Licht hat James Turrell schon immer fasziniert. "Aber ich wusste nie wirklich, wie das mit der Gesellschaft verbunden ist, oder wo ich einen Job bekommen könnte, der sich damit beschäftigt", sagte der Künstler mit dem auffälligen weißen Vollbart, der am Samstag, 6. Mai, 80 Jahre alt wird, einmal in einem Interview. Also studierte der im kalifornischen Pasadena geborene Turrell zunächst Mathematik und Psychologie - aber auch an der Universität faszinierte ihn ganz besonders das Licht der Dia-Projektoren.
Turell begann zu experimentieren, verdeckte Fenster teilweise, um bestimmte Effekte zu erzeugen. Anfangs stieß er damit allerdings auf wenig Gegenliebe. "Die Menschen haben gesagt, dass ich doch nur Licht auf eine Wand leuchte", erinnert sich Turrell. Aber dann wurden seine teils bunten Licht-Kunstwerke immer ausgefeilter und schließlich zu Illusionen, täuschten Räume, Tiefe und Ebenen vor, wo das alles eigentlich gar nicht ist. "Licht ist das, was wir normalerweise nur benutzen, um andere Dinge zu erhellen. Ich interessiere mich für Licht, das selbst eine Dinglichkeit hat, das also nicht andere Dinge erhellt, sondern selbst zur Erleuchtung wird."
Der sehr gläubige Turrell, der der Religionsgemeinschaft der Quäker angehört, bekommt erste Ausstellungen, zunächst in den USA, dann weltweit. Heute verkaufen sich seine Werke für Millionenbeträge, Turrell gilt als Vordenker, als Meister des Lichts. Oft haben Turrells Werke Zugangsbeschränkungen, sollen auf eine ganz bestimmte Art und Weise - meist einsam - erfahren werden. "Ich habe das Gefühl, dass meine Kunst nur für eine Person ist. Nicht für mich, sondern einen idealisierten Besucher."
Der Schweizer Geschäftsmann Donald Hess erwirbt gleich eine ganze Reihe von Installationen und lässt Turrell dazu ein Museum mitten in den argentinischen Anden bauen. Für das Kunstmuseum Wolfsburg entwirft der in Arizona lebende Künstler 2009 seine bis dahin größte Installation. In mehr als 25 Ländern lassen sich inzwischen Installationen von Turrell bestaunen.
Lebenstraum: ein erloschener Vulkan
Das Lebenswerk des Künstlers aber wird und wird nicht fertig: 1977 kaufte Turrell den Roden Krater, einen erloschenen Vulkankrater im US-Bundesstaat Arizona, den der ausgebildete Pilot zuvor monatelang mit seinem kleinen Flugzeug gesucht hatte. Der Krater liegt zwischen roter, staubiger Erde, hellgelbem Gras und schwarzen Kühen in einer extrem spärlich besiedelten Gegend, wo es Kojoten, Klapperschlangen, Berglöwen und Skorpione gibt.
Turrell will aus dem Vulkankegel ein Observatorium als Museum bauen. Aber die Gelder fließen nur langsam, zudem ist Turrell Perfektionist und äußerst geduldig - und so kommt es, dass das Projekt auch rund ein halbes Jahrhundert nach Beginn der Arbeit immer noch nicht fertig ist. Nur ausgewählte Gäste durften den Roden Krater bislang besichtigen. US-Rapper Kanye West bezeichnete die Erfahrung als "lebensverändernd", spendete Turrell mehrere Millionen Dollar und drehte ein Video in dem Krater.
Wann der Roden Krater auch für die Öffentlichkeit zugänglich wird, ist nach wie vor unklar, aber Turrell scheint das nicht zu stören. "Ich weiß, dass die Wissenschaft sehr an Antworten interessiert ist, aber ich bin schon mit einer guten Frage glücklich."