Der in Wuppertal lebende Brite Tony Cragg trumpft zurzeit gleich mit drei Ausstellungen auf. Während er im Louvre den Vergleich mit den grotesk verzerrten Charakterköpfen eines Franz Xaver Messerschmidt nicht scheut und das Südtiroler „Kunst Meran“ im Ausstellungstitel „Tony Cragg – In 4D“ für die Vierdimensionalität seiner Bildhauerei wirbt, begnügt sich das Duisburger Museum Küppersmühle (MKM) mit einer soliden Werkschau aus den vergangenen vierzig Schaffensjahren.
Neben Grafiken und Zeichnungen, die Naturphänomene auf Papier festhalten und nicht selten als Vorlagen dienen, gilt es, rund 50 Skulpturen zu besichtigen. Gänzlich schnörkellos geht es in den eindrucksvollen Hallen aus der Hand von Herzog & de Meuron dann doch nicht zu. An Ideen, „Dingen im Kopf“, wie Cragg sie nennt, herrscht kein Mangel. Nur abstrakt und zugleich gegenständlich müssen sie sein, ein Paradoxon, der dem mit britischen Understatement gesegneten Formendompteur mühelos gelingt.
Immerhin schrauben sich großformatige Plastiken um die Wette Richtung Decke, ein schwerfälliger „Hamlet“ verschmilzt mit einem Holzfuß, Schubladenknöpfe belagern wie Pilze einen Holztisch, Bronzekugeln imitieren im Kollektiv wild gewordene Zellhaufen und knallgelbe Schneckenhäuser wechseln, von unsichtbaren Stromwellen erfasst, in die nächste biomorphe Dimension eines Ohrläppchens.
Kein Wunder, dass selbst ein akkurat gestapelter und mit Sandstrahl traktierter Gläserhaufen als „Eroded Landscape “ tituliert wird. Die Dinge kommen und wollen nicht bleiben, der Künstlerkopf verlangt seine tägliche Dosis Veränderung. Daher rührt die Fülle an Materialien und die manische Suche nach neuen Kombinationen, die Cragg hinter der Oberfläche seiner Objekte herauskitzelt.
Bemerkenswert abwechslungsreich gewährt der gelernte Labortechniker und heutiger Rektor der Düsseldorfer Kunstakademie Einblicke in seine Kopfgeburten aus Holz, Beton, Stahl oder Kunststoff. Die Arbeit „Riot“ von 1987 fand ihren Weg aus Mailand ins Ruhrgebiet und steht repräsentativ für seine frühe Müll-Phase. Allerlei bunte Kunststoffartikel, Spielzeug, Deckel, Eislöffel und Zahnbürsten, recycelt Cragg humorvoll zu einem Wandbild, das sein Thema, das Zusammentreffen von Demonstranten mit reitender Staatsgewalt, erst aus der Entfernung preisgibt.
Der Drang nach Bewegung zieht sich wie ein roter Faden durch das überaus sinnliche Werk. Gesichter von Freunden und Mitarbeitern streben aus den aktuellen Bronzen, wie etwa der tiefroten „Large Standing Figure“ von 2008, aufs Schönste verwackelt und energetisch aufgeladen, seitwärts in den Raum. Die schwere Geburt gelingt allerdings nur im Profil. Dass Cragg auch die Disziplin der statischen Bodenhaftung beherrscht, beweist sein „Boy“, eine erdenschwere Mischung aus Walross, Alien-Nachwuchs und Riesenbabyflaschenverschluss, der wahlweise auch als Molekülkette durchgehen könnte. Ein Ding mit vielen Gesichtern und noch mehr Möglichkeiten zur Transformation, ein echtes Cragg-Geschöpf eben.
Museum Küppersmühle, Duisburg, bis 13. Juni
Neben Grafiken und Zeichnungen, die Naturphänomene auf Papier festhalten und nicht selten als Vorlagen dienen, gilt es, rund 50 Skulpturen zu besichtigen. Gänzlich schnörkellos geht es in den eindrucksvollen Hallen aus der Hand von Herzog & de Meuron dann doch nicht zu. An Ideen, „Dingen im Kopf“, wie Cragg sie nennt, herrscht kein Mangel. Nur abstrakt und zugleich gegenständlich müssen sie sein, ein Paradoxon, der dem mit britischen Understatement gesegneten Formendompteur mühelos gelingt.
Immerhin schrauben sich großformatige Plastiken um die Wette Richtung Decke, ein schwerfälliger „Hamlet“ verschmilzt mit einem Holzfuß, Schubladenknöpfe belagern wie Pilze einen Holztisch, Bronzekugeln imitieren im Kollektiv wild gewordene Zellhaufen und knallgelbe Schneckenhäuser wechseln, von unsichtbaren Stromwellen erfasst, in die nächste biomorphe Dimension eines Ohrläppchens.
Kein Wunder, dass selbst ein akkurat gestapelter und mit Sandstrahl traktierter Gläserhaufen als „Eroded Landscape “ tituliert wird. Die Dinge kommen und wollen nicht bleiben, der Künstlerkopf verlangt seine tägliche Dosis Veränderung. Daher rührt die Fülle an Materialien und die manische Suche nach neuen Kombinationen, die Cragg hinter der Oberfläche seiner Objekte herauskitzelt.
Bemerkenswert abwechslungsreich gewährt der gelernte Labortechniker und heutiger Rektor der Düsseldorfer Kunstakademie Einblicke in seine Kopfgeburten aus Holz, Beton, Stahl oder Kunststoff. Die Arbeit „Riot“ von 1987 fand ihren Weg aus Mailand ins Ruhrgebiet und steht repräsentativ für seine frühe Müll-Phase. Allerlei bunte Kunststoffartikel, Spielzeug, Deckel, Eislöffel und Zahnbürsten, recycelt Cragg humorvoll zu einem Wandbild, das sein Thema, das Zusammentreffen von Demonstranten mit reitender Staatsgewalt, erst aus der Entfernung preisgibt.
Der Drang nach Bewegung zieht sich wie ein roter Faden durch das überaus sinnliche Werk. Gesichter von Freunden und Mitarbeitern streben aus den aktuellen Bronzen, wie etwa der tiefroten „Large Standing Figure“ von 2008, aufs Schönste verwackelt und energetisch aufgeladen, seitwärts in den Raum. Die schwere Geburt gelingt allerdings nur im Profil. Dass Cragg auch die Disziplin der statischen Bodenhaftung beherrscht, beweist sein „Boy“, eine erdenschwere Mischung aus Walross, Alien-Nachwuchs und Riesenbabyflaschenverschluss, der wahlweise auch als Molekülkette durchgehen könnte. Ein Ding mit vielen Gesichtern und noch mehr Möglichkeiten zur Transformation, ein echtes Cragg-Geschöpf eben.
Museum Küppersmühle, Duisburg, bis 13. Juni