Schmähskulptur

Stadtgemeinde Wittenberg passt Information zu "Judensau"-Relief an

Nach anhaltender Kritik an einem umstrittenen antijüdischen Schmährelief hat die Stadtkirche der Lutherstadt Wittenberg in Sachsen-Anhalt ein entsprechendes Informationsschild angepasst

Auch im Gebäude soll zukünftig ausführlicher zu Hass und Hetze gegen Juden innerhalb des Christentums aufgeklärt werden. "Wir wollen uns - wie in der Vergangenheit gefordert - stärker von Antisemitismus, Antijudaismus und Fremdenfeindlichkeit im Allgemeinen distanzieren", sagte der Vorstand des Gemeindekirchenrats, Jörg Bielig, am Montag in Wittenberg. Auf diesem Wege wolle die evangelische Kirche Verantwortung übernehmen und zeigen, dass sie sich mit ihrer Schuldgeschichte auseinandersetze. Auf der Info-Tafel zu dem Relief wurde nun ergänzt, dass man sich von "Antisemitismus und Judenhass" distanziere.

Das mehrere Hundert Jahre alte Relief zeigt eine Sau, an deren Zitzen zwei Menschen saugen, die durch Spitzhüte als Juden identifiziert werden sollen. Eine laut Bundesgerichtshof (BGH) als Rabbiner geltende Figur hebt den Schwanz des Tieres und blickt in den After. Schweine gelten im jüdischen Glauben als unrein. Der BGH hatte im Juni vergangenen Jahres entschieden, dass eine Bodenplatte und ein Aufsteller mit erläuterndem Text vor der Kirche ausreichten, um aus dem "Schandmal" ein "Mahnmal" zu machen. Es könne bleiben (Az. VI ZR 172/20). Der Kläger, Dietrich Düllmann, hatte daraufhin Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt.

Düllmann war 1978 zum Judentum konvertiert und will erreichen, dass das Relief aus dem 13. Jahrhundert entfernt wird. "Eine Abtragung ist nicht unser Weg", sagte Bielig. Neben der Änderung auf der Infotafel sollen nun stattdessen auch Aufsteller in der Kirche über historischen Zusammenhänge aufgeklärt werden. "Dabei nehmen wir auch Martin Luther nicht aus - wir wollen nicht verstecken, dass auch hier Judenfeindlichkeit zu finden ist." Der Streit um das Relief hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt.

Langfristiges Ziel der Gemeinde sei es, eine Dauerausstellung in der Kirche einzurichten, die über Antijudaismus informiere, so Bielig. Auch dadurch sollten beispielsweise judenfeindliche Äußerungen in religiösen Schriften bewusster wahrgenommen werden. "Antijudaismus hat eine tradierte Geschichte im Christentum. Das kann heute nicht mehr sein", sagte der Vorsitzende.