"Es ist wichtig, den Blick darauf zu schärfen, dass es hier nicht um Partikularfragen geht, sondern ganz klar um die Frage: ein liberales, freizügiges Weltbild oder ein autoritäres Weltbild?", so Tillmans in der am Donnerstag erscheinenden Ausgabe von Monopol. "Wir haben es nicht mit einem so komplexen, vielschichtigen Ding zu tun, sondern mit dieser einen Sache: dass es wieder Leute gibt, die autoritäre Strukturen bevorzugen oder anderen oktroyieren", so Tillmans weiter.
Der 1968 in Remscheid geborene Fotograf und Künstler, der lange Jahre in London lebte, hatte sich im vergangenen Frühjahr mit einer Kampagne gegen den Ausstieg Großbritanniens aus der EU eingesetzt und sich auch nach der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten und dem Anschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt zu Wort gemeldet. Im Interview mit dem Kurator Chris Dercon spricht Tillmans jetzt erstmals ausführlich über das Verhältnis von Kunst und Politik. Der Allgemeinheitsanspruch, der in jeder politischen Äußerung eines Künstlers liege, sei zu hinterfragen, allerdings dürfe man sich aus Angst vor Kritik auch nicht den Mund verbieten lassen. "Jemand muss sich ja zuständig fühlen."
Tillmans, der im Februar eine große Überblickschau in der Tate Modern in London eröffnet, kündigt an, sich weiterhin gegen das Erstarken von autoritären Stimmen und die grassierende Anti-EU-Stimmung engagieren zu wollen. "Ich sehe mich und andere meiner Generation als Gewinner von unserer europäischen Jugend in den 80er- und 90er-Jahren. Und dies zu verteidigen ist tatsächlich eine Aufgabe, die sich nur jetzt stellt", erklärt Tillmans im Monopol-Interview.
Außerdem in Monopol 02/2017: Der Filmregisseur und Jury-Präsident der Berlinale Paul Verhoeven spricht über seinen neuen Film "Elle" und die Zusammenarbeit mit der Schauspielerin Isabelle Huppert. Und in einem großen Spezial debattieren Galeristen und Händler über die Zukunft des deutschen Kunstmarkts.