Tipps zur Messewoche

11 Dinge, die Sie in Basel nicht verpassen sollten

Bei der diesjährigen Art Basel bieten über 200 internationale Galerien ihre Werke an, und die Entdeckermesse Liste und andere Satellitenevents gibt es ja auch noch. Hier sagen wir Ihnen, wo sich das Hinschlendern und Stehenbleiben lohnt

Die Kunstmesse Art Basel ist schon vor der Publikumseröffnung am Donnerstag mit ersten Millionendeals gestartet. Zu den Spitzenverkäufen, die an den beiden VIP-Tagen getätigt wurden, gehört ein Gemälde der US-Künstlerin Joan Mitchell (1925-1992). Nach Angaben der Galerie David Zwirner wechselte das Sonnenblumen-Bild "Sunflowers" für 20 Millionen Dollar den Besitzer. An der weltweit wichtigsten Branchenmesse nehmen dieses Jahr über 200 Galerien aus Europa, Afrika, Nordamerika, Lateinamerika und Asien teil.

Innerhalb weniger Stunden verkündeten die ersten Galerien Verkäufe in Millionenhöhe. So konnte David Zwirner weitere Werke im siebenstelligen Bereich verkaufen. Arbeiten von Gerhard Richter und Josef Albers gingen für jeweils 6 Millionen und 1,6 Millionen Dollar weg, ein weiteres Bild von Mitchell für 1,3 Millionen Dollar.

Gute Verkäufe meldete auch Thaddaeus Ropac: Laut der Galerie mit Niederlassungen in London, Paris, Salzburg und Seoul wechselten in wenigen Stunden eine Arbeit von Robert Rauschenberg für 3,85 Millionen Dollar den Besitzer, sowie mehrere Werke von Georg Baselitz zwischen 1,2 und 2 Millionen Dollar.

Das Branchenevent ist vor einem etwas abgekühlten Kunstmarkt gestartet. Laut dem im März veröffentlichten Kunstmarktbericht "Art Basel and UBS Global Art Market Report" gingen die Kunstverkäufe im vergangenen Jahr um vier Prozent auf einen geschätzten Gesamtumsatz von 65 Milliarden US-Dollar zurück. Von dem Umsatzrückgang war demnach vor allem das Spitzensegment betroffen. Nach Meinung der Kulturökonomin Clare McAndrews, die die Marktanalyse für das Kunstmesseunternehmen Art Basel und die Schweizer Bank UBS erstellte, bleibe der Sektor jedoch widerstandsfähig. 

Bis einschließlich Sonntag (16. Juni) werden in Basel Werke von rund 4000 Künstlerinnen und Künstlern gezeigt. Hier haben Monopol-Chefredakteurin Elke Buhr und Redakteurin Silke Hohmann einige ihrer Highlights von der Messe und den anderen Kunstzielen in Basel zusammengetragen.


Alvaro Barrington bei Sadie Coles HQ, Massimo de Carlo, Thaddaeus Ropac /  Art-Basel-"Parcours"

Die Frau hinter der Theke grüßt freundlich. Man spaziert vorbei an Regalen voller interessanter Kosmetik und Haarpflegeprodukte für Schwarze Menschen, an Cremes, Kämmen und Spangen. Im Nebenraum bekommt gerade ein junger Mann einen Haarschnitt. In einem Afroshop an der Clarastraße in Basel hat der Künstler Alvaro Barrington seine Installation eingerichtet, ein Shop im Shop aus Blech, mit seinen farbenfrohen abstrakten Gemälden an den Wänden. Die Yams-Wurzeln, Gewürze und Kochbananen, die dort ausgestellt sind, kann und soll man wirklich kaufen. Zufrieden geht man weiter, die Zutaten für eine Pfeffersuppe in der Tasche. 

Alvaro Barrington "Tropical Zone", Art-Basel-"Parcours", Clarastrasse 30, Sadie Coles HQ, Massimo de Carlo, Thaddaeus Ropac

Installation von Alvaro Barrington, Parcours, Art Basel, 2024
Foto: Courtesy Art Basel

Installation von Alvaro Barrington, "Parcours", Art Basel, 2024

Louis Morlæ bei Rose Easton / Liste Art Fair

Louis Morlæ, 1992 in Melbourne geboren, hat 2023 seinen Abschluss am Royal College gemacht und eine überzeugende, eigenständige Formensprache. Seine skulpturalen Vehikel und Apparaturen aus dem 3D-Drucker deuten Funktionalität an, haben jedoch auch melancholische und gepeinigte Wesenszüge wie die Kreaturen aus den Bildern von Bosch und Bruegel. "Purgatorio" heißt die Ausstellung bei der Galerie Rose Easton auf der Liste – ein Zustand, in dem sich auch chronisch kranke Menschen befinden, zu denen Louis Morlæ zählt.

Louis Morlæ "Purgatorio", Galerie Rose Easton, Booth 4, Liste Art Fair, Basel


Ryan Gander bei der Lisson Gallery / Art-Basel-"Unlimited"

Ein Schreibtisch auf Büro-Teppichboden beschwört deprimierende Arbeitsatmosphäre herauf, doch das Aroma passt nicht: Der billige Standventilator weht animalischen Geruch herüber, und tatsächlich sitzt unter den Tisch gekauert ein Gorillaweibchen, animatronisch lebensecht. Sie bleckt die Zähne, grunzt, dreht den Kopf. Ehe man das richtig erfasst, schlägt der Hirnstamm Alarm und wirft den Fluchtmodus an, aber die Spiegelneuronen wollen noch ein bisschen reflektieren und von diesem freudianischen Gegenüber des Künstlers Ryan Gander ergriffen sein.

Ryan Gander "School of languages", Art Basel "Unlimited", Lisson Gallery


Cian Dayrit bei Nome / Art Basel 

Prachtvoll wirkt der gestickte Wandteppich von Cian Dayrit bei der Nome Galerie in der Statements-Sektion für junge Kunst auf der Art Basel. Doch das Thema ist ernst. Dayrit stammt von den Philippinen und beschäftigt sich in der Bilderzählung, die an den mittelalterlichen Teppich von Bayoux angelehnt ist, mit der Rolle des Militärs im autoritären Regime seiner Heimat. Den Hintergrund der Stickereien bilden mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz verschmolzene Abbildungen von Karten aus der Kolonializeit und historische Fotografien. Die Tiersymbole darauf verweisen auf verschiedene gesellschaftliche Machtkomplexe. Die koloniale Vergangenheit der Region bleibt die Basis, auf der sich Korruption und Ausbeutung bis heute fortsetzen.

Cian Dayrit, Galerie Nome, Art Basel, Sektion Statements, D15 


Irène Zurkinden bei Meredith Rosen / Art Basel

In der Features-Sektion der Art Basel geben kuratierte Einzelausstellungen einen Einblick in die Kunstgeschichte. Die US-amerikanische Galerie Meredith Rosen überrascht dort mit einer echten Baslerin. Irène Zurkinden, 1909 in Basel geboren und 1987 dort verstorben, verbrachte prägende Jahre in Paris, orientierte sich am Surrealismus und war eine Freundin Meret Oppenheims. Die Präsentation auf der Messe konzentriert sich auf ihre Fähigkeit als sensible Porträtistin, mit der sie über Jahrzehnte zur Chronistin die Basler Gesellschaft wurde. 

Irène Zurkinden, Galerie Meredith Rosen, Art Basel, Sektion Feature, Booth D15


Ian Waelder bei Diez / Liste Art Fair

Der Messestand aus Wellpappe der Galerie Diez aus Amsterdam zeigt an den hohen Außenwänden gerahmte Zeitungs-Titelseiten mit Flecken von Essensresten. Ian Waelder, 1993 in Madrid geboren, erzählt im labyrinthischen Inneren ausschnitthaft die Geschichte seiner Familie. Auf einer blassen Leinwand deutet er den Opel Olympia an, den sein Großvater 1939 verkaufte, um aus Deutschland zu fliehen. Ein an der Wand befestigter Schuhleisten verwächst mit einer Nase. Materialien und bescheidenen Farben verweisen aufs Erinnern und Archivieren, den historische Kontext bringt Ian Waelder mit großer formaler Intuition mit dem Persönlichen zusammen.

Ian Waelder, Galerie Diez, Amsterdam, Liste Basel, Booth 17


Maurizio Cattelan bei Gagosian / Art Basel

Maurizio Cattelan ist zurück, bei Gagosian. Statt Meteoriten auf Päpste zu werfen, schießt er jetzt auf Gold. Stahlpanele, die mit 24-Karat-Gold beschichtet sind und Einschusslöcher verschiedener Kaliber tragen, bieten alles, was ein erfolgreiches Kunstwerk braucht: Man kann sich darin spiegeln, es ist fotogen, hat eine sehr flexible criticality (Waffen! Reichtum! Kunstgeschichte!), und es sieht selbst für Laien wertvoll aus. Preis auf Anfrage nicht verraten.

Maurizio Cattelan, Gagosian, Art Basel, Halle 2.0, B15


Nina Canell & Robin Watkins / Art-Basel-"Parcours"
In einer unterirdischen Zufahrtsrampe hat Nina Canell ihr neu produziertes Video "Energy Budget" platziert, in dem eine Autokarosserie langsam auf die Kamera zugefahren wird, im zunächst kryptischen Kontrast mit Aufnahmen von Federn. Diese feudeln die Auto-Oberfläche schließlich wie in der Waschanlage ab, denn die Federn weiblicher Strauße werden höchst effizient als Staubfänger in Lackierstraßen eingesetzt. Poetisch und im besten Sinne ortsspezifisch.

Nina Canell "Energy Budget", Art-Basel-"Parcours", Congress Center, Einfahrt Clarahofweg


Basel Social Club

Im vergangenen Jahr war der von einigen jüngeren Galerien initiierte Basel Social Club in einer alten Fabrik der Stadt der Hit der Messewoche. Doch Wiederholung ist langweilig, finden die Macher. 2024 sind sie an den Stadtrand gezogen, und nun breiten sich über 100 Werke auf Feldern und Wiesen zwischen einem Bauernhof und einem Landgasthof aus. Es ist eine groß angelegte Ostereiersuche, bei der man lange läuft, wunderbare Regentrommeln von Margaret Raspé und sogar Videoprojektionen zwischen Bäumen findet. Dazu bewachen Eulen von Julia Scher eine Kreuzung, und hochkant gestellte Sofas von Markus Müller stehen wie Vogelscheuchen in der Gegend herum. Die Schaumskulptur von David Medalla wird ständig von Kindern attackiert, während sich im Hintergrund die Spanferkel dekorativ über dem Grill drehen. Schön ist es dort draußen, allerdings so schön, dass die Werke ein bisschen in den Hintergrund geraten. Gegen samtäugige Kühe und Pfauen als Performer kann die Kunst einfach nicht viel ausrichten. 

Basel Social Club, hinter dem Basler Stadtviertel Bruderholz , bis 16. Juni


Gruppenschau bei Sprüth Magers / Art Basel

"Money creates taste" steht auf der Marmorbank von Jenny Holzer am Stand der Galerie Sprüth Magers – ein bisschen Selbstironie wirkt doch immer erfrischend auf der teuersten Kunstmesse der Welt. Wobei man bei Sprüth Magers sicher sein kann, dass man sich im geschmackssicheren Bereich befindet. Wunderschöne neue Collagen von Kara Walker treffen hier auf Werke von John Baldessari und Rosemarie Trockel, die Bechers grüßen zu ihrem Schüler Andreas Gursky herüber, und Anne Imhof überrascht mit einer neuen Werkgruppe: ein Bronzerelief mit romantisch ineinander verschlungenen Körpern und springenden Delfinen – nur im Hintergrund stört ein Atompilz die Idylle. 

Sprüth Magers, Art Basel, Halle 2.0, B19


Sam Falls bei 303/Noero/Presenhuber / Art-Basel-"Unlimited"

50 Meter lang ist das Gemälde des US-Amerikaners Sam Falls auf der "Unlimited", das zweite monumentale Werk dort neben dem historischen Wandbild von Keith Haring. Wobei monumental nicht das richtige Wort ist für Falls‘ zarte Malerei, die mit der Natur verschmelzen will. Der Künstler hat das Bild im Laufe eines Jahres produziert, hat immer wieder Pflanzen auf die Leinwand gebracht, mit Farbe übersprüht, hat Wind und Regen an das Werk gelassen, um es dann wieder einzulagern und Wochen später weiter zu bearbeiten. Es ist das Abbild eines Jahres mit der Natur, und die ist eben unendlich. 

Sam Falls "Spring To Fall", Art Basel "Unlimited", 303 Gallery, Galleria Franco Noero, Galerie Eva Presenhuber