Der Marlborough-Vorstand hat überraschend die Schließung der Galerie in New York, London, Madrid und Barcelona angekündigt. Ab Juni werde Marlborough keine Ausstellungen mehr zeigen oder Künstler und Nachlässe auf dem primären Kunstmarkt vertreten. Die über Jahrzehnte zusammengetragenen Bestände der Galerie werden in den kommenden Monaten "verstreut". "Nach langer und sorgfältiger Überlegung haben wir die Entscheidung getroffen, dass es nun an der Zeit ist, unser fast 80 Jahre altes Unternehmen in den Ruhestand zu schicken", sagte Franz Plutschow, Vorstandsmitglied und langjähriger Mitarbeiter der Galeriegründer.
Hintergrund der Schließung ist offenbar ein Machtkampf innerhalb der Familien des Galeristen Frank Lloyd, der Marlborough 1948 in London mitbegründet hatte. Pierre Levai, Lloyds Neffe, und Frank Lloyds Sohn Gilbert Lloyd sollen sich zerstritten haben. Gilbert Lloyd leitete bis zu seinem Ruhestand 2020 die Geschäfte des Londoner Stammhauses und stand wohl hinter der Entscheidung, die Galerie 2020 in New York zu schließen. Levai Sohn Max Levai sprach damals gegenüber Monopol von "Enteignung".
Die Marlborough Gallery zählt zu den bekanntesten Nachkriegsgalerien. Sie vertrat Künstler wie Lucian Freud und Francis Bacon und zeigte Ausstellungen von Größen der Moderne wie Picasso, Henri Matisse oder Max Beckmann. 1963 öffnete die erste Galerie-Filiale in New York und wurde zu einem Zentrum der US-amerikanischen Nachkriegsmoderne. 2019 wurde Max Levai Präsident der Galerienfamilie und vereinte die Marken Marlborough Fine Arts, Marlborough Gallery und Marlborough Contemporary.
"Wohlüberlegten Verteilung des Inventars"
Berüchtigt wurde die Galerie auch für einen Skandal um den Nachlass des Malers Mark Rothko. Dutzende Werke wurden von einem Verwalter zu Dumpingpreisen an die Marlborough Gallery verscherbelt. Rothkos Erben kämpften jahrzehntelang, um die Werke ihres Vaters zurückzubekommen, die Galerie musste eine Millionenstrafe zahlen.
Auf die Frage von "Artnet News", ob die Galerie nun die im Besitz befindlichen Werke privat, auf einer Auktion oder über einen anderen Weg verkaufen wird, antwortete die Galerie, dass sie einen Berater eingestellt hat, der sie durch den Prozess der "wohlüberlegten Verteilung des Inventars" führen wird. Ein Teil des Erlöses aus den Verkäufen werde an gemeinnützige Kultureinrichtungen gespendet, die zeitgenössische Künstler unterstützen. Der Wert der Bestände der Galerie wurde laut "Artnet News" in der Vergangenheit auf 250 Millionen Dollar geschätzt.