Andrea Fraser in Salzburg

Skalpellschnitte

Im Salzburger Museum der Moderne verarztet Andrea Fraser die Eitelkeiten des Kunstsystems

Im Auditorium schon verabreicht die Nestbeschmutzerin dem Kunstpublikum eine erste Lektion. Für "Hello! Welcome to Tate Modern" hat Andrea Fraser Multimediamaterial der Londoner Institution zu einer absurden Kakofonie gemixt: aus Stimmen von Künstlern und Kuratoren, sich unmotiviert öffnenden Bildschirmfenstern und kunsthistorischen PR-Interpretationen. Es ist eine verbissene Maschinerie, der man reflexhaft misstraut.

Den Eindruck, man sei in eine Konfrontationstherapie geraten, löst die chronologisch aufgebaute Retrospektive im Salzburger Museum der Moderne mit erschreckender Realitätsnähe ein. Etwa wenn bei der Videoperformance "Inaugural Speech" (1997) so manche Pressekonferenz im Kunstkontext als Déjà-vu in den Kopf fährt. Diese zähen Anlässe, bei denen sich Vertreter von Sponsoren und Abgesandte aller möglichen Landes- und Bundeskulturförderer das Mikro reichen, während noch mehr eitles Personal aus der Machtpyramide ans Podium drängt.

Natürlich ist Fraser nicht frei von manchmal tragischen Widersprüchen. Ihr Hang zur Egoshow ist unter den genannten Selbstdarstellern zumindest konkurrenzfähig. Und von der Erscheinung her passt sie perfekt in die Branche, über die sie mal wie eine Drama-Queen lästert, um sie dann ironisch-parodistisch zu brechen. Trotzdem weiß Fraser genau, warum sie mit einem Sammler ins Bett steigt, Kippenbergers Publikumsbeschimpfungen imitiert oder in einer Arbeit eigene Psychositzungen zitiert. Die Attacken gegen das Kunstsystem, Rassismus oder Geschlechterrollen sind wie kurative Skalpellschnitte gesetzt, selbstreflexive Stolperfallen inklusive.

In der Videoinstallation "Soldadera" mimt Fraser die Kunsthändlerin Frances Flynn Paine, die den Maler Diego Rivera vertrat. Paine gab in den frühen 30ern der kunstsinnigen Rockefeller-Familie einen Rat, wie linke mexikanische Künstler zu disziplinieren seien – indem man sie ausstellt. Ein Malheur, das Fraser nicht unbekannt ist. Möge es ihr noch öfter widerfahren.