Wer hinter dem Campus leicht rechts schaut, blickt direkt auf das preisgekrönte Gebäude von zwei Berliner Architekten. Da aber nicht an jeder Ecke Braunschweigs prämierte Architektur zu vermuten ist, überrascht es vielleicht doch ein wenig: Das neue Studierendenhaus der Uni heimst derzeit eine Auszeichnung nach der nächsten ein. Bundesweit ließ es zuletzt Bauwerke aus München und Berlin hinter sich, jetzt hat sogar europäische Konkurrenz aus Madrid und Lund das Nachsehen.
Der mit 60 000 Euro dotierte EU-Preis für zeitgenössische Architektur ist in diesem Jahr für das Haus in der niedersächsischen Stadt - von den beiden Berliner Architekten Gustav Düsing (40) und Max Hacke (38). Das steht seit der offiziellen Bekanntgabe in Brüssel vom Donnerstagabend fest. "Es ist mehr als ein Gebäude, eher ein vielseitiges System, das technologische Fortschritte mit einem flexiblen und wiederverwendbaren Prinzip verbindet", heißt es zur Begründung von der Jury in Brüssel. Düsing und Hacke seien die jüngsten Gewinner des Mies-van-der-Rohe-Awards. Sie erhalten die Auszeichnung im Mai in Barcelona.
"Schön, dass das Augenmerk auch auf kleineren, lokalen Projekten liegt, die aber viel mit den Menschen und ihrer Umgebung zu tun haben", sagt Düsing zum Preisgewinn. Es sei ein gutes Zeichen für die Bauwende, anderes Bauen und den Versuch, den ökologischen Fußabdruck zu verringern. Sein Partner Hacke bezeichnet das Gebäude als "Wohnzimmer des Campus". Die Auszeichnung rücke die wichtige soziale Funktion des Campus in den Vordergrund, die seit der Corona-Zeit noch deutlicher sei.
Das zentral gelegene Studierendenhaus wurde Anfang 2023 eröffnet und soll das studentische Leben am Hauptcampus bereichern. Es liegt direkt am Ufer der Oker und soll mit der transparenten Architektur als Ort des Austausches zu konstruktiven Diskussionen einladen, die Glasfassade sorgt für viel Tageslicht. Beide Architekten legten nach Angaben der Uni viel Wert auf Schallabsorption, eine gute Akustik und eine warme Atmosphäre. Mit ihrem Entwurf hatten Düsing und Hacke einen Wettbewerb der TU-Architektur gewonnen.
Alles ist möglichst einfach gehalten
Die Stahl-Holzkonstruktion ist in zirkulärer, nachhaltiger Bauweise entstanden und erlaubt nach der Beschreibung der Uni eine einfache Montage und Demontage. Alle Bauteile können demnach auch nach Jahrzehnten wiederverwendet werden, da sie alle verschraubt und nicht geschweißt sind. Erst vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass das Haus 2024 auch die Auszeichnung des Deutschen Architekturmuseums (DAM) erhält, mit der jährlich herausragende Bauten in Deutschland gewürdigt werden. Die Baukosten gibt die Uni mit 5,2 Millionen Euro an.
Die Gruppe, für die das Haus in erster Linie gedacht ist, nimmt das Angebot längst dankbar an. Das wird beim Besuch an einem Vormittag deutlich. Nahezu voll besetzt sind die 160 Lernplätze. Einige Studierende sind für sich vertieft in den Uni-Stoff, in einer anderen Ecke diskutieren mehrere kleine Gruppen. Wer mehr Platz braucht, verschiebt einfach eine der Trennwände. Stühle und Hocker sind schnell für Präsentationen zusammengestellt. Alles ist dabei möglichst einfach gehalten.
Was das Gebäude ausmacht, zählen die Studierenden vor Ort ohne langes Nachdenken auf: "Für Arbeit in kleinen Gruppen ist es hier gut, es ist nicht ganz so leise wie in der Bibliothek", sagt die 18-jährige Elise Ehrentraut. Ihre Tischnachbarin Charlotte Jüttner zeigt sich begeistert vom vielen Tageslicht. Im Sommer könne man sogar draußen auf einem der Balkone arbeiten, sagt sie. Beide haben gerade erst ihr Chemie-Studium begonnen, sind sich aber schon sicher, dass sie öfter ins Studierendenhaus kommen werden.