Marktförmigkeit wird man der Triennale im New Yorker New Museum kaum vorwerfen können – sie macht sich den Vorwurf schon selbst. Die Schau, die sich als Plattform für internationale Nachwuchskünstler versteht, wird begleitet von einer eigens kommissionierten Werbekampagne. Sie stammt von K-Hole (das US-Kollektiv gilt als Erfinder des Begriffs "Normcore"), trägt den Titel "Extended Release" und bespielt das Terrain zwischen Affirmation und Parodie, Akzeleration und Akku leer: Eine Cartoon-Pille liegt niedergestreckt am Boden, erschöpft vom Besuch der Triennale.
Interessant ist die Kampagne, weil sie die Ausstellung nicht bewirbt, sondern Teil von ihr ist. Thema der Triennale ist, was auch sonst gerade überall Thema ist: die Digitalisierung und restlose Durchökonomisierung aller Lebensbereiche, eine "Welt, in der die Auswirkungen der Technologie und des Spätkapitalismus von unseren Körpern absorbiert worden sind und unsere Wahrnehmung der Welt verändert haben", wie die Kuratorin Lauren Cornell erklärt. Und so gibt es neben der Werbekampagne beispielsweise auch das Logo "Distant Feel", das der Franzose Antoine Catala als "Re-branding von Mitgefühl" und "Update des Peace-Zeichens" beschreibt.
"Distant Feel" wird in der Ausstellung als Skulptur ausgestellt, steht zudem als GIF-Animation, als HTML-Code und als Meme zur Verfügung. Das Mäandern der Medien ist einer der Leitfäden der Triennale, die Arbeiten von 51 Künstlern und Kollektiven versammelt. Cornell spricht von einer neuen "Elastizität" des Werkbegriffs, in der Malerei aus 3-D-Modellen entstehe, digitale Fotografie zur Skulptur werde, Text in Bild oder Sound in Performance übergehe: Die Genregrenzen werden durchlässiger und mit ihnen die Unterscheidungen
zwischen Industrieprodukten und dem, was man einmal als autonomes Kunstwerk bezeichnete.
Tatsächlich neu scheint dabei, wie sich diese Elastizität auf die strukturelle Ebene dieser Großausstellung ausweitet: Neben den Branding-Kampagnen thematisiert sich die Triennale als kreativindustrielle Veranstaltung auch in einer Online-Talkshow, einer Web-Serie und einem Gedichtband. Dieses Level an Selbstreflexivität (geht das: "institutionelle Institutionskritik"?) mag erstickend wirken, zwingt im besten Fall aber dazu, genauer hinzuschauen. Und das nicht nur in New York.
Als Kokurator der Triennale fungiert Ryan Trecartin, der eigentlich Künstler ist, gelegentlich aber auch mit dem Kollektiv DIS zusammenarbeitet. DIS wiederum nehmen an Ausstellungen teil, sie betreiben ein Magazin, eine professionell arbeitende Bildagentur, die Künstlerinnen und Künstler anwirbt, Bilder für den privaten und kommerziellen Nutzen zu produzieren, sowie ein Einzelhandelsunternehmen mit dem Ziel, kreative Wirtschaftsbereiche zu erweitern. Und sie kuratieren die nächste Berlin Biennale.
"2015 Triennial: Surround Audience", New Museum, New York, 25. Februar bis 24. Mai