Wenn man erst einmal damit anfängt, scheint es gar nicht aufzuhören. Man kennt dieses Phänomen. Vor der Beschäftigung mit einem speziellen Thema oder einer Person – sei es eine vermeintlich neue Kunst, wie zum Beispiel die der sogenannten "Post-Internet-Generation" oder das (gar nicht so neue) Auftreten eines neuen (Nervensäge)-Politikers wie Ted Cruz – ist die Sensibilität dafür erst einmal gegen Null. Hat man aber begonnen, sich für etwas genauer zu interessieren, ist das Phänomen subjektiv gesehen überall.
Mir ging es so, mit dem großen Jubiläumsjahr des Museum Ludwig. Seitdem ich dies vorbereite, sehe ich überall nur noch Jubeljahre.
Neben dem Ludwig zählt vor allem die DADA-Bewegung zum großen Jubilar 2016. Wie relativ die zurückgelegten Zeitspannen sind, zeigt ein Vergleich von 100 Jahre DADA zu 50 Jahre "Modern Art Oxford", einer der ambitioniertesten englischen Ausstellungsinstitutionen außerhalb Londons. Oder etwa die Kestnergesellschaft in Hannover, die heuer (wie man so schön in Österreich sagt) 100 Jahre alt wird. Dagegen erscheint das Museum Ludwig, das jetzt 40 wird, geradezu jung. Natürlich ist es aber – wie immer im Leben – komplizierter. Denn die Wurzeln unserer vermeintlich juvenilen Kölner Institution liegen im frühen 19. Jahrhundert, da das Museum Ludwig aus der Sammlung des 20. Jahrhunderts des Wallraf-Richartz-Museum hervorgegangen ist.
Auf den Tag genau vor 40 Jahren, nämlich am 5. Februar 1976 unterschrieben die Eheleute Peter und Irene Ludwig und die Stadt Köln einen Schenkungsvertrag, mit dem das Museum Ludwig gegründet wurde. 350 Werke der modernen Kunst wurden von dem Sammlerpaar mit der Auflage gestiftet, ein Museum zu gründen, das ihren Namen trägt. Nicht weniger wichtig war schon die unmittelbar nach Ende des 2. Weltkriegs, im Jahr 1946, von Josef Haubrich an die Stadt Köln übergebene Kunstsammlung deutscher Expressionisten und anderen Vertretern der Klassischen Moderne, die im Krieg verfolgt wurden und als "entartet" galten. Neben Hauptwerken von Marc Chagall, Wilhelm Lehmbruck oder Paula Modersohn-Becker gehören ebenso Ernst Ludwig Kirchner und Emil Nolde zu den Eckpfeilern dieser Sammlung.
Uns war klar, dass die drei Kölner Ereignisse – 40-jähriger Geburtstag, 30 Jahre im Gebäude zwischen Dom und Rhein sowie 70 Jahre Sammlung Haubrich – unbedingt gebührend begangen werden muss. Was lag da näher, als in zwei unterschiedlichen Ausstellungen einmal die Klassische Moderne und ein anderes Mal die jungen zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstler ins Visier zu nehmen. Für ersteres ist Katia Baudin zuständig, die quasi als Abschiedsgeschenk, bevor sie als Direktorin an die Krefelder Museen (Kaiser Wilhelm Museum Haus Esters/Haus Lange) geht, dem Museum Ludwig eine große Ausstellung zu Fernard Léger beschert, die mal einen anderen Blick auf den so bekannten Künstler wirft. Es wird nicht nur der Maler vorgestellt, sondern auch der Bauzeichner Léger, der immer darauf erpicht war, für und mit Architekten zusammenzuarbeiten. Dass unser Wandgemälde Les Plongeurs (Die Taucher) von 1942 der Ausgangspunkt für diese Schau bildet, ist kein Zufall, hatten es doch Bild Peter und Irene Ludwig speziell für das neue Gebäude des Museum Ludwig erworben.
Und auch wenn wir in der zweiten Jahreshälfte mit insgesamt 25 zeitgenössischen Positionen für unsere Ausstellung "Wir nennen es Ludwig" zusammenarbeiten werden, steht das Gebäude, unsere Sammlung und Geschichte im Mittelpunkt des Geschehens. Hierzu jedoch mehr in meinem nächsten Blogeintrag.