Samson Young in Köln

Der Klang der Raketen

Der ausgebildete Komponist Samson Young verbindet ­Akustik, Recherche und Zeichenkunst wie kein anderer

Gibt es einen archaischeren Klang als den der Glocke? Manche sagen, sie sei in China erfunden worden. Aber wahrscheinlich haben viele verschiedene Kulturen unabhängig voneinander entdeckt, dass Bronze diesen satten, weit tragenden, an Obertönen reichen Sound produzieren kann, wenn man sie richtig gießt und anschlägt – das glaubt jedenfalls Samson Young.

Der 1979 in Hongkong geborene Künstler ist 2015 als Stipendiat der BMW Art Journey um die Welt gereist, um Glocken aufzuspüren. Nicht nur wegen ihres Klanges, sondern auch wegen der menschlichen Konflikte und historischen Ereignisse, die mit den Glocken verbunden sind. So fand er in Kenia Glocken, die vor Sklavenhändlern warnten, und in Polen eine Glocke, die während des Zweiten Weltkriegs aus der Dorfkirche gestohlen und erst kürzlich aus Deutschland restituiert wurde.

Bei solchen Recherchen nimmt der ausgebildete Komponist nicht nur Klänge auf und überführt sie in Soundarbeiten, er übersetzt sie auch in filigrane Zeichnungen. In seinen Installationen führt er Klang und Bild immer wieder auf überraschende Weise zusammen: In der Performance "Nocturne", die im Winter 2016 /17 in Youngs Einzelausstellung in der Kunsthalle Düsseldorf gezeigt wurde, sah man auf einem Bildschirm Explosionsbilder aus dem Nahen Osten. Doch den Klang dazu produzierte ein Akteur wie ein Filmvertoner aus Schlaginstrumenten, aber auch Gegenständen wie Cornflakes, einem Mixer oder raschelndem Backpapier.

Bei seiner Ausstellung zur DC Open in der Galerie Gisela Capitain beschäftigt sich Young mit dem Klang von Feuerwerk. "Das ist für mich eine natürliche Weiterführung meiner vorherigen Projekte zu Explosionen, Bomben und Glocken. Alle haben etwas gemeinsam: ein hohes Maß an klanglicher Dichte", erklärt Young. "Ich werde den Klang verschiedener Feuerwerke nach verschiedenen geografischen Zonen getrennt untersuchen und transkribieren."

Neben einem Hör-Raum mit Klangarbeiten wird es in der Ausstellung auch wieder Zeichnungen zu sehen geben, die den Klang ins Visuelle übertragen. "Dabei interessiere ich mich zwar auch für die politische Geschichte von Feuerwerk, aber dieser Subtext soll in der Ausstellung eher abstrakt bleiben", so Young. "Ich will mich auf die sinnlichen und wahrnehmungsmäßigen Eigenschaften dieser Klänge konzentrieren."