Klara Hosnedlová in Basel
Aus Gefühlen werden Dinge. Die 1990 in Tschechien geborene Klára Hosnedlová sucht historische Spuren in zeitgenössischem Design und Architektur. In ihren Skulpturen aus gegossenem Glas und ihren Stickereien erforscht die Künstlerin das Erbe der sozialistischen Moderne. Die Stickereien basieren auf Fotodokumentationen von Performances. In der Kunsthalle Basel ist Hosnedlovás Werk, das oftmals an Science-Fiction erinnert, in ihrer ersten Schweizer Soloschau zu sehen.
Klara Hosnedlová "Growth", Kunsthalle Basel, bis 20. Mai
Tania Bruguera in Berlin
Eine umfassende Analyse totalitärer Strukturen der Publizistin Hannah Arendt (1906-1975) ist Grundlage der Performance "Where Your Ideas Become Civic Actions (100 Hours Reading The Origins of Totalitarianism)" der kubanischen Künstlerin und Aktivistin Tania Bruguera im Hamburger Bahnhof - Nationalgalerie der Gegenwart.
Von diesem Mittwoch an bis zum Sonntag wird das rund 1000 Seiten umfassende Werk "Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft" 100 Stunden lang rund um die Uhr gelesen und diskutiert. "Wir wollen die Kraft von Kunst und Aktivismus zeigen", sagte Bruguera am Dienstag in Berlin. Die von Museumsbesuchern wie Experten jeweils halbstündig gelesenen Passagen und sich je nach Publikum anschließenden Debatten sollen nach Vorstellung Brugueras an die Uraufführung in ihrer kubanischen Heimat anknüpfen.
2015 musste die Künstlerin die Performance zu Hause unter Arrest realisieren, die Lesung übertrug sie über Lautsprecher nach außen, am Ende wurde sie zeitweise verhaftet. Auch in Berlin ist eine Übertragung nach außerhalb des Museums vorgesehen. Die riesige frühere Bahnhofshalle soll aus Sicht Brugueras die Rolle des Staates im bedrohlichen Verhältnis zu den auf einem Stuhl im Zentrum einzeln Lesenden einnehmen.
Arendt schrieb ihre Analyse über Ursprünge und Entwicklung des Nationalsozialismus kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs und der Befreiung Deutschlands. Wenige Jahre später ergänzte sie das Werk mit den Besonderheiten des Stalinismus. (dpa)
Tania Bruguera "Where Your Ideas Become Civic Actions (100 Hours Reading "The Origins of Totalitarianism"), Hamburger Bahnhof, Berlin bis 11.Februar, 23 Uhr
Curt Bloch in Berlin
Curt Bloch war 24, als Hitler an die Macht kam. Der Dortmunder Jurist floh nach Amsterdam, doch als die Nazis 1940 die Niederlande besetzten, musste er untertauchen. Die Dachkammer eines Hauses in Enschede wurde zu seinem Versteck – und hier entstand ein einzigartiges Dokument des kreativen Widerstands: das Magazin "Het Onderwater Cabaret".
Zwischen August 1943 und April 1945 stellte Bloch Woche für Woche ein Heft mit Collagen und handgeschriebenen Gedichten in deutscher und niederländischer Sprache zusammen, wobei er die Nazipropaganda aufs Korn nahm, Kriegsnachrichten kommentierte und seine persönliche Situation reflektierte.
Bloch verpasste dem Horst-Wessel-Lied ein satirisches Update ("Die Spaten hoch, gleich Pudeln die begossen / Marschiert S.A. langs manchem Trümmerhauf"), zeigte verlauste Wehrmachtssoldaten, die Wache schieben müssen, während die Royal Air Force der Frau zu Hause die Bude zerbombt.
Neben humoristischen Stücken finden sich in den Heften, die Bloch im engsten Kreise seines Helferumfelds kursieren ließ, auch erschütternde Dokumente zum Schicksal seiner Familie – "Ein Gruß" vom August 1943 ist ein Brief an seine deportierte Schwester. Nach dem Krieg emigrierte Bloch in die USA, jahrzehntelang ruhten die Magazine im Bücherregal, bis Blochs Tochter lange nach dem Tod des Vaters ihre Bedeutung erkannte. Im Jüdischen Museum Berlin werden 95 Originalausgaben des "Onderwater Cabaret" nun erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.
Curt Bloch "Mein Dichten ist wie ein Dynamit. Curt Blochs Het Onderwater Carbaret", Jüdisches Museum Berlin, bis 26. Mai
"Long Gone, Still Here - Sound as Medium" in Herford
Unter der neuen Direktorin Kathleen Rahn soll das Marta Herford ein Ort synästhetischer Erfahrung werden. Der Sehsinn soll nicht mehr unbedingt im Mittelpunkt stehen. Entsprechend zeigt die neue Gruppenschau Installationen, in denen Kunstschaffende das Hören, das Nicht-Hören und das Anders-Hören untersuchen.
Klang weckt Erinnerungen, erzeugt innere Bilder und Raumerlebnisse. Die Arbeiten der Ausstellung stammen unter anderem von Ghislaine Leung, Hiwa K, Jeremy Deller, Olaf Nicolai, Sung Tieu und Susan Philipsz.
"Long Gone, Still Here - Sound as Medium", Marta Herford Museum, bis 25. Februar
Heinz Mack in Karlsruhe
Schon in den 1950ern suchte Heinz Mack nach einer Harmonie zwischen Mensch, Natur und Technik. Mitten hinein in den Mief der Adenauer-Zeit und eine noch immer auf Malerei fixierte Kunstwelt ließ der Pionier seine Kunstrakete starten: Zero, so nannte sich die Gruppe, die Mack 1958 zusammen mit Otto Piene gründete, später kam Günther Uecker hinzu. Statt Öl auf Leinwand machte der heute 92-Jährige Licht und Bewegung zu seinem Lebensthema, wie es die große Ausstellung im ZKM noch einmal aufs Schönste belegt.
Zu sehen sind Spiegelobjekte in der gleißenden Wüstensonne, flirrende Farbprismen in der Arktis, reflektierende Stelen, magisch vibrierende Rotoren, golden und silbern strahlende Kuben oder virtuelle Volumen, die durch elektrische Impulse erzeugt werden. Macks "Licht-Choreographie", kombiniert aus verschiedenen, teils motorisierten Werken des Künstlers, feiert in den Lichthöfen ihre Ausstellungspremiere. Das Werk fasziniert als Erlebnis für alle Sinne, Licht und Raum werden in Vibration versetzt und regelrecht zum Tanzen gebracht.
Heinz Mack "Mack im ZKM", Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe, bis 14. April
"When Forms Come Alive“ in London
Alles fließt. Eine Gruppenschau in der Londoner Hayward Gallery zeigt, wie Künstler auf Erfahrungen von Bewegung, Fluss und organischem Wachstum zurückgreifen. Vom Tanz über das Brechen einer Welle bis zum Flechtwerk eines Spinnennetzes reichen die Quellen für Kunstwerke in der Ausstellung, die in einer Zeit der Digitalisierung und Körperfeindlichkeit an das Vergnügen an Gesten und Bewegungen erinnern.
Beteiligt sind 21 Künstlerinnen und Künstler, darunter Ruth Asawa, Nairy Baghramian, Phyllida Barlow, Lynda Benglis, Holly Hendry, Marguerite Humeau, Jean-Luc Moulène, Senga Nengudi, Ernesto Neto und Martin Puryear.
"When Form Comes Alive", Hayward Gallery, London, bis 6. Mai
Flatz in München
Wenn Flatz stirbt, sollen seine Hautpartien vom Körper abgelöst, präpariert und hinter Glas in die Fotos eingesetzt werden - alles festgelegt in einem Testament. Doch noch ist der Wahlmünchner selbst das Gesamtkunstwerk - und präsentiert sich dem Publikum in der Pinakothek als solches. Wie weit der Künstler zu gehen bereit ist, zeigt die Retrospektive "Something Wrong with Physical Sculpture". Bis zum 5. Mai präsentiert die Pinakothek der Moderne Werke wie Fotos, Installationen und Performances.
So etwa die Installation "Bodycheck", 1992 bei der Documenta IX in Kassel: Von der Decke hängen 90 schwere Boxsäcke, durch die sich die Besucher förmlich durchschlagen müssen. Auch mit Glitzersteinen besetzte Motorräder gibt es zu sehen, ebenso wie ein Video von 1990: In einer zerstörten Synagoge im georgischen Tiflis baumelt Flatz an einem Seil von der Decke. Wie ein Glockenschwengel pendelt er hin und her und knallt gegen zwei riesige Metallplatten, bis er bewusstlos wird.
Ausstellungskurator Bernhart Schwenk schätzt den Mut des Künstlers zu stören und zu verstören. Kunst werde immer mehr vereinnahmt, vom Kommerz, vom Kapital, von gesellschaftlichen und von politischen Strömungen. (dpa)
Flatz "Something Wrong with Physical Sculpture", Pinakothek der Moderne, München, bis 5.Mai
"Sieh dir die Menschen an!" in Stuttgart
Nach dem Trauma des Ersten Weltkriegs war die Gesellschaft auf der Suche nach dem "Gesicht der Zeit", nach neuen Rollenmodellen für die krisengeschüttelte Bevölkerung. Kunstschaffende wie Otto Dix, George Grosz, Jeanne Mammen und Hanna Nagel gaben in ihren Bildnissen gesellschaftlichen Typen wie etwa der "Neuen Frau" oder dem "Arbeiter" Kontur.
Künstlerinnen und Künstler der Weimarer Republik wie Lotte Jacobi, Alexander Kanoldt, Lotte B. Prechner, Curt Querner oder Christian Schad sind in der Ausstellung zu sehen. Den Bogen zur Gegenwart schlägt die Installation von Cemile Sahin, die auf Gesichtserkennungstools basiert – wobei sich Parallelen zu jener historischen Debatte zeigen, inwiefern sich körperliche Erscheinung und Wesensart von Menschen aufeinander beziehen lassen.
"Sieh dir die Menschen an!" , Kunstmuseum Stuttgart, bis 14. April
Tarek Lakhrissi in Zürich
Der französische Dichter und Künstler Tarek Lakhrissi (Jahrgang 1992) bezieht sich auf die Erfahrung der Diaspora und des Queerseins in Europa.
Im Zentrum seiner neuen Soloschau im Migros Museum in Zürich stehen die Melancholie und der Wunsch nach einer Zukunft, in der alle Menschen mit dem gleichen Respekt behandelt werden. In Medien wie Text, Film und Installation entfaltet Lakhrissi das spekulative Potenzial seiner schillernden, vielgestaltigen Kunst.
Tarek Lakhrissi "Bliss", Migros Museum, Zürich 10. Februar bis 20. Mai, Eröffnung: Freitag, 9. Februar