Der Zweite Weltkrieg war zu Ende, die Welt teilte sich in zwei Blöcke, und das Epizentrum der künstlerischen Moderne verlagerte sich von Paris nach New York – das ist die Geschichte der Zeit nach 1945, die wir verinnerlicht haben. Die Ausstellung "Postwar: Kunst zwischen Pazifik und Atlantik" im Münchner Haus der Kunst will jetzt zeigen, dass die Sache komplexer ist. Die Moderne spielte eben nicht nur auf der Achse Europa–USA, sondern auch auf den anderen Kontinenten dieser Welt. Und wer keine globale Perspektive wählt, erfasst immer nur einen winzigen Ausschnitt dessen, was es über die Nachkriegsmoderne und ihre Kunst zu wissen gäbe.
"Postwar" ist Teil einer Ausstellungstrilogie, die mit Abstand das aufwendigste Ausstellungs- und Forschungsprojekt darstellt, das Okwui Enwezor sich am Haus der Kunst in Zusammenarbeit mit verschiedenen internationalen Institutionen vorgenommen hat – die weiteren Teile werden sich mit Postkolonialismus und Postkommunismus beschäftigen. Die Schau verfolgt anhand von 350 Werken von 218 Künstlern aus 65 Ländern die Spur der Moderne entlang der Küstenlinien der zwei großen Ozeane, durch Europa, Asien, den pazifischen Raum, Afrika, den Mittelmeerraum, Nord- und Südamerika, und versucht dabei die Wechselwirkungen zwischen Politik, Ideologie und Kunst und die gegenseitige Beeinflussung von Peripherie und Zentrum nachzuvollziehen. Die Macher sehen das Projekt in einer Reihe mit großen Überblicksausstellungen wie Kasper Königs "Westkunst" von 1981. Doch das Ziel ist ein anderes: eine Neubewertung, die die westzentrierte Perspektive endlich hinter sich lässt.