Podcast "Fantasiemuskel" #10

Unsere Wahrnehmung von Natur mit künstlerischen Methoden erforschen

Kann man mit Kunst die Wahrnehmung der Wirklichkeit verändern? Und was bedeutet das für unseren Umgang mit der Welt? Dass wollen wir vom Künstler Julius von Bismarck wissen, der sich seit Jahren mit Natur und ihrer Zerstörung auseinandersetzt

Er hat Waldbrände gefilmt, die Verwüstungen von Hurrikanen dokumentiert und uns in den Blick eines Hirschen hineinversetzt, der in den radioaktiv verseuchten Wälder um Tschernobyl lebt. Seine Kunst hilft uns, die Welt anders zu erleben. Bekannt wurde Julius von Bismarck, der bei Olafur Elliasson Kunst studierte, mit einer Performance auf der Art Basel. Eine Woche lang lebte er auf einer sich drehenden Scheibe. "Egocentric System" nannte er die Arbeit, die auch ein Spiegel für unsere Gesellschaft ist. "Wenn man sich ganz lange dreht, irgendwann denkt man, man steht still und die Welt dreht sich um einen herum."

Sein Studio, in dem er derzeit mit rund 20 Mitarbeitern seine Einzelausstellung "When Platitudes Become Form" in der Berlinischen Galerie (26. Mai bis 14. August) vorbereitet, versteht er als Forschungslabor – dass aber nicht mit klassisch wissenschaftlichen, sondern mit künstlerischen Methoden arbeitet. "Die Arbeit funktioniert sehr gut, weil auch Missverständnisse mit ihr verbunden sind. Diese Missverständnisse machen es manchmal interessant", so von Bismarck. Und interessant muss seine Arbeit sein, schließlich finanziert er durch den Verkauf von Kunst sein Forschungslabor. Dem klassischen Kunstmarkt sieht er zwar kritisch, ist ihm auch positiv verbunden: Er ist "ein Mittel, an Geld zu kommen, ohne sich verstellen zu müssen", so von Bismarck.

"Irgendjemand muss ja der Verrückte sein"

Ein immer wiederkehrendes Thema in der Arbeit des Künstlers, der auch Physik studiert hat, sind Naturphänomene. "Meiner Meinung nach hat unser Blick, den wir auf die Natur haben, einen direkten Einfluss auf die Natur." Wir konstruieren Natur – und diese Konstruktion legt er offen, wenn er zum Beispiel "Landschaftsgemälde" genannte Fotos von Naturräumen anfertigt, die er vorher nach unseren klischeehaften Vorstellungen von "Natur" angemalt hat.

"Für mich ist das auf jeden Fall politische Kunst", erklärt von Bismarck den beiden Podcastern Friedrich von Borries und Torsten Fremer in "Fantasiemuskel", dem Monopol-Podcast über Kunst, Wirtschaft und gesellschaftliche Transformation. "Alle meine Arbeit ist politisch, auch wenn es manchmal nicht so offensichtlich ist." Und so hinterfragt seine Arbeit, nicht nur unsere Seh-, sondern auch unsere Lebensgewohnheiten – und gibt Ausblick auf andere Möglichkeiten. Für von Bismarck ist genau das die Aufgabe von Künstlerinnen und Künstlern: "Irgendjemand muss ja der Verrückte sein, der diese Sachen mal ausprobiert."

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