Eine private Wirtschaftshochschule, eine Privatsammlung, ein Spreedampfer für Touristen – das sind drei der zentralen Austragungsorte der kommenden Berlin Biennale, die am heutigen Mittwoch auf einer Pressekonferenz bekannt gegeben wurden. "Die 9. Berlin Biennale sieht sich nicht in der Position, 'verlassene' Räume zu besetzen, und dadurch möglicherweise Gegenden für private Käufer zu erschließen; ebenso ist die Berlin Biennale nicht in der Lage, wie ein neues Kultprodukt über die Stadt zu schwappen", erklärte das amerikanische Kuratorenteam DIS.
Die Entscheidung der Kuratoren Lauren Boyle, Solomon Chase, Marco Roso und David Toro markiert eine Kehrtwende. Seit ihrer ersten Ausgabe im Jahr 1998 erschloss die Berlin Biennale immer neue Räume für die Kunst (leer stehende Postämter oder Kaufhäuser aus der Vorkriegszeit, Brachen auf dem früheren Todestreifen, die ehemalige jüdische Mädchenschule, der Schinkel Pavillon des DDR-Architekten Richard Paulick) und befeuerte das Image von der Hauptstadt der nicht endenden Freiräume. Die Folgen – Gentrifizierung, Verdrängung – sind bekannt. Immer noch ist Berlin eine Stadt der Künstler, aber mit Ruinenromantik und Loftboheme wirbt heute, da alle Baulücken geschlossen sind, nur mehr das Stadtmarketing.
Die vorletzte, von Artur Żmijewski geleitete Biennale, stürmte gegen diese Entwicklung mit der Wut der Occupy-Bewegung an. Das Künstlerkollektiv DIS, das sich auch in seinen eigenen künstlerischen Interventionen immer wieder bei Werbeästhetik und Unternehmenskultur bedient hat, setzt dagegen auf eine Guerilla-Strategie der subtilen Nuancen. Ihre Biennale will "die Paradoxien greifbar machen, die die Welt im Jahr 2016 zunehmend prägen: das Virtuelle als das Wirkliche, Nationen als Marken, Menschen als Daten, Kultur als Kapital, Wellness als Politik, Glück als Bruttoinlandsprodukt und so weiter."
Die von ihnen ausgewählten Orte sollen diese Widersprüche spiegeln. Neben der Wirtschaftshochschule ESMT European School of Management and Technology, einem ehemaligen Telekommunikationsbunker, der künftig die Feuerle Collection beherbergen wird, und einem Fahrgastschiff namens "Blue-Star" werden auch die Kunst-Werke in der Auguststraße als Stammhaus der Biennale sowie die Akademie der Künste am Pariser Platz bespielt. Exemplarisch überlagern sich hier Kultur und Kommerz, Touristenzentrum und die Repräsentationsorte wirtschaftlicher und staatlicher Macht. Die Biennale steht mitten drin im neuen Berlin.