Protest in New York

Mit Sex und Humor durch die Trump-Jahre

Die US-Künstlerin Savannah Spirit hat aus Frust über die anstehende Trump-Präsidentschaft eine Gruppenschau in New York auf die Beine gestellt. Ein Interview über den Anspruch feministischer Kunst

Savannah Spirit, wie kam es zur Gruppenausstellung "Hands Off My Cuntry"?
Ich wurde zunehmend frustriert von der Fragerei, wie und warum Donald Trump zum nächsten Präsidenten werden konnte. Ich denke, man kann mit Sicherheit sagen, dass er nicht für diesen Job geeignet ist, und ich glaube nicht, dass er überhaupt Lust darauf hat. Es ist alles ziemlich surreal, im 21. Jahrhundert eine Person im höchsten Amt zu haben, die sich nicht um allgemeine Anstandsformen, Frauenrechte, Minderheiten und dergleichen kümmert. Indem wir Künstler zusammenbringen, können wir unsere gemeinsamen Gefühle ausdrücken und unserer Frustration Ausdruck verschaffen.

Geht es Ihnen mit der Schau auch um Provokation?
Ich möchte, dass die Menschen unvoreingenommen zur Ausstellung kommen. "Hands Off My Cuntry" zeigt eine satirische Sicht auf das, was gerade passiert. Somit ist es provokant gemeint und ruft wie jede große Kunst Gefühle wach. Ich möchte eigentlich, dass die Menschen lachen, wenn sie meine Show sehen. Das klingt merkwürdig, aber mit Humor ist es leichter, die Lächerlichkeit dieser Präsidentschaft zu sehen. Es ist aber auch eine erotische Show. Sex und Humor passen gut zusammen.

Der Instagram-Account von Undercurrent projects benutzt den Hashtag "#electionart". Würden Sie sagen, dass sich mit der US-Wahl eine neue Kunst ergeben hat?
Ich denke, man wird von nun an und die nächsten vier Jahre eine Menge politischer Kunst sehen. Zumindest hoffe ich das. Wir brauchen auch Protestsongs und Manifeste. Kunst stellt den Menschen in Frage. Der Job eines Künstlers ist auch, den Betrachter zum Nachdenken anzuregen, über das Leben, das Universum, und das zu sagen, was andere nicht sagen würden. Es ist schon seltsam, dass mein persönlicher Instagram-Account ohne Warnung gelöscht wurde, weil ich für diese Show warb. Ich wundere mich, ob das etwas mit dem Hashtag "#handsoffmycuntry" oder mit dem offenen Brief an Donald Trump zu tun hat. Ungeachtet dessen, schüchtern Kunst, Sex und besonders starke Frauen, die für sich selbst stehen, Menschen ein. Vielleicht ist das der Grund für die starke Zensur. Meine Arbeit wird dauerhaft auf Social-Media-Plattformen zensiert.

Trennen Sie denn Kunst von Pornografie?
Jemand, den ich kenne, ein sehr kluger Mann, sagte einmal: "Der Unterschied zwischen Erotik und Porno ist die Ausleuchtung." Ich stimme dem zu. Ich trenne Kunst von Pornografie, auch wenn ich nicht gegen Pornos bin. Es sei denn, sie zeigt Gewalt.

Was ist Ihnen bei Ihrer Kunst besonders wichtig?
Für mich ist meine Kunst Freiheit. Die Freiheit zu sein, wer man ist, ohne Entschuldigungen. Meine Arbeit handelt auch von Schönheit, denn es gibt zu viel Hässlichkeit in der Welt. Ich möchte nur schöne Dinge machen, um mich selbst daran zu erinnern, dass es sie da draußen gibt - ich muss sie nur finden. Aber vor allem möchte ich andere Menschen inspirieren, so zu sein, wie sie sind und ihre eigene Stimme zu finden.

Mit Sex-Darstellungen gewinnt man schnell Aufmerksamkeit, doch bleibt nicht die Gefahr der Oberflächlichkeit?
Absolut. Das ist der Grund, warum ich glaube, dass eine Ausstellung wie unsere wichtig ist. Zunächst nimmt es einen an der Oberfläche gefangen mit der Intention, etwas zu fühlen. Wenn man jedoch Ideen dahinter sieht, die wichtig für uns sind, wird es einen tiefergehenden Effekt haben.

Spielt deshalb feministische Kunst häufig mit Nacktheit und Sex?
Für mich ist es natürlich, einen feministische Einschlag in meiner Kunst zu haben, weil ich eine Frau bin. Ich möchte, dass sich Frauen gut fühlen in ihrem Körper, und so hoffe ich, dass ich mit meiner Kunst Frauen (und Männer) inspiriere, aus ihrer Komfortzone zu treten. Ich fing an, nackt für meine Selbstporträts zu posieren, sodass ich mich schließlich wohlfühlte in und mit meinem eigenen Körper. Es war ein schwieriger, aber auch freudebringender Prozess. Aber es ging nie darum anzugeben. Ich kann Kunst für niemanden machen, nur für mich selbst. Wenn Frauen feministische Kunst machen, dann sollen sie das tun. Mach, was auch immer sich gut anfühlt. Niemand wird dich beurteilen, solange es vom Herzen kommt.

Am 20. Januar, dem Tag der Amtseinführung von Trump, soll in New York ein Kunst-Streik stattfinden. Was halten Sie davon?
Ich finde das toll und ich bin so froh, dass die Kunstwelt ihren eigenen Standpunkt vertritt. "Hands Off My Cuntry" ist ein Protest gegen Trumps Präsidentschaft. Wir werden also am Tag der Amtseinführung geöffnet haben, sodass jeder vorbeikommen und die Show anstelle dessen sehen kann. Ich lade auch Leute ein, die an dem Protest in New York teilnehmen, um danach vorbeizukommen. Im Moment denke ich darüber nach, die letzten beiden Tage der Ausstellung als eine große Abschlussparty zu gestalten. Vielleicht das Ende unseres "Cuntry".