Mich hat mal so ein islamistisch-nationalistischer Türke bei einer Veranstaltung von weitem als Marokkaner ausgemacht. Er kam angerannt und sagte wie Kemal aus der Kiste einen Satz: "Andalusien war wirklich das Paradies, in dem alle Religionen friedlich miteinander lebten."
Ich war null auf diese höchstspezifische Nostalgie vorbereitet, lächelte nur und brachte mich in Sicherheit. Ich wollte einfach so gar keine Rolle in Kemals Fantasie spielen, so wie ich mich immer darüber wundere, dass mich deutsche Rechtsextremisten auffordern, zurück in die Türkei zu gehen. Hier wie dort sollte man den Geografie- und Geschichtsunterricht grundsätzlich überdenken.
Ich weiß, dass einige Muslim*innen gerne in den maurischen Traum rund um die Legenden der friedlichen Co-Existenz der Religionen auf der iberischen Halbinsel eintauchen. Dabei ist auch dieses Kapitel der Menschheitsgeschichte geprägt von Kriegen, Vertreibung und Traumata – die bis heute nachwirken. Bei einem Spanienaufenthalt musste ich lernen, dass die öffentliche Ausstellung von Jamón-Ibérico-Keulen bis heute eine christonormative Performance gegen Jüdinnen*Juden und Muslim*innen sei, die ja aus religiösen Gründen auf Schweinefleisch verzichten. Was ist da eigentlich falsch gelaufen in euren Träumen?
Mit dem Schneebesen in Andalusien schwelgen
Nein, nein. Ich verweile da lieber in meiner eigenen andalusischen Fantasie, die ich rund 30 Minuten bei 180°C Ober- und Unterhitze im Ofen backe. Vorher rühre ich aus den besten mediterranen Zutaten einen einfachen Rührteig an: drei Eier, die geriebene Schale aus zwei andalusischen Saftorangen und einer Zitrone, einen Großteil des entsprechenden Zitrussafts, 100 g Zucker, ein Päckchen Vanillezucker, 80 g weiche Margarine, 80 g fein gemahlene Mandeln, ein Päckchen Backpulver, ca. 150 bis 200 g Mehl je nach Beschaffenheit. Also unbedingt mit Gefühl nach und nach durch ein Sieb dazugeben und rühren bis der Teig cremig wird. Den Kuchen in der Backform abkühlen lassen und fünf Esslöffel Saft mit drei Esslöffeln Puderzucker vermengen. Die gebackene friedliche Co-Existenz von iberischen Geschmäckern damit tränken.
Kleiner Tipp für Tagträumer*innen: Seitdem ich den Teig vorsichtig mit einem Schneebesen per Hand rühre, gelingen die Kuchen besser. Das hat damit zu tun, dass der Rührmixer das Gluten im Mehl aktiviert. Der Teig wird so elastischer, der Kuchen dementsprechend zäh. Dann lieber in aller Ruhe, aber ohne jegliche Romantisierung mit dem Schneebesen in Andalusien schwelgen.