Marina Abramović in Amsterdam
Sie ist der Inbegriff der Performancekunst. Fünf Jahrzehnte lang hat Marina Abramović ihren Körper als Medium eingesetzt und physische wie psychische Grenzen ausgetestet. Mehr als 60 Schlüsselwerke zeichnen nun im Amsterdamer Stedelijk Museum die Entwicklung der Ausnahmekünstlerin nach. Neben Fotos, Videos und Skulpturen werden vier Liveperformances erstmals in den Niederlanden präsentiert, darunter "Art Must Be Beautiful, Artist Must Be Beautiful" von 1975 und "The House with the Ocean View" aus dem Jahr 2002. Dazu noch zwei Performances, an denen das Publikum aktiv teilnehmen kann.
"Marina Abramović", Stedelijk Museum Amsterdam, bis 14. Juli
Louisa Clement in Bonn
Ihre "Repräsentantinnen" haben Aufsehen erregt: Zehn Roboter-Doubles hat Louisa Clement 2021 herstellen lassen, die ihr optisch gleichen, über persönliche Daten der Künstlerin verfügen und befremdlich daherreden. Ihre Arbeiten an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft haben Clement den Bonner Kunstpreis 2023 eingebracht. Damit verbunden ist eine Ausstellung im Kunstmuseum Bonn, für die Clement ihre neue Arbeit weiterentwickelt hat: "Compression" ist eine nur zwei Zentimeter hohe Metallkapsel, in der eine synthetische DNA steckt, die aus den Datensätzen ihres bisherigen Gesamtwerks generiert wurde. Es geht um das Verhältnis von künstlicher Intelligenz und Mensch, um die Frage nach Wirkungen und Risiken neuer Technologien.
"Bonner Kunstpreis: Louisa Clement", Kunstmuseum Bonn, bis 16. Juni
Elizabeth Catlett in Frankfurt am Main
Die Porträts von Elizabeth Catlett (1915–2012) füllen eine ikonografische Lücke. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts tauchten die afroamerikanische Bevölkerung und ihre Erfahrungen in der Kunst nicht auf. Catlett gab diesen Bildwelten in Kleinskulpturen und Lithografien, Holz- und Linoldrucken einen Raum. In einer ersten Werkschau der US-amerikanisch-mexikanischen Künstlerin präsentiert das Frankfurter Museum für moderne Kunst nun eine Auswahl der durch Klarheit und Präzision überzeugenden Arbeiten, die etwa Heldinnen wie Sojourner Truth, Harriet Tubman oder Phillis Wheatley zeigen.
"Elizabeth Catlett", TOWER MMK, Frankfurt am Main, bis 16. Juni
FKK in Hannover
"Unter Nackten" heißt eine Ausstellung in Hannover, die von diesem Sonntag an die Geschichte der Freikörperkultur (FKK) von der Kaiserzeit bis in die 1970-er Jahre nachzeichnet. Die Nacktkultur, wie sie zu Anfang im Kaiserreich genannt wurde, war Teil der sogenannten Lebensreformbewegung. Die Anhängerinnen und Anhänger wollten den verschmutzten Großstädten entfliehen. "Die gestressten städtischen Körper sollten durch Licht, Luft und Sonne gesunden", sagte Kuratorin Cornelia Regin am Donnerstag im Museum Schloss Herrenhausen. Damals war man beim sogenannten Luftbaden aber nicht komplett nackt, die Männer trugen Badehosen, die Frauen dünne "Lichtkleider". Im Alltag waren für Frauen langärmlige, hochgeschlossene Kleider mit Korsett darunter üblich.
Die bis zum 1. September laufende Schau basiert auf einer einzigartigen FKK-Sammlung, die seit 2011 im Niedersächsischen Institut für Sportgeschichte (NISH) in Hannover aufbewahrt wird. Neben zahlreichen Fotografien, Schriften und Plakaten sind auch historische Filme und Tondokumente zu sehen. Zudem haben die Ausstellungsmacher eine sogenannte Lufthütte nachbauen lassen: In Sanatorien wurde in diesen kleinen Holzhäusern möglichst unbekleidet Luft und Licht getankt. Der Architekt Albin Müller zum Beispiel entwarf für das im Jahr 1900 gegründete Sanatorium Dr. Barner in Braunlage im Harz eine solche Lufthütte.
Die Ausstellung streift auch die Situation der FKK-Vereine während des Nationalsozialismus und die unterschiedliche Entwicklung der Bewegung nach der Teilung Deutschlands in der BRD beziehungsweise DDR. Aus der heutigen Zeit sind Fotografien von Julia Gaes zu sehen, die 2014 bis 2019 eine Nacktwandergruppe mit der Kamera begleitete.
"Deutschland hat eine reiche kulturelle und historische Tradition in Bezug auf Nacktheit und Naturismus", sagte Alfred Sigloch, Vorsitzender des Deutschen Verbands für Freikörperkultur (DFK) der dpa. Während der Corona-Zeit hätten viele FKK-Vereine Zulauf gehabt. Die Mitgliederzahl im Bundesverband sei von 30 000 vor fünf Jahren auf zwischenzeitlich fast 34 000 angewachsen. "Dies lässt sich unter anderem darauf zurückführen, dass die Pandemie viele Menschen dazu ermutigt hat, alternative und gesunde Freizeitaktivitäten im Freien zu suchen", sagte Sigloch.
Das Museum Schloss Herrenhausen in der wieder aufgebauten Sommerresidenz der Welfen präsentiert neben der Sonderausstellung "Unter Nackten" in seiner Dauerausstellung barocke Schätze und berühmte Persönlichkeiten aus Hannovers Geschichte. Die Eintrittskarte schließt den Besuch des Großen Gartens und des Berggartens ein. (dpa)
"Unter Nackten", Museum Schloss Herrenhausen, Hannover, bis 1. September, Eröffnung: Samstag, 6. April, ab 18 Uhr in der Galerie Herrenhausen
Esther Mahlangu in Kapstadt
Ein kleines Haus mit Strohdach, bemalt mit leuchtend bunten Mustern, die von kaskadenartigen weißen Linien kontrastiert werden: Das im Jahr 2023 entstandene Miniaturmodell, das gerade in der Iziko South African National Gallery in Kapstadt zu sehen ist, markiert gleich zwei wichtige Wendepunkte im Leben Esther Mahlangus. Aufgewachsen in der südafrikanischen Provinz Mpumalanga, lernte sie als Kind von ihrer Mutter und Großmutter die über Generationen weitergegebene Kunst der Ndebele-Malerei. Mit einer Hühnerfeder bewaffnet, übte sie heimlich die bunten geometrischen Motive, mit denen die Frauen traditionell die Fassaden ihrer Häuser bemalen. Als die Zehnjährige schließlich von den Älteren eingeladen wurde, mit ihnen gemeinsam an der Vorderseite des Hauses zu arbeiten, wurde ihr klar, dass sie Talent hatte.
1989 schuf Mahlangu für die Pariser Gruppenausstellung "Magiciens de la terre" eine Rekonstruktion dieses Hauses. Die Schau war ihr internationaler Durchbruch. Seither ist die 1935 geborene Künstlerin zu einer lebenden Legende geworden: Auf dem Auktionsmarkt erzielen ihre Arbeiten sechsstellige Summen, jüngst wurde sie von dem Brasilianer Adriano Pedrosa für die Hauptausstellung der 60. Venedig-Biennale ausgewählt. Museen und Stars von Oprah Winfrey bis Swizz Beatz reißen sich um ihre Werke. Und das nicht zuletzt, weil die Künstlerin früh die Wichtigkeit erkannte, die typischen Ndebele-Motive auf moderne und ungewöhnliche Medien zu übertragen, um sie einem globalen Publikum zugänglich zu machen.
So sieht man in der von Nontobeko Ntombela kuratierten Ausstellung nicht nur Leinwandarbeiten jeglicher Größenordnung, sondern auch allerhand bunt bemalte Gebrauchsgegenstände: Stöckelschuhe und Schaufensterpuppen, Tabletts und Sneaker, Skateboards und Weltkriegshelme. Und mittendrin das BMW 525i Art Car, das Mahlangu 1991 als erste Frau und erste afrikanische Künstlerin mit ihren unverwechselbaren Motiven gestaltet hat – und das für die Ausstellung nun zum ersten Mal seit über 30 Jahren seinen Weg zurück nach Südafrika fand.
"Esther Mahlangu: Then I knew I was good at painting“, Iziko South African National Gallery, Kapstadt, bis 11. August
Roni Horn in Köln
"Gebt mir Freiheit oder gebt mir den Tod!", rief US-Gründervater Patrick Henry im 18. Jahrhundert. Bei Roni Horn wird aus der "Freiheit" das "Paradox". Widersprüche und Paradoxa sind zentrale Themen der US-Künstlerin, deren Werk auf dem Konzept fluider Identität beruht. Horn, die 1955 in New York geboren wurde, macht das in ihrer häufigen Verwendung von Dopplungen und Paaren deutlich. In ihrer umfangreichen Werkschau im Kölner Museum Ludwig sind berühmte Fotoarbeiten zu sehen, Werke aus Blattgold oder Gussglas sowie bislang nie ausgestellte Zeichnungen aus den späten 1970er-Jahren.
"Roni Horn: Give Me Paradox or Give Me Death", Museum Ludwig, Köln, bis 11. August
Vera Molnár in Paris
Der Computer war bereits seit 1968 ihr Werkzeug. Mitte der 1970er-Jahre entwickelte die Ungarin Vera Molnár das Programm MoIn-Art, 1979 nahm sie an der Ars Electronica teil. Jetzt wird das Lebenswerk der im Dezember verstorbenen Pionierin der generativen Kunst gewürdigt, im Centre Pompidou in Paris, ihrem Lebensmittelpunkt seit Ende der 1940er-Jahre. Gezeigt werden in der Retrospektive geometrisch-abstrakte Gemälde, Papierarbeiten, Skulpturen, Fotografien und Molnárs persönliche Tagebücher.
"Vera Molnár: Speak to the Eye", Centre Pompidou, Paris, bis 26. August
Bernhard Hoetger in Worpswede
Der Bildhauer und Architekt Bernhard Hoetger (1874 - 1949) wäre im Mai 150 Jahre alt geworden - zu dessen Geburtstag würdigen die Worpsweder Museen den umstrittenen Künstler mit einer Jubiläumsausstellung. "Hoetger ist als Person weder erforscht noch besonders bekannt", sagt Matthias Jäger, Geschäftsführer des Worpsweder Museumsverbundes. "Dabei gehört er genauso zu Worpswede wie Paula Modersohn-Becker und Heinrich Vogeler."
Unter dem Titel "Bernhard Hoetger. Zwischen den Welten" nähern sich drei Museen im Künstlerdorf bis zum 3. November seinem Leben und seinen Werken an. Der Barkenhoff beleuchtet die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Künstler Bernhard Hoetger und Heinrich Vogeler, die Große Kunstschau setzt sich mit den Licht- und Schattenseiten seines Schaffens auseinander und begegnet Hoetger aus heutiger Perspektive. Die Worpsweder Kunsthalle widmet sich wiederum seiner Malerei.
Auch ein neuer Spielfilm "Bernhard Hoetger - Aufstieg und Fall eines Künstlers" dokumentiert das Leben des Handwerkersohns aus der Nähe von Dortmund, der sich Anfang des 20. Jahrhunderts einen ersten Namen als Bildhauer in Paris macht, das Künstlerdorf Worpswede prägt und wegen seiner Andienung an die Nationalsozialisten heute umstritten ist. Der Film von Gabriele Rose ist ab Juni im Kino zu sehen.
Die Präsentation Hoetgers fügt sich in eine Serie von Ausstellungen und Filmen, die sich um 150-jährige Jubiläen Worpsweder Persönlichkeiten gruppieren - schon vor zwei Jahren stand Heinrich Vogeler (1872 - 1942) im Fokus und ab dem kommenden Jahr soll Paula Modersohn-Becker (1876-1907) gewürdigt werden. (dpa)
"Bernhard Hoetger. Zwischen den Welten", Worpsweder Museen, bis 3. November