Auf der Terrasse lauern aus den Zeiten der schwarzen Pädagogik stammende Gehhilfen für Kinder, die riesigen Spinnen ähneln. Will man sie nutzen, muss man sich auf eine Art rollenden Käfig einlassen, der auf Schritt und Tritt mitreden will. Über Kopfhörer gibt Eva Kot'átková den Besuchern die Anweisung, sich die Ausstellung nach den Empfehlungen der sprechenden Prothesen zu erschließen. So entmündigend hat man sich die Partizipation dann doch nicht vorgestellt.
Ist man einmal ferngesteuert, nimmt man die Sprachtransfers von Ketty La Rocca widerstandslos hin. Die Italienerin, die beim TV-Sender RAI in den 1970ern eine Sendung für Gehörlose betreute, misstraute der herkömmlichen Kommunikation durch Laute und Buchstaben. Ein gesellschaftlich codiertes Korsett, das sie durch Handgesten ersetzte, etwa in der Fotoserie "Le mie parole e tu?" (Meine Worte und du?). Hände beiderlei Geschlechts liefern sich darin vor schwarzem Hintergrund eine bewegte Diskussion. La Rocca wirbelte die italienische Konzeptkunst mit Performances auf, in denen sie Vorlesungen hielt, die keinen Sinn ergaben. Ihre postdadaistischen Collagen hinterfragten stereotype Frauenbilder von Hochglanzmagazinen zwischen lasziver Verführerin und dienender Hausfrau. 1976 starb La Rocca mit nur 38 Jahren an einem Gehirntumor.
Ihre posthume Begegnung mit Eva Kot'átková trägt den poetischen Titel "Entwohnte Körper" und ist überaus anregend geraten. Auch die 1982 geborene Tschechin beschäftigt sich in ihren düsteren Installationen mit gesellschaftlichen Zwängen. In einer Arbeit hat sie direkt auf La Roccas Kommunikationskritik reagiert. Ihr Alphabet der "ungeformten Worte / verschluckten Objekte" präsentiert Buchstaben aus in schwarzer Ölfarbe eingetauchten Gegenständen. Was die auf weißem Bettlaken präsentierten Zeichen bedeuten, bleibt im Dunkeln: Was bei La Rocca authentische Gesten waren, sind eine Generation später Deformationen, die nur noch auf Leere verweisen.