Wer wenig Platz hat, muss sich behelfen. Im Nationalmuseum von Monaco, einer Villa mit Meerblick, sind in der Fausto-Melotti-Ausstellung hinter den Skulpturen Spiegel aufgestellt. Und jeder weiß: Spiegel lassen Räume größer erscheinen. Melottis Arbeiten, Klassiker der mediterranen Moderne, waren am vergangenen Donnerstag die Kulisse, als Caroline von Monaco den Prix International d’Art Contemporain in der Villa Paloma (PIAC) verliehen hat. Den Preis gibt es seit 1965, er wurde zuerst jährlich vergeben und jetzt alle drei Jahre. Diesmal gab es erstmals einen Preis für Kunstkritik: The Contemporary Art Writing and Critical Thinking Award.
Das Eigenleben der Projektoren
In dem Stadtstaat mit seinen vielen Serpentinen gibt es gerade genug Platz für ein Formel-1-Rennen. Das reicht aber nicht für eine große Biennale. Und auch das Nationalmuseum hat nur eine kleine Ausstellungsfläche. Deshalb bekommt immer nur eine Arbeit den Preis, erklärt der künstlerische Leiter Lorenzo Fusi. Das ist in diesem Jahr Rosa Barbas Film "Subconscious Society. A Feature."
Es wäre natürlich am besten, wenn das Nationalmuseum von Monaco eine Arbeit von Rosa Barba ankauft. Aber: Ihre Arbeiten brauchen viel Platz. Denn Barba macht ihre Filme auf 35mm-Zelluloid, dem Material fürs große Kino. Und die Filmstreifen und Projektoren bekommen ein Eigenleben. Die Filmprojektoren stehend ratternd im Raum , als wäre es dem Film egal, ob jemand zuschaut oder nicht.
"Subconscious Society" ist da eher ein konventioneller Film. Genau genommen sind das zwei Filme, die jeweils vom Cornerhouse in Manchester und von der Turner Contemporary Gallery in Margate in Auftrag gegeben wurde. Barbas Idee war, dass man von Manchester nach Margate oder umgekehrt reist, um die beiden Filme zu sehen. Weil das aber die wenigsten gemacht haben, hat sie die Filme zusammengefügt - so ist ein Feature daraus geworden.
Die Einstellungen in dem Film sind lang, von Hand gefilmt und meist menschenleer. "Dreamland welcomes you" ist an der Fassade einer alten Lagerhalle zu lesen. Die verlassene Albert Hall in Manchester, Reste von Beobachtungsanlagen an der Küste von Kent geben die Kulisse her. Barba interessiert sich für die Spuren, die Menschen in der Landschaft hinterlassen. Der Film wurde auf 35mm-Fujifilm gedreht, aus der letzten Lieferung, bevor Fuji die Produktion eingestellt hat. Man weiß nie genau: Wird hier eine post-apokalyptische Zukunft gezeigt oder die Reste einer untergegangenen Kultur?
Kunstkritik und Spam
Eine besonders elaborierte Spam-Email vermutete Zian Chen, als ihn in Shanghai die Nachricht erreichte, dass er den Preis für Kunstkritik erhalten hat. Chen war für diesen Preis der einzige Nominierte, deshalb kam die Nachricht ziemlich unerwartet. Es gehe vor allem darum, junge Autoren zu prämieren, deren Arbeit noch in der Entwicklung ist, sagt Lorenzo Fusi. Chen ist 1986 geboren, und so ein unabgeschlossenes Projekt sind seine "Fictional Exhibitions." Er schreibt über Kunst, die es vielleicht gar nicht gibt. Zumindest legt das der Titel seiner Reihe nahe. In seinen Texten hat der chinesische Übersetzer von "The Picture of Dorian Gray" einen Auftritt, oder es geht um persische Manuskripte. Halb Kurzgeschichte und halb Theorie, man weiß nicht so genau, was man von Chens Essays halten soll. Die Jury hält viel davon und verleiht zum ersten Mal den Preis für Contemporary Art Writing.
Ein große Gala zur Preisverleihung findet erst im Oktober des kommenden Jahres statt. Bis dahin hat Rosa Barba Zeit, eine Arbeit anzufertigen, die im besten Fall auch vom Nationalmuseum gekauft wird. Zian Chen bekommt mit dem Preisgeld die Möglichkeit, sein Schreibprojekt weiter zu verfolgen.