"Be the First to see the Latest", heißt es in diesem Jahr beim Mailänder Salone del Mobile, als Erster das Neueste sehen. Was, wenn man es ernst nimmt? Bei 2000 Ausstellern auf 200 000 Quadratmetern ein sportliches Unterfangen. Doch die unterschiedlichen Sektionen zu kennen heißt: die eigenen Pfade durchs Dickicht schlagen zu können.
Überblick vor Ort auf dem Gelände der Fiera Milano in Rho verspricht die App "Salone del Mobile". Die Mailänder Möbelmesse unterteilt sich in drei stilistische Sektionen: Neben der Hauptausstellung "Design" werden im Bereich "Classic: Tradition in the Future" zukunftsweisende Möbel und Einrichtungsaccessoires präsentiert, die auf besonderem handwerklichem Wissen basieren. In dieser Sektion ist der ohnehin hohe Anteil italienischer Aussteller an der Messe mit 93 Prozent am höchsten. Im Bereich "xLux" geht es um zeitlosen, auf zeitgenössische Art und Weise reformulierten Luxus.
Parallel dazu finden in diesem Jahr zwei Biennalen statt: die 29. Edition von "Euroluce" für alles, was Beleuchtung angeht, und mit "Workplace 3.0" bereits die 18. Ausgabe des praktischen Nachdenkens darüber, wie Büros, Banken, Postfilialen und öffentliche Räume aussehen könnten.
Passend zu den Biennale-Themen Licht und Arbeitsplatz werden zwei eher experimentelle Events präsentiert: Im Rahmen von "DeLightFuL", kuratiert von Ciarmoli Queda Studio, wird ein Fantasyfilm des Regisseurs Matteo Garrone zu den Themen Design, Licht, Zukunft und Leben gezeigt, während in der von der Architektin Cristiana Cutrona kuratierten Ausstellung "A Joyful Sense at Work" Installationen aus vier unterschiedlichen Regionen der (westlichen) Welt das Thema Arbeitsplatzdesign erkunden.
Im Rahmen von SaloneSatellite schließlich stellt sich der internationale Designer-Nachwuchs vor.
Doch mit dem Messerundgang ist die Mailänder Design Week noch lange nicht abgefrühstückt. Das zweite große Element, "Fuorisalone", versammelt die unzähligen Events, die zeitgleich hauptsächlich in den drei Mailänder Designdistrikten Brera, Tortona und Lambrate stattfinden. Die lustigste Veranstaltung ist wahrscheinlich die Design-Pride-Parade, die laut Eigenbezeichnung "demokratischste Party der Designwoche". Unterstützt von der Stadt Mailand, möchte sie Designer, Studenten, Universitäten und Firmen zusammenbringen und so die gute Seite der Globalisierung betonen: das Zusammentreffen von Kreativen aus verschiedenen Ländern mit jeweils eigenen Handwerkstraditionen. Die Prozession beginnt am Mittwoch, 5. April, um 18 Uhr an der Piazza Castello und endet um Mitternacht mit einer Party unter freiem Himmel (Piazza degli Affari).
Ruhiger geht es beim japanisch-italienischen Studio Nendo zu. Oki Sato ist bekannt dafür, den Leuten mit seinen Designs kleine Ausrufezeichen über den Kopf zu zaubern. In der Ausstellung "invisible outlines" im Mailänder Showroom des Modelabels Jil Sander zeigt das Team um Sato seine jüngsten Kollaborationen mit Unternehmen wie Alias, Cappellini und Sèvres (Via Luca Beltrami 5).
Eine Ost-West-Kooperation ist auch Stellar Works, eine Firma, deren japanischer Gründer zusammen mit dem französischen Traditions-Möbelbauer Laval vom chinesischen Shanghai aus die erste global operierende asiatische Designmarke betreibt. Die Möbel und Keramikgefäße, die in Zusammenarbeit mit europäischen und nordamerikanischen Designern entstanden sind, werden in einer abstrakten Hausstruktur aus Holz präsentiert (Officina 31, Via Tortona 31).
Der britische Möbeldesigner Lee Broom feiert mit einer Installation im leer stehenden Tresor des Mailänder Hauptbahnhofs sein zehnjähriges Firmenjubiläum. Auf einer Art Karussell wird Broom ausgewählte Objekte aus seinem Schaffen präsentieren, nebst einer auf zehn Stück limitierten Edition einer massiven Marmorstanduhr (Via Ferrante Aporti 15).
In der Galerie Massimo De Carlo präsentiert das belgische Duo Muller Van Severen "Fireworks", eine Kollektion von Paravents, eine Zusammenarbeit mit dem letzten belgischen Emaille-Hersteller (Via Giuseppe Colombo 81 a).
Das in Amsterdam beheimatete Studio Formafantasma der beiden jungen Italiener Andrea Trimarchi und Simone Farresin stellt neben Martino Gamper in der Ausstellung "Art and Design" seine neue Kollektion für Cedit – Ceramiche d’Italia vor (Foro Buonaparte 14). Nebenan im Florim-Flagshipstore werden die für den Designpreis des Unternehmens nominierten Entwürfe präsentiert. Die Preisträgerarbeit des "Cedit per Object" wird für die Sammlung des Mailänder Triennale Design Museums angekauft.
Norwegisches Design, das 2016 zu den Entdeckungen der Design Week gehörte, präsentiert sich erneut in einer Ausstellung. Kuratiert von der in Berlin lebenden Katrin Greiling, versammelt "Everything is Connected" 24 norwegische Talente wie die Setdesigner Kråkvik & D’Orazio und das Gestalterinnen-Team Stine Aas & Cecilia Zhang. Neben Produktpräsentationen sollen auch neue Kollaborationen entstehen – und Norwegen als nächste Designtrend-Schmiede verstetigt werden (Ventura Lambrate, Via Massimiano 25).
Und wenn gar nichts mehr geht? Schöne Cafés gibt es in Mailand zur Genüge, die Bar Terrazza Duomo 21 in der Galleria Vittorio Emanuele II aber lockt außer mit aufputschenden beziehungsweise kühlen Getränken mit dem Blick auf den Dom und einer vom Architekten Massimo Magaldi neu gestalteten Inneneinrichtung (Via Silvio Pellico 2).