Frau Blaß, Herr Jarmuschek, Sie haben im Sommer die Art Karlsruhe übernommen, die Ihr Vorgänger, Messegründer Ewald Karl Schrade, 20 Jahre lang geleitet hat. Was wollen Sie anders machen?
OLGA BLASS: Als Ewald Karl Schrade die Messe 2004 gegründet hat, wurde er mit der Frage konfrontiert, ob es eine weitere Kunstmesse überhaupt braucht. 20 Jahre später kann man das zweifelsfrei mit Ja beantworten. Das hat er mit einer sehr großen Kontinuität und Beharrlichkeit erreicht. Seit 2011 habe ich ihn dabei begleitet, zunächst als Assistentin, später als Projektleiterin. Nun sind Kristian Jarmuschek und ich als Doppelspitze, jeder mit seiner eigenen Perspektive, gemeinsam für die Messe verantwortlich. Um die Messe weiterzuentwickeln, haben wir uns damit auseinandergesetzt, was die Art Karlsruhe ausmacht, wofür sie steht und welche Stärken sie hat. Für die Neuausrichtung haben wir uns gefragt, was wir davon beibehalten und was wir an die aktuellen Strukturen des Kunstmarkts anpassen wollen.
KRISTIAN JARMUSCHEK: Die Art Karlsruhe ist eine starke Messe. Uns geht es um eine Evolution, nicht um eine Revolution. Schrades Grundideen haben sich durchgesetzt. Dazu gehören die Skulpturenplätze, außerdem die inspirierende Gegenüberstellung von der Klassischen Moderne sowie Nachkriegsmoderne und der Gegenwartskunst. Unser Wunsch ist es, die regional fest verankerte Art Karlsruhe noch weiter über den Südwesten Deutschlands hinaus mit einer europäischen Perspektive weiterzuentwickeln. Sie haben eine neue Hallenstruktur geschaffen.
Warum war das nötig?
KJ: 120 Jahre Kunstgeschichte beginnen auf der Art Karlsruhe mit der Klassischen Moderne in Halle 1, hier lässt sich besonders die museale Qualität der gezeigten Werke erleben. Gemeinsam mit der hochkarätig besetzten Nachkriegsmoderne in Halle 2 vermitteln sie einen umfassenden Eindruck von der Vielfalt und dem Innovationsgeist dieser Epochen. Dialogisch kombiniert werden hierzu künstlerische Positionen der Gegenwartskunst. Dem Rundgang folgend, können Sie sich mit den aktuell relevanten künstlerischen Fragen im Bereich der zeitgenössischen Kunst in Halle 3 und der dm-arena auseinandersetzen. Als Ewald Karl Schrade die Art Karlsruhe erfand, wollte er eine Messe kreieren, in der die breite Basis von Kunstinteressierten einen leichten Einstieg in das Sammeln findet. Das haben wir neu interpretiert und mit neuen Formaten in Halle 3 transformiert. Im Bereich Paper Square, einer Weiterentwicklung der Sonderschau Druckgrafik, kann man beispielsweise preiswerte Arbeiten auf Papier entdecken. Die neue Messestruktur soll einladen und leiten zugleich.
OB: Einen weiteren Einstieg ins Kunstsammeln kann man auch über den Academy Square finden, eine kuratierte Ausstellung von ausgewählten Absolventen und Absolventinnen der Kunsthochschulen in Baden-Württemberg. Der Nachwuchsförderung widmen wir uns mit dem Format Newcomer auch direkt im Bereich der Galerien. Junge Galerien, die nicht länger als drei Jahre am Markt sind, konnten sich für diesen Bereich bewerben.
KJ: Damit möchten wir die Präsenz von jungen Galerien auf der Art Karlsruhe stärken und ihnen mit einem reduzierten wirtschaftlichen Risiko die Möglichkeit geben, sich auf einer international vernetzten Messe zu erproben. Und natürlich wünschen wir uns, dass aus diesen Newcomern dann langfristig reguläre Teilnehmende werden.
2023 hatte die Art Karlsruhe 207 Teilnehmende, dieses Jahr sind es nur 177. Eine bewusste Reduktion?
OB: Die Bewerberlage war so gut wie eh und je. Das war für uns ein wichtiger Spiegel, dass die Programme und unsere Ideen sehr großes Interesse wecken. Die Reduktion war eine bewusste Entscheidung.
KJ: Die Weiterentwicklung der Art Karlsruhe geschah in enger Zusammenarbeit mit unserem Beirat. Viele Galerien sind der Messe eng verbunden und um eine positive Perspektive ernsthaft bemüht. Einige von ihnen haben uns bei der Akquise unterstützt und die Veränderung begleitet. Mit der diesjährigen Messeausgabe wollen wir einen Impuls setzen, die Art Karlsruhe zu transformieren und weiterzuentwickeln, deshalb hat sich das Ausstellerfeld quantitativ und qualitativ verändert. Gemeinsam mit den Galerien, die unseren Impuls mittragen, wollen wir die Idee sichtbar machen, wie wir uns die Zukunft der Art Karlsruhe wünschen.
Über die Art Karlsruhe spricht auch Monopol-Redakteurin Silke Hohmann mit Detektor FM. Sie können den Beitrag hier hören: