Georg Laue aus München hat die "Fratzenkanne" im Angebot, eine filigran aus Elfenbein gearbeitete Skulptur, die 1608 am sagenumwobenen Hof von Kaiser Rudolf II. in Prag entstand. Vergleichbare Arbeiten finden sich sonst nur noch im Kunsthistorischen Museum in Wien. So was verliert nie an Wert. "Ich habe das Gefühl, dass sich die Kollegen richtig ins Zeug gelegt und jetzt das Beste mitgebracht haben, das sie in den letzten zwei Jahren entdecken konnten", sagt Laue. Für ihn ist die Tefaf "die Königin der Messen".
In diesem Jahr findet die Maastrichter Kunstmesse allerdings zu einer ungewohnten Zeit statt, im Juni. Normalerweise läutet sie Anfang März den Frühling ein. Doch jetzt sind es keine Tulpen, die die Besucher am Eingang begrüßen, sondern Sommerblumen. Das kommt daher, dass die Messeleitung im Januar noch davon ausging, dass die Inzidenzen im Juni deutlich niedriger liegen würden, so wie das letztes Jahr war. Aber wieder einmal hat sich gezeigt, dass Corona nicht berechenbar ist.
Maßnahmen gibt es gleichwohl keine mehr: Niemand trägt Maske, überall werden Hände geschüttelt. Sogar der Seifenspender auf der Herrentoilette ist leer. Corona scheint abgeschafft. Die Messe selbst wirkt diesmal luftiger, sommerlicher und stärker an den ästhetischen Gewohnheiten der Jüngeren orientiert. Das ist kein Zufall: Die reinen Altmeistersammler sind fast alle tot. Die jungen Reichen, die vielleicht von der Art Basel aus noch einen Abstecher nach Maastricht machen, kaufen möglicherweise auch mal einen Altmeister, aber eben nicht nur. Deshalb hat sich die Tefaf im Laufe der Jahre verändert, sie ist jetzt breiter aufgestellt, bietet viel mehr zeitgenössische Kunst, Schmuck und Antiquitäten.
"Die Amerikaner kommen"
Cross-Collecting heißt das Stichwort, spartenübergreifendes Sammeln. "Das Allerschönste ist eigentlich, dass man nach Maastricht kommt und sich für ein gewisses Sammelgebiet interessiert und mit drei anderen Entdeckungen nach Hause kommt", sagt der Juwelier Christian Hemmerle aus München, der schon zum 20. Mal mit dabei ist. "Was Maastricht wie keine andere Messe in der Welt schafft, ist, die Begeisterung für ein anderes Themenfeld zu entfachen."
Dieses Jahr sind 242 Aussteller dabei, normalerweise sind es über 270. Zudem ist die Messe jetzt kürzer, sie umfasst nur noch ein Wochenende statt zwei und dauert von Samstag (25. Juni) bis einschließlich Donnerstag (plus einen Tag Vorbesichtigung für geladene Gäste). Mehr war im Plan der Maastrichter Messe nicht machbar. Durch die Verlegung findet sich die Tefaf jetzt im Umfeld der Biennale Venedig und der Documenta wieder, was wohl kein Nachteil sein muss. Nächstes Jahr soll sie aber wieder wie gewohnt im März öffnen.
Für einen Generationswechsel steht auch Messechef Hidde van Seggelen. Er ist 49 Jahre alt und sieht noch deutlich jünger aus. Der Niederländer hat seine Galerie in Hamburg, weil er mit einer Deutschen verheiratet ist. "Ich habe gerade die Nachricht bekommen, dass der Flughafen Maastricht fast voll ist", erzählt er der Deutschen Presse-Agentur. "Das ist immer ein gutes Zeichen. Die Amerikaner kommen!"
"Nur eine Frau kann das malen"
Vorsichtig versucht van Seggelen auch, mehr Diversität in die Messe zu bringen. Es gibt dieses Jahr zum Beispiel mehr Aufmerksamkeit für Werke von Künstlerinnen und Darstellungen von Frauen. Ein Beispiel dafür ist ein Gemälde der italienischen Barockmalerin Giovanna Garzoni. Das von ihr gemalte Jesuskind drängt sich ängstlich an die Mutter - der Betrachter erscheint hier wie ein Fremder, vor dem das Kind instinktiv zurückweicht. "Nur eine Frau kann das so malen", entfährt es einer Messemitarbeiterin.
Einen Gang weiter wird gerade ein überdimensionaler Koffer aufgeklappt, zum Vorschein kommen die "Pappeln bei Nuenen" von Vincent van Gogh. Dieses Stück ist allerdings unverkäuflich, es gehört dem Museum Boijmans van Beuningen in Rotterdam, doch soll es mit Unterstützung der Tefaf restauriert werden. Etwas Großzügigkeit kann nicht schaden. Man ist hier schließlich nicht unter armen Leuten.