.
Spector arbeitet seit 1989 als Kuratorin am Guggenheim. Nach einem Jahr am Brooklyn Museum kehrte sie im Februar erneut zum Guggenheim zurück. Spector kuratierte zusammen mit Klaus Biesenbach und Hans Ulrich Orbist 1998 die erste Berlin Biennale.