Frankfurt/Main (dpa) - Etwa
300 Kunstvereine mit 120 000 Mitgliedern gibt es in Deutschland. Allein
im Rhein-Main-Gebiet sind es mehr als zwei Dutzend. Einer der ältesten
und bundesweit größten ist der Frankfurter Kunstverein. Franziska Nori,
die neue Leiterin im «Steinernen Haus», skizziert im Interview mit der
Deutschen Presse-Agentur ihre Pläne - und erklärt, weshalb auch in einer
mit Kunstmuseen reich gesegneten Stadt wie Frankfurt Kunstvereine
unerlässlich sind. Während des Gesprächs fällt der Blick aus dem
Fenster: Nur wenige Meter sind es zur Kunsthalle Schirn und ins Museum
für Moderne Kunst (MMK).
Was ist die spezielle Rolle eines Kunstvereins in einer Stadt, in der es mehr als genug Museen gibt?
Kunstvereine stehen seit 1830 für eine dezidierte Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst, die noch nicht historisiert ist und zu der man noch keine kritische Distanz gefunden hat. Institutionen wie das MMK haben den Fokus auf ihrer Sammlung, eine Kunsthalle wie die Schirn zeigt eher populäre, etablierte Kunst. Erst in den vergangenen zehn Jahren hat es dort eine Verschiebung gegeben in Richtung zeitgenössischer Kunst. Die Frage müsste also eher umgekehrt gestellt werden. Ich kann nur sagen: Wir sind weiterhin die, die am nächsten dran sind am Künstler und sehr schnell und risikofreudig aktuelle gesellschaftsrelevante Themen aufgreifen.
Welche Situation haben Sie in Frankfurt vorgefunden - was lief gut und was würden Sie gern ändern/umgewichten?
Ich habe ein sehr gut aufgestelltes Haus vorgefunden, das Diskurse anregt und diese in die Gesellschaft hinausträgt. Das passt gut zu meinem kuratorischen Konzept. Es geht mir darum, das Präsens zu denken. Was ich anders machen möchte? Ich denke an ein Fugensystem: Statt einer großen Ausstellung möchte ich das Haus partiell bespielen mit einzelnen Positionen, die unterschiedlich lange zu sehen sind. Der Besucher soll denken: Es ist immer interessant in den Kunstverein zu gehen, egal was gerade zu sehen ist.
Wie ist die Mitgliederentwicklung und wie sehen die Besucherzahlen aus?
Die Zahl der Mitglieder ist seit langem sehr stabil. Mit rund 1200 Mitgliedern sind wir einer der größten Kunstvereine Deutschlands. Das weiter auszubauen ist auf jeden Fall eines meiner Ziele. Die Besucherzahlen steigen - und zwar deutlich. Im vergangenen Jahr hatten wir 40 000 Gäste. Das sind dreimal so viel wie vor fünf Jahren. Das ist das Verdienst meines Vorgängers Holger Kube Ventura. Er hat das Haus geöffnet für neue Kooperationspartner, etwa die Goethe-Universität, «Open Books» zur Buchmesse oder die «Biennale des Bewegten Bildes».
Sie sind in Italien geboren und haben zuletzt in Florenz gearbeitet. Welche Erfahrungen bringen Sie von dort mit?
In Italien arbeitet man immer in einem Rahmen erschlagender historischer Schönheit. Besonders in Südeuropa gibt es ein Bedürfnis nach kritischem Nachdenken über das Heute - auch wenn dieser Diskurs in den Berlusconi-Jahren auf institutioneller Ebene nur noch wenig praktiziert wurde. In Italien setzen sich zum Beispiel viele Künstler mit dem massiven Flüchtlingsstrom aus Afrika auseinander. Ein Thema, das nun auch immer mehr Deutschland betrifft.
ZUR PERSON: Franziska Nori (46) leitet seit November den Frankfurter Kunstverein. Sie wurde 1968 in Rom geboren, studierte Romanistik, Kunstgeschichte und Kulturanthropologie in Frankfurt. Zuletzt leitete sie die Kunsthalle für zeitgenössische Kunst Strozzina am Palazzo Strozzi in Florenz. Der scheidende Vorstandsvorsitzende des Kunstvereins, Michael Loulakis, nennt sie «eine sehr erfahrene, international hervorragend vernetzte Ausstellungsmacherin und exzellente Kennerin der zeitgenössischen Kunstszene».
Was ist die spezielle Rolle eines Kunstvereins in einer Stadt, in der es mehr als genug Museen gibt?
Kunstvereine stehen seit 1830 für eine dezidierte Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst, die noch nicht historisiert ist und zu der man noch keine kritische Distanz gefunden hat. Institutionen wie das MMK haben den Fokus auf ihrer Sammlung, eine Kunsthalle wie die Schirn zeigt eher populäre, etablierte Kunst. Erst in den vergangenen zehn Jahren hat es dort eine Verschiebung gegeben in Richtung zeitgenössischer Kunst. Die Frage müsste also eher umgekehrt gestellt werden. Ich kann nur sagen: Wir sind weiterhin die, die am nächsten dran sind am Künstler und sehr schnell und risikofreudig aktuelle gesellschaftsrelevante Themen aufgreifen.
Welche Situation haben Sie in Frankfurt vorgefunden - was lief gut und was würden Sie gern ändern/umgewichten?
Ich habe ein sehr gut aufgestelltes Haus vorgefunden, das Diskurse anregt und diese in die Gesellschaft hinausträgt. Das passt gut zu meinem kuratorischen Konzept. Es geht mir darum, das Präsens zu denken. Was ich anders machen möchte? Ich denke an ein Fugensystem: Statt einer großen Ausstellung möchte ich das Haus partiell bespielen mit einzelnen Positionen, die unterschiedlich lange zu sehen sind. Der Besucher soll denken: Es ist immer interessant in den Kunstverein zu gehen, egal was gerade zu sehen ist.
Wie ist die Mitgliederentwicklung und wie sehen die Besucherzahlen aus?
Die Zahl der Mitglieder ist seit langem sehr stabil. Mit rund 1200 Mitgliedern sind wir einer der größten Kunstvereine Deutschlands. Das weiter auszubauen ist auf jeden Fall eines meiner Ziele. Die Besucherzahlen steigen - und zwar deutlich. Im vergangenen Jahr hatten wir 40 000 Gäste. Das sind dreimal so viel wie vor fünf Jahren. Das ist das Verdienst meines Vorgängers Holger Kube Ventura. Er hat das Haus geöffnet für neue Kooperationspartner, etwa die Goethe-Universität, «Open Books» zur Buchmesse oder die «Biennale des Bewegten Bildes».
Sie sind in Italien geboren und haben zuletzt in Florenz gearbeitet. Welche Erfahrungen bringen Sie von dort mit?
In Italien arbeitet man immer in einem Rahmen erschlagender historischer Schönheit. Besonders in Südeuropa gibt es ein Bedürfnis nach kritischem Nachdenken über das Heute - auch wenn dieser Diskurs in den Berlusconi-Jahren auf institutioneller Ebene nur noch wenig praktiziert wurde. In Italien setzen sich zum Beispiel viele Künstler mit dem massiven Flüchtlingsstrom aus Afrika auseinander. Ein Thema, das nun auch immer mehr Deutschland betrifft.
ZUR PERSON: Franziska Nori (46) leitet seit November den Frankfurter Kunstverein. Sie wurde 1968 in Rom geboren, studierte Romanistik, Kunstgeschichte und Kulturanthropologie in Frankfurt. Zuletzt leitete sie die Kunsthalle für zeitgenössische Kunst Strozzina am Palazzo Strozzi in Florenz. Der scheidende Vorstandsvorsitzende des Kunstvereins, Michael Loulakis, nennt sie «eine sehr erfahrene, international hervorragend vernetzte Ausstellungsmacherin und exzellente Kennerin der zeitgenössischen Kunstszene».