Sonderausstellung im Oldenburger Schloss
Weltberühmte Sehenswürdigkeiten zerfallen mosaikartig in Stücke und schwanken von einer Seite zur anderen. Thomas Kellner (*1966) beherrscht eine außergewöhnliche Kunst: Er bringt tonnenschwere Bauwerke zum Tanzen. Seit den späten 1990er Jahren reist er als Fotokünstler um die Welt und nimmt das Architekturerbe kaleidoskopisch, dynamisch und segmentierend ins Visier.
Kellner, der sich schon früh von der dokumentarischen Fotografie abwandte, schafft mithilfe von Kontaktbögen eine neue Bildsprache: Er zerlegt ikonische Bauwerke, indem er sie mit einer analogen Spiegelreflexkamera in einer Serie von Einzelbildern festhält und die Abzüge der Kontaktbögen anschließend zu einem zusammenhängenden Bild montiert. Besonders charakteristisch für diese Montagetechnik sind die horizontal verlaufenden schwarzen Streifen zwischen den einzelnen Bildreihen, welche die fortlaufende Nummerierung des Negativs abbilden. Der 35-mm-Film strukturiert das entstandene Werk, das sich aus bis zu 2.160 Einzelbildern zusammensetzen kann.
Schon lange vor dem Betätigen des Auslösers beginnt die künstlerische Arbeit von Thomas Kellner. In einem Skizzenbuch plant und skizziert er minutiös die Aufnahme seines Motivs. Wöhrend der kreative Prozess die Konstruktion beinhaltet, gleicht das Endprodukt eher einer Dekonstruktion und wird häufig dem modernen Kubismus zugeordnet.
Kellners dekonstruierte Ansichten spielen mit dem Sehprozess und lösen sich von der naturgetreuen Darstellung der Fotografie. Es ist die Faszination für das Bekannte im Unbekannten, die dazu einlädt, berühmte Bauwerke aus aller Welt, wie den Pariser Eiffelturm und das Kolosseum in Rom, neu zu entdecken: Stück für Stück wird ein Segment nach dem anderen wahrgenommen, betrachtet und zu einem großen Ganzen zusammengefügt.