"Greater New York" ist die bürokratische Bezeichnung für die Metropolregion rund um New York City. Die Kuratoren der gleichnamigen Ausstellung im MoMA PS1 in Queens haben sich aber zum ersten Mal entschieden, das "Greater" im Titel nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich zu fassen: Eine Auswahl gestandener Künstler, von denen einige bereits in den 70ern im PS1 zu sehen waren, ergänzt die vierte Ausgabe dieser alle fünf Jahre stattfindenden Überblicksschau. Aber statt nur eine historische Referenz zu schaffen, stellen die älteren Werke lebender und bereits verstorbener Legenden die Jungen eher in den Schatten.
Der Fokus von "Greater New York" liegt traditionell auf dem Nachwuchs. Da gehört Huma Bhabha, geboren 1962, schon zu den Etablierten, ihre meisterhafte PS1-Retrospektive 2012 festigte ihren Status als wichtige Stimme der Gegenwartskunst. Ihre kleine Plastik "Constantium" aus dem Jahr 2014 ist
ein willkommenes Gegengewicht in einem Raum figurativer Skulpturen, ihre karge Eleganz wirkt unter den lauten, bunten Formen von Jeffrey Gibson und Raúl De Nieves – Gibson schafft pseudofolkloristische, mit Glasperlen beklebte Miniskulpturen – aber wie fehl am Platz.
Der Großteil der Werke älterer Künstler stammt aus den 70er- und 80er-Jahren, als sie auch in ihren 20ern oder 30ern waren, wie die meisten der Ausgestellten. Aber ist das sinnvoll? Viele der Künstler arbeiten ja weiter: Charles Simonds, dessen wenig bekannte Videowerke von 1970 im Rahmenprogramm gezeigt werden, hat nicht aufgehört, in ungebranntem Ton Neues zu produzieren. Das Interesse der Jüngeren an handgearbeiteten Materialien hätte sich in seinen jüngsten Werken wohl eher wiedergefunden. So ist Simone Leighs "Faience", 2015, aus Terrakotta und Porzellan gefertigt, und die Impastobilder von Gina Beavers, die Donuts, Steaks und Körper zeigen, sind so dick mit Acrylfarbe aufgetragen, dass sie an Skulpturen erinnern.
Die Kuratoren wollten Verbindungspunkte und Spannungen hervorheben, balancieren zwischen dem Wunsch nach Neuem und der Nostalgie für das, was es ersetzt. Formal faszinierende Fotos von Alvin Baltrop, aufgenommen zwischen 1975 und 1986, beschwören das rebellisch-schöne New York der berüchtigten West Side Piers, wo Männer in der Sonne badeten und sich zum Sex trafen. An den Praktiken der Gegenwartsexponate gehen diese Dokumentarfotos aber vorbei. Viele der jüngeren Künstler, wie Liene Bosquê, Amy Brener, Ajay Kurian, Eric Mack, Hayley Silverman und Stewart Uoo, arbeiten mit Assemblagen und Objets trouvés.
Vielleicht hätte die Nostalgie für das alte Downtown bis in die 50er-Jahre verlängert werden müssen, als diese Ästhetik florierte. Wäre es weniger erwartbar gewesen, ein Rauschenberg-Combine auszustellen als die Gebäudezerstückelungen Gordon Matta-Clarks? Sollten junge Künstler sich tatsächlich nach den 70er- und 80er-Jahren sehnen, so ist es in den ausgestellten Arbeiten jedenfalls nicht zu erkennen. Nostalgie ergreift eher den Besucher: Er kann aus der Konfrontation der älteren mit den jüngeren Arbeiten nur schließen, dass Greater New York früher interessanter gewesen sein muss.