Der Erfolg des US-Künstlers Jeff Koons wurde lange damit erklärt, dass sich in den polierten Oberflächen seiner Edelstahlskulpturen die Gegenwart so schön spiegele: Nichts ist schmeichelhafter als das Gefühl der Zeitgenossenschaft, und wenn Publikum und Sammler beim Blick auf ein Werk dann auch noch die eigene Silhouette erhaschen, umso besser. Eine völlig andere Dimension bespielt Koons mit einer Arbeit, die gerade erstmals öffentlich in der Pace Gallery in Palm Beach, Florida, gezeigt wird.
"Balloon Venus Hohlen Fels (Magenta)" sieht so spacig aus, als sei sie einem Science Fiction-Film entsprungen, doch führt sie uns nicht in die Zukunft, sondern zurück in die Eiszeit. Die hochglanzpolierte Edelstahlskulptur bezieht sich auf die antike Mammut-Elfenbeinstatuette "Venus vom Hohle Fels", die 2008 in einer Höhle bei Schelklingen in der Schwäbischen Alb entdeckt wurde – und auf ein Alter von 40.000 Jahren geschätzt wird. Damit gilt die rund sechs Zentimeter hohe Statuette als eine der weltweit ältesten Darstellungen des weiblichen Körpers. Venus ist die Göttin der Liebe und des Verlangens, der Koons in anderen Arbeiten seiner "Antiquity"-Serie auch schon bis in die römische und griechische Antike gefolgt war. Und dieser Titel für ein jahrtausendealte Artefakt legt nahe, dass auch Archäologen in Mythen und Stories denken.
Über das Mitbringsel seiner neuesten, weitesten Zeitreise sagt Koons: "Man hat eine Oberfläche, die sich sehr auf den Moment bezieht, und man betrachtet sie, und sie bestätigt einen, und wenn man sich bewegt, verändert sich die Abstraktion. Aber gleichzeitig zieht es einen zurück in die Zeit vor 35.000 Jahren." Liebe vergeht nicht.