Wenn normale Menschen Probleme mit ihren Egos oder Befindlichkeiten haben, dann ist das zwar unangenehm, aber man kann es nicht ändern. Wenn sich Milliardäre gegenseitig auf den Keks gehen, dann ist das gleich ein weltweites Medienthema. Es wird auch sofort eine News, wenn Milliardäre einen U-Boot-Ausflug zur Titanic machen, der dann tragischerweise schiefgeht, oder Trips in den Weltall planen. Hier resonieren Machtverhältnisse, die uns immer wieder deutlich machen, in was für einer Welt wir heute leben. Die Superreichen beherrschen die Wirtschaft, die Diskurse, unseren Alltag und mittlerweile auch die Popkultur. Der Geldadel lebt entkoppelt von der Realität der allermeisten Menschen auf der Welt und macht keinen Hehl daraus.
Aber der Reihe nach. Anfang vergangener Woche witzelte Twitter-Besitzer Elon Musk in seiner mittlerweile bekannten rüpelhaften Art auf Twitter, dass er Meta-CEO Mark Zuckerberg zum cage fight herausfordern würde. Grund ist der geplante Start einer Art Twitter-Klon von Meta, worüber an dieser Stelle vergangenen Monat berichtet wurde.
Die Antwort von Zuckerberg ließ nicht lange auf sich warten. Auf Instagram (also seiner eigenen Plattform natürlich) antwortete der Facebook-Gründer lapidar "Send me location", woraufhin Musk das Octagon, eine weltweit bekannte Arena für Mixed Martial Arts (MMA) in Las Vegas vorschlug. Solche Dispute gibt es auf Twitter und Instagram wahrscheinlich täglich zu tausenden. Jemand hat seinem bestem Freund die Freundin ausgespannt? Dann verabredet man sich auf dem Lidl-Parkplatz. Es gibt eine zünftige Schlägerei und gut ist. Könnte man eleganter lösen, aber ist halt so.
"Sie meinen es todernst"
Dieser Kurzdialog zwischen Musk und Zuckerberg schlägt aber andere Wellen, vor allem öffentliche und medienwirksame. Es dauerte nicht lange bis sich der Präsident der Ultimate Fighting Championship (UFC), Dana White, einschaltete, der mit beiden Kampfgockeln telefonierte, um herauszufinden, ob die Kontrahenten das auch wirklich ernst meinten. "Sie meinen es todernst", sagte White bei "TMZ". White wittert in diesem Zwist natürlich aber auch viel Geld. Sollte es zum Käfigkampf kommen, wäre es nicht weniger als der "größte Kampf aller Zeiten". Er schätzt etwa dreimal so viel Umsatz im Vergleich zum bislang größten Duell zwischen UFC-Champion Conor McGregor und Box-Weltmeister Floyd Mayweather im Jahr 2017. Ein Kampf Musk gegen Zuckerberg wäre für jede und jeden interessant, auch für all jene, die sich sonst nicht für Kampfsport interessierten. Womit er wahrscheinlich recht hat.
Nun wurde eine Maschine in Gang gesetzt, die man kaum noch bremsen kann, weil so eine Geschichte selbstredend (wenn auch absurderweise) Auswirkungen auf Aktienkurse und globale Wirtschaft hat und haben wird.
Ein bisschen erinnert die mediale Komik an den Show-Boxkampf von 2001 zwischen der früheren Box-Weltmeisterin Regina Halmich und Stefan Raab, der Halmich mit üblen Sexismen provozierte und dafür gehörig auf die Fresse bekam.
Musk gegen Zuckerberg ist ohne Frage ein anderes Level und es steht plötzlich für beide sehr viel auf dem Spiel. So viel, dass sich selbst Musks Vater Errol bei US-Boulevardmedien meldete und sich besorgt zeigte, dass dieser Kampf so oder so für seinen Sohn schlecht ausginge. Gewinnt Musk, würde er als "Bully", also Rüpel und Mobber aus dem Kampf ziehen, weil er wesentlich größer und schwerer als Zuckerberg und somit einige Gewichtsklassen über ihm ist. Verliert Musk wäre es nicht weniger als eine "totale Erniedrigung". So klingen wohl besorgte Eltern, die an ihre Kinder nicht mehr rankommen. Auch Musks Mutter soll über diesen Vorfall alles andere als begeistert sein.
Die Felder sind bestellt
Hinzu kommt, dass Mark Zuckerberg seit einigen Jahren intensiv Brazilian Jiu-Jitsu trainiert und mittlerweile sogar Turniere in der Kampfsportart in Kalifornien gewonnen hat. Das erklärt wohl sein selbstbewusstes, terminatorhaftes "Send me location". Musk hat so eine Ausbildung nicht vorzuweisen, soll aber laut eigener Aussage Kampfsport betrieben haben und während seiner Jugend in Südafrika hätte es auch einige Schlägereien gegeben, bei denen er sich durchzusetzen vermochte. Da ist es schon wieder, dieses erlogene Narrativ des armen Burschen, der sich auf den Straßen hochgekämpft haben will.
Außerdem hat Elon Musk prominente Unterstützung am Start. Zum einen durch seinen Kumpel, UFC-Kommentator und Super-Podcaster Joe Rogan und nun auch durch den UFC-Fighter Georges St-Pierre, der Musk für den Kampf des Jahrtausends trainieren will.
Die Felder sind also bestellt. Die Medien und Wettbüros scharren mit den Hufen. Das Duell Twitter vs. Instagram, Boomer vs. Millennial, Alphatier gegen Alphatier kann losgehen. Weil wer vorzeitig einen Rückzieher macht, wird ebenfalls nicht ohne Imageschaden aus der Nummer rauskommen.
Männliche Egos bleiben männliche Egos
Als hätte die Welt keine anderen Sorgen, aber offenbar gibt es die in der Welt der Superreichen nicht. Ist ja auch nicht so, dass man bei Tesla, Twitter, Facebook und dem Metaverse nicht genug Baustellen hätte. Man hätte sich auch auf eine Partie Videospiele, Tennis oder Schach verabreden können. Aber männliche Egos bleiben männliche Egos, und wenn die angekratzt sind, werden keine Gefangenen gemacht.
Welche Vorbildfunktion für ihre eigenen Kinder haben solche Typen im Sinn? Sind wir wieder im Mittelalter angelangt, als sich Könige auf dem Kriegsfeld gegenseitig die Köpfe abschlugen? Demut und Bescheidenheit könnten Tugenden sein. Stattdessen sind die heute Mächtigen zu ihren eigenen Hofnarren geworden.