Pop-Kultur in Berlin
Wenn Pop und Kultur auf überraschend hohem Niveau zusammenkommen, dann nennt man es Pop-Kultur. In Berlin findet nun schon zum dritten Mal ein Musikfestival unter diesem Namen statt. Da das Festival vom Senat finanziert ist, kann es sich die Freiheit nehmen, wirklich interessante Acts zu zeigen und dazu noch Talks, Filme und Workshops anzubieten. Das Festival ist diesmal auf dem Gelände der Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg konzentriert, so dass die Besucher sich lange Wege sparen. Als wäre man eine Biennale, gibt es "Commissioned Works", also Auftragswerke von Künstlern. So haben Andreas Dorau, der Rapper Romano oder die Sängerin Fishbach neue Performances für das Festival konzipiert. Am 25. August, dem letzten Tag des Festivals, gibt es unter anderem Konzerte von Arab Strap, Boiband, Happy Meals oder Miss Natasha Enquist und DJ-Sets von Simone Butler und Acid Arab.
"Pop-Kultur", Gelände der Kulturbrauerei, Berlin, bis 25. August
"FaceTunes" in Bielefeld
Schauen wir der Tatsache ins Gesicht: Individualität ist seltener gefragt, wenn es um das menschliche Antlitz geht – obwohl permanent das Gegenteil behauptet wird. Eine Gruppenausstellung im Bielefelder Kunstverein beschäftigt sich mit der Frage, wie das "Face" zum "Surface" wurde, zur Oberfläche, die sich im Zeitalter digitaler Bildbearbeitung allmählich auflöst. Künstler wie Annette Kelm, Oliver Laric oder Paolo Cirio beschäftigen sich mit den aktuellen Bedingungen des Gesichts und seiner bildlichen Darstellung. Um porentiefen Realismus geht es in der zeitgenössischen Kunst weniger. In den Profilbildern, die man heute von sich ins Netz zu stellen pflegt, ja auch nicht.
"FaceTunes", Bielefelder Kunstverein, 26. August bis 5. November, Eröffnung: Freitag, 25. August, 19 Uhr
Kunstaktionen entlang der Bahnstrecke zwischen Jena und Naumburg
Ein Blick aus dem Zugfenster - und auf der Straße entlang der Bahnstrecke ist ein Korso von roten Autos zu sehen. Auf der Wiese rennen plötzlich Büsche auseinander. Ein Hochsitz bekommt Beine und hetzt einem Jäger hinterher. Ein Läufer liefert sich mit dem Zug ein Wettrennen. Szenen wie diese sollen am Wochenende (26./27.8.) Reisende zu sehen bekommen, die in ICEs zwischen Jena-Paradies und Naumburg fahren. Unter dem Motto "Bewegtes Land - Inszenierungen für vorbeifahrende Züge" will das Kunstfest Weimar das Saaletal in eine 30 Kilometer lange Bühne verwandeln. Insgesamt 50 Kunstaktionen entlang der Strecke sollen die Zuschauer begleiten. "Jeder Zug, der am Wochenende auf dieser Strecke fährt, wird welche zu sehen bekommen", versprach eine Sprecherin des Kunstfestes am Donnerstag. Etwa 200 Freiwillige hätten sich bislang für die Aktionen gemeldet. "Das Produktionsteam freut sich über weitere Interessierte." Inszeniert wird das Spiel mit Zeit und Tempo von dem Künstlerduo Datenstrudel alias Jörn Hintzer und Jakob Hüfner, die Professoren für experimentelle Television an der Bauhaus-Universität Weimar sind. Die Videokünstler planen "Bewegtes Land" bereits seit fünf Jahren und setzen es nun erstmals in Zusammenarbeit mit dem Kunstfest Weimar um. Das Festival für zeitgenössische Künste mit mehr als 100 Veranstaltungen läuft bis zum 3. September. (dpa)
"Bewegtes Land - Inszenierungen für vorbeifahrende Züge", 26. und 27. August, Bahnstrecke zwischen Jena-Paradies und Naumburg
Rosemarie Koczÿ in Recklinghausen
Die Kunsthalle Recklinghausen zeigt von diesem Sonntag an mehr als 100 Werke der aus Recklinghausen stammenden Holocaust-Überlebenden Rosemarie Koczÿ (1939-2007). Im Zentrum der Ausstellung stehen Tuschzeichnungen aus dem Zyklus "Ich webe Euch ein Leichentuch", mit dem die Künstlerin an die Opfer des Holocaust erinnert. Zu sehen sind auch Gemälde und Skulpturen. Koczÿ war als Tochter jüdischer Eltern 1942 deportiert worden. Sie überlebte zwei Konzentrationslager. 1959 ging sie in die Schweiz und studierte dekorative Kunst in Genf. Später zog sie in die USA, wo wie 1984 in zweiter Ehe den amerikanischen Komponisten Louis Pelosi heiratete. Seit Mitte der 1970er Jahre ging es in ihrer Kunst vor allem um die Aufarbeitung ihrer Kindheitserlebnisse und des Holocausts. "Bis zu ihrem Tod entstehen mehr als 12.000 Tuschzeichnungen, mit denen die Künstlerin der Opfer der Shoa gedenkt und die sie rückseitig mit stets demselben Text versieht: 'Ich webe Euch ein Leichentuch.'", berichtet die Kunsthalle. "Es ist eine Bestattung für all jene, die ich sterben sah in den Lagern 1942, 1943, 1944 und 1945 sowie im Lager für Verschleppte bis 1951", schrieb Koczÿ 1999. Sämtliche ausgestellten Arbeiten stammen aus einer geplanten Schenkung an die Stadt Recklinghausen. Sie umfasst rund 200 Werke und steht nach Angaben der Kunsthalle kurz bevor. Zur Eröffnung der Ausstellung am Sonntag wird auch Louis Pelosi (70) erwartet. (dpa)
Rosemarie Koczÿ, Kunsthalle Recklinghausen, 27. August bis 19. Novemeber, Eröffnung am Sonntag, 27. August, 11 Uhr