Ich habe zwei Monate lang vegane Produkte getestet. An dieser Stelle möchte ich keine wertvolle Lebenszeit verlieren oder wertvollen Platz im Internet verschwenden und gleich zu den Ergebnissen der Stiftung-Mohamed-Test kommen. Um bloß nicht in die Falle der Schleichwerbung zu tappen – werde ich die Testergebnisse hier nach Produktgruppen auflisten. Damit ich mich an ein aussagekräftiges Fazit annähern kann, habe ich drei Beratende einbezogen: Einen Vegetarier, eine Alles-Esserin und meine Mutter. Yalla!
Milchalternativen
Ich sage es mal, wie es ist: An die Kuhmilch (einige Baristas nennen sie auch "normale Milch") kommt für mich keine Alternative bisher heran. Es tut mir leid. Ich weiß wie kontrovers diese Zeilen sein können, weil es hier um Glaubenssätze geht. Aber ich bin Kakao-Sommelier und habe wirklich alles probiert: Hafermilch geht gar nicht, Soja mag ich nicht und ist wegen der Rodung von Wäldern meist nicht so nachhaltig, die Milch aus Erbsenprotein war einfach nur wässrig mit suspekten weißen Flocken drin, Mandelmilch ist an sich ganz lecker aber bringt einen zu starken Eigengeschmack mit. In meinem Kakao hat die nichts zu suchen.
Ich habe aber mit der Mandelmilch gebacken, das hat dann wunderbar geklappt. Der Mandelkuchen schmeckte mandeliger. Für Kaffeetrinker soll die von mir so verachtete Hafermilch gut funktionieren. Da scheiden sich aber die Geister. Ich kann das nicht einschätzen und sage da nur Prost. Testergebnis: mangelhaft.
Joghurt ohne Muuuuh
Der Joghurt ohne jegliche tierische Milch hat mich dagegen überzeugt. Einfach darauf achten, dass genug Frucht drin steckt, dann schmeckt der garantiert. Am liebsten ist mir der Joghurt auf Kokosbasis, die entsprechende Nussnote funktioniert für mich einfach in allen Geschmacksrichtungen, und die Cremigkeit ist auch überzeugend. Ich hatte aber bei der Soja-Version mit Mango zwei identische Becher von derselben Marke gekauft und die schmeckten einfach komplett verschieden. Meine Mutter fand beide "okay", mehr "sehr gut" geht nicht in diesem Test.
Mit Pflanzen verfeinert?
Für schnelle Saucen oder Aufläufe nutze ich gern Crème fraîche – die vegane Alternative dazu hat auf ganzer Linie versagt. Egal, wie ich die Sauce zubereitet habe, die vegane Creme flockte oder blieb hartnäckig als Klumpen vereint. Eine Marke war mit Kräutern veredelt. Hätte ich gewusst, dass diese "Kräuter" billig nach Pseudo-Italien schmecken, hätte ich auch auf diese Variante verzichtet. In diese Kategorie passt auch der von mir getestete Frischkäse, der war leider von der Konsistenz ebenfalls zu hart, einfach zu dicht, schmeckte mehr nach Industriefetten als nach Frische. Ich habe den veganen Frischkäse dann mit etwas Olivenöl, frischen Kräutern, Salz und Pfeffer aufgepimpt. So war er als Dip mit Gemüsestreifen doch noch essbar. Allgemein fällt das Testergebnis aber vernichtend aus: durchgefallen.
Alles in Butter
Ich bin sowieso eher Team Margarine, da muss man ein bisschen auf die Zusammensetzung achten, weil einige Margarinen wirklich nur billiges Fett sind. Relativ neu sind Butter-Ersatzprodukte, sie kommen geschmacklich dem Original erstaunlich nah. Meine Mutter hat noch nicht mal geahnt, dass die Butter auf dem Frühstückstisch nur "Butter" ist. Das ist super, weil Butter eins der Lebensmittel mit der schlimmsten CO2-Bilanz ist. Auch geschmolzen verhielt sich der Ersatz vorbildlich. Testergebnis: Daumen hoch!
Kein Käse
Wenn ich ein Lebensmittel erstmal aus meinem Einkaufskorb verbannen werde, sind es vegane Käsealternativen: Einfach nur Nein. Bei dem einen "Käse" passte zum Mundgefühl das Wort Plastik sehr gut. Der andere schmeckte nach feuchtem Keller. Eine dritte Variante schlicht neutral. Der pflanzliche "Reibekäse" ist auf dem mit veganer Crème fraîche sowieso verkorksten Auflauf nicht geschmolzen Auch meine Berater waren nicht überzeugt. Deswegen lautet hier das Ergebnis: Eine Zumutung.
Fischers Fritz fischt falsche Fische
Hier habe ich einen Fake-Lachs in der Geschmacksrichtung geräuchert probiert. Was soll ich sagen: Wenn man einen klumpen Moleküle mit Lebensmittelfarbe (Couleur "findet Nemo") und synthetischem Räuchergeschmack mag, dann sollte man ruhig zugreifen. Für mich war das nichts. Da hat sich die Lebensmitteltechnik wirklich in einem riesigen Ozean verirrt. Leicht ranzig war der Inhalt der Packung auch noch dazu.
Vegane Wurst
Hier wird es tricky. Die Alles-Esserin mochte den veganen Aufschnitt gar nicht, vielleicht weil sie an den authentischen Geschmack von Salami und Wurst gewöhnt ist. Meine Mutter fand einige Marken okay, eine sogar lecker. Die roch verdächtig nach Wurstabteilung im Supermarkt. Ich wollte gar nicht wissen, was da drin ist (hab dann doch geguckt, die Zutatenliste war sehr lang und klang nach Laborküche). Der Vegetarier hat geduldig gekaut. Es war für ihn kein Fest, aber irgendwie essbar. Begeisterung klingt anders. Uns alle hat etwas irritiert, dass diese veganen Alternativen unbedingt auf tierische Wurst machen wollen. Testergebnis: ein verwirrtes durchwachsen.
Fleischersatz
Eigentlich müsste ich einen eigenen Text über diese Kategorie schreiben. Auch weil es mittlerweile so viele Produkte gibt. Das Regal mit Fake-Hähnchenbrust und veganem Hack ist in einigen Supermärkten fast genauso groß wie das Angebot an Tierleid. Ich sage mal so: die Produkte, die versuchen, Fleisch am Stück zu imitieren, treffen es manchmal schon ganz gut, oft ist es aber die salzige Panade, die dem "Fleisch" den guten Geschmack verleiht.
Beim Hack habe ich bis auf eine Marke beim Bruzzeln in der Pfanne gedacht: Muss ich die Kinderknete jetzt wirklich essen? Das Hauptproblem bei vielen Hackalternativen ist nach wie vor die Konsistenz. Eine Bolognese mit dem Produkt eines großen Herstellers musste ich schweren Herzens in den Müll befördern. Testergebnis: manchmal gut, manchmal nicht genießbar. Und bevor mir jetzt alle in die Postfächer sliden: Diese Marke mit der Mühle fand ich am schlimmsten. Außerdem lässt ein Blick auf die Zutatenlisten bei Fleischersatzprodukten einen erschaudern: Stabilisatoren, Stabilisatoren und noch mehr Stabilisatoren.
Fazit
Alle Beteiligten an diesem maximal subjektiven Testverfahren sind sich einig: vegane Alternativen zu tierischen Klassikern sind okay, manchmal lecker, in einigen Fällen eine Vollkatastrophe, aber vor allem muss man sie sich erstmal leisten können. Meine Güte, hat mich dieser zweimonatige Test ein Vermögen gekostet.
Ein Rezept für günstiges veganes Vergnügen
Eine ausgewogene, vegane Ernährung ist aber nicht nur was für reiche Leute. Das leckerste und günstigste vegane Essen bietet immer noch die Natur: Hülsenfrüchte und Nüsse, pflanzliche Öle, gut gewürztes Gemüse, selbstgemachte Brotaufstriche.
Beim Kochen und Backen für diese Kolumne versuche ich oft, vegane Rezepte auszuprobieren, die ohne Stabilisatoren stabil sind. So zum Beispiel diese selbstgemachte Nuss-Kokos-Schoko-Creme: In einen Mixer folgende Zutaten geben: 100g geröstete und geschälte Haselnüsse (fertige Haselnusspaste aus dem Laden geht auch), vier große entsteinte Datteln, sechs Esslöffel Kokosmilch, ein Teelöffel Sesammus (Tahini), vier Esslöffel Kakaopulver. Alles gut mixen bis eine Creme entsteht. In einem sterilisierten Glas mit Verschluss ist die Creme mehrere Wochen haltbar. Einfach nicht mit dem Finger rein oder den Löffel zwischendurch ablecken, egal wie lecker dieser stabile Aufstrich ist.