hyperweirdkids (Laura Klünter & Mario Mertgen): Mythische Körper (pastfuture)
Laura Klünter & Mario Mertgen
Was geschieht, wenn historische Bildwelten und deren symbolische Formen durch das Kaleidoskop digitaler Sehgewohnheiten rekontextualisiert werden? Wenn Mythos und visuelles Wissen kunstgeschichtlicher Darstellungen erneuert, verändert, simuliert oder vollständig verlassen werden?
Die Konstruktion sozialer Wirklichkeit und ihre Ästhetisierung sind eng verknüpft. Die allgegenwärtige Forderung nach einer Verwässerung der inhärenten Machtverhältnisse, wird hier in eine Sprache digitaler Bildproduktion übersetzt, die letztendlich als Malerei zurück in den physischen Raum wirkt. Die Vorstellung, sich selbst als »Patch Work« zu imaginieren, zu erkennen oder gar zu konstruieren, ist in der Tradition einer Kultur, die den -ganzen-„weißen Mann“, ehrfürchtig als Krone der Schöpfung betrachtet, hochgradig angstbesetzt – dementsprechend verweist die Bildwelt der Arbeiten nicht nur auf emanzipatorische Räume, sondern auch auf ihre Metafiktion.
“zum ersten Mal in unserer Geschichte sind wir in der Lage, unsere Konzepte ohne die Beschränkungen des Physischen zu ordnen“ - David Weinberger
Der zu Grunde liegende Prozess der Werke stellt einen zeigenden, symbolischen Akt der Bildgenese dar, welcher idealisierte Körper mit ihrer eigenen Wirkmacht konfrontiert. Von der Vermessenheit des Apolls von Belvedere, als hochstilisierte nationalsozialistische Inkarnation des Mannes bis hin zur zeitgenössischen Körperkultur, der „Ich-Optimierung“ und Zensur des Internets, zeigt die Methodik ein bis ins Mark erschüttertes Selbstverständnis des Menschen. Werke, Gesten und Figuren „Alter Meister“, politisches Propagandamaterial, sowie Werbung werden stillgelegt, in Einzelbilder zerteilt und unmittelbar durch den Gebrauch digitaler Werkzeuge, Bildarchive und Renderprozesse in die Welt des Designs, des Internets und der Hybridität überführt. Jedes reproduzierte Element wird somit ein autoritärer Teil des neuen Originals, das mit einem leisen Echo auf die Wirkung der Quelle verweist. Eine Archäologie des visuellen Wissens, die sich nicht damit begnügt in kommentarlosem nebeneinander neu zu erscheinen, sondern in jeder Arbeit als beschreibendes, zeitgenössisches Narrativ Raum für Neubewertung schafft.
Pressetext: hyperweirdkids 2022
Die hyperweirdkids sind Laura Klünter (*1999) und Mario Mertgen (*1989). Beide leben und arbeiten in Köln und Düsseldorf.