Wie erst jetzt bekannt wurde, starb Pierre Levai bereits Ende Juni in Miami. Geboren wurde er 1937 in Paris, wo er Philosophie und Politikwissenschaften studierte. 1963 stieg er ins Geschäft der Marlborough Gallery ein, die von seinem Onkel Frank Lloyd in London gegründet wurde. Er übernahm die Geschäfte am neuen Standort in New York, der unter seiner Führung zu einem Zentrum der Malerei-Avantgarde wurde.
Die Marlborough Gallery zählte zu den bekanntesten Nachkriegsgalerien. Sie vertrat Künstler wie Lucian Freud und Francis Bacon und zeigte Ausstellungen von Größen der Moderne wie Picasso, Henri Matisse oder Max Beckmann. Auch Philipp Guston eröffnete 1970 dort seine legendäre Ausstellung, bei der er von abstrakten zu figürlichen Motiven mit Ku-Klux-Klan-Mützen wechselte. Berüchtigt ist die Galerie auch für einen Skandal um den Nachlass des Malers Mark Rothko. Dutzende Werke wurden von einem Verwalter zu Dumpingpreisen an die Marlborough Gallery verscherbelt. Rothkos Erben kämpften jahrzehntelang, um die Werke ihres Vaters zurückzubekommen. Die Galerie musste eine Millionenstrafe zahlen.
Inzwischen sind nach einem Machtkampf in der Familie jedoch alle Filialen des Kunsthandels geschlossen. Seit 2019 war Pierre Levais Sohn Max Präsident des Galeriennetzwerks gewesen und hatte die Marken Marlborough Fine Arts, Marlborough Gallery und Marlborough Contemporary vereint. Seit Mai diesen Jahres werden die Geschäfte abgewickelt. Laut der Galerie sollen die Werkbestände des Hauses verstreut werden. Es gebe eine "wohlüberlegten Verteilung des Inventars", sagte ein Sprecher vor einigen Monaten.