Am 8. März zerriss der britisch-kolumbianische Künstler Oscar Murillo während eines Fluges von London nach Sydney seinen britischen Pass und spülte die Schnipsel die Flugzeugtoilette herunter. Bei der Einreise wurde er festgehalten und saß darauf zwei Tage in Untersuchungshaft, während australische Grenzbehörden versuchten, seine Identität zu bestätigen. Schließlich entschieden sich die Behörden für die Abschiebung. Das bestätigte seine Galerie David Zwirmer in dieser Woche.
Demnach hatte Murillo noch seinen gültigen kolumbianischen Pass dabei. So erfolgte seine Reise über mehrere Stationen nach Bogota. Inzwischen befindet sich der Künstler wieder in London.
In einem Gespräch mit der französischen Journalistin und Kuratorin Judith Benhamou-Huet im März in Hongkong klagte er über die konservative Einstellungen der Sydney Biennale, zu der er eingeladen wurde. Es sei ihm bei der Passvernichtung, die er im Übrigen nicht dokumentiert habe, um ein dringliches Statement gegangen: "Ich wollte eine Blockade provozieren, eine Situation, in der ich kein Individuum mehr bin."
Auf der Website der Biennale heißt es, dass der Künstler neben einem Buch, das in der Ausstellung gezeigt wird, eine zweite Arbeit geplant habe, die auf Wunsch Murillos nicht realisiert worden sei. Der Künstler wolle die unfertige Arbeit als Dokument seiner verhinderten Einreise nach Australien verstanden wissen.
In einem Statement für die "New York Times" sagte Murillo in dieser Woche, dass er die Bedingungen herauszufordern wollte, unter denen er sich durch die Welt bewege. Er hätte erkunden wollen, was geschieht, wenn man nicht mehr identifizierbar ist. So sollte eine ähnlicher Neustart inszeniert werden wie 1997, als er mit seiner Familie aus Kolumbien auswanderte.
In den sozialen Netzwerken herrschte vor allem Unverständnis gegenüber dieser Aktion von Oscar Murillo, der unter anderem durch sensationelle Auktionsergebnisse für seine Malerei bekannt wurde. So schrieb der Maler Dave McDermott: "Reicher Künstler zerstört Pass. Zwölf unbezahlte Praktikanten müssen jetzt verzweifelt durch London rennen, um einen Ersatzpass zu besorgen. Ich hätte mehr Respekt für diesen Typen, wenn er sich einfach einen Lamborghini kaufen würde. Es gibt nichts Schlimmeres als eine sehr erfolgreiche und/oder vom Glück begünstigte Person, die so tut, als würde sie unterdrückt."