Im Oktober 2021 benannte sich Facebook in Meta um. Das neue Branding war eine große Wette auf das vermeintlich nächste große Ding in der digitalen Welt, dem Metaverse, und Mark Zuckerberg glaubte so sehr dran, dass er gleich mit dem ganzen Mutterunternehmen, zu dem auch Instagram, WhatsApp und Meta Quest, ehemals Oculus, gehören, die Richtung für die Zukunft vorgeben wollte. Was ist in der Zwischenzeit passiert?
Nicht viel. Das Metaverse scheint vorerst nur ein Versprechen zu bleiben. Die gestartete soziale VR-Plattform Horizon Worlds läuft bestenfalls mäßig. Im Oktober 2022 gab es gerade mal 200.000 Nutzer. Die Absprungrate ist dabei ziemlich hoch. Auch sind die Google-Anfragen im letzten Jahr um 75 Prozent runtergegangen.
Für das maue Interesse gibt es einige Gründe. Ende 2021 befand sich die Welt noch im Würgegriff der Pandemie. Virtuelle Räume waren eine valide Option, sich mit anderen Menschen zu treffen und zu interagieren. Große digitale Unternehmen konnten während der Jahre großes Wachstum verzeichnen, hatten aber nicht auf dem Schirm, dass das Interesse an sozialen Plattformen im Netz vielleicht auch wieder abebben könnte, sobald man wieder auf Konzerte, in Ausstellungen oder sich im Park zum Grillen treffen kann. Oder wann haben Sie zuletzt Clubhouse aufgemacht?
Dann war da natürlich der große Hype um KI, der das Metaverse im Regen stehen ließ. ChatGPT, Midjourney und Runway sind derzeit in aller Munde. In einer aktuellen Yougov-Umfrage denken 41 Prozent der Befragten, dass sich KI als Zukunftstechnologie durchsetzen wird. Nur 14 Prozent in Deutschland glauben noch an das Metaverse. Das ist natürlich nur eine Stichprobe, sagt aber einiges darüber aus, wie die derzeitige Stimmung und Motivationslage ist. Die Menschen werden nicht erreicht, oder es interessiert sie einfach nicht. Die Europäische Union, die sich natürlich auch auf der Höhe der Zeit präsentieren möchte, ließ im vergangenen Dezember eine Metaverse-Party ausrichten, die fast 400.000 Euro gekostet haben soll. Gekommen sind am Ende sechs Leute. Das tut alleine beim Hören weh. Ob es nun an der EU lag oder am Metaverse – wer weiß das schon.
Hat sich Zuckerberg übelst verzockt?
Die Reality Labs, die Meta-eigene Abteilung für das Metaverse, hat seit 2020 30 Milliarden Dollar verbrannt. Alleine im letzten Jahr sollen es 13 Milliarden Dollar gewesen sein. Der Werbemarkt für Meta läuft sehr gut, so dass dieses Defizit in der Gesamtbilanz zwar ausgebügelt werden kann. Allerdings fragt man sich auch intern, wie lange man solch ein Geldkrematorium vor allem vor den Anlegern noch schönreden kann. Hat sich Mark Zuckerberg da etwa übelst verzockt?
Selbst wenn das Metaverse in naher Zukunft doch noch einschlagen sollte, ein Minus von 30 Millarden Dollar zu kompensieren, klingt nach einer ziemlich zähen und nahezu unmöglichen Angelegenheit. Zumal auch für Metas Werbekunden das Metaverse bei den bisherigen Reichweiten nicht attraktiv ist. Die Atmosphäre bleibt bei Meta vorerst also eisig. Zuckerberg hat 2023 zum "Jahr der Effizienz" auserkoren, was letztlich bedeutet, dass nach den riesigen Kündigungswellen im vergangenen Jahr auch bis zu diesem Sommer weitere 10.000 Stellen abgebaut werden.
Stattdessen arbeitet derzeit Meta unter Hochdruck an einer Twitter-Alternative, was auf dem ersten Blick ziemlich anachronistisch anmutet. Statt schillernder Avatare im Cyberspace geht es nun um Text. Man möchte damit auf Elon Musk reagieren, der Twitter zu einer übergreifenden App namens X umformen möchte. Ganz nach dem Vorbild von WeChat in China, in der von Community, mobile Zahlung bis zum Messenger alles in einer Super-App zusammenläuft. Bei Meta firmiert das Projekt unter den Codenamen "Barcelona" und "Project92". User sollen auf Basis ihres Instagram-Accounts darauf zugreifen können und bis zu 500 Zeichen Text, Links, Fotos und Videos teilen können. Die App wird derzeit getestet und könnte schon im nächsten Monat veröffentlicht werden.
Die Zeit für virtuelle Realitäten könnte noch kommen
War’s das also schon mit dem Metaverse, bevor es überhaupt losging? Abwarten lautet die Losung, denn die Zeit für virtuelle Realitäten könnte in der Tat noch kommen. Allerdings nicht angeführt von Meta sondern wie so oft von Apple. Es scheint ein offenes Branchengeheimnis, dass der iPhone-Produzent am 5. Juni im Rahmen der Entwicklerkonferenz WWDC eine eigene Brille vorstellen wird. Der Name für das Betriebssystem xrOS wurde kürzlich angemeldet. Wie die VR/AR-Brille aussieht und funktionieren wird, ist noch nicht bekannt. Aber der Tech-Gigant aus Cupertino hat in den letzten Jahrzehnten immer wieder bewiesen, dass er in der Lage ist, Produktkategorien, die andere vielleicht schon vorher erfunden haben, mainstreamtauglich und erfolgreich zu machen. Das hat mit MP3-Playern, Tablets, Smartphones und zuletzt Smartwatches und Bluetooth-Earbuds jeweils exzellent funktioniert.
Wie sich Apple die Welt der Augmented, Mixed beziehungsweise Virtual Reality vorstellt, könnte also interessant werden und einige Eckpfeiler für den zukünftigen Markt definieren. Mit Games tut sich Apple traditionsgemäß immer ein bisschen schwer. Was wird es also dann sein?
Auch sind VR-Brillen, wenn sie technisch gut sein wollen, recht kostspielige Geräte. Insider berichten, dass für Apple alleine die Produktion bis zu 1.500 Dollar kosten könnte. Ob eine Apple-Brille für 3.000 Dollar oder mehr dann zum Massenhit taugt, wird man sehen müssen. Eine Frage, die für Mark Zuckerberg auch nicht ganz uninteressant sein dürfte.