Zwei kunstferne Phänomene haben die aktuellen Ausgaben der Frieze in London im Griff: Covid und Brexit. Bei ihrer ersten physischen Ausgabe seit Ausbruch der Pandemie treten die Frieze London und die Frieze Masters mit 276 Ausstellern trotzdem praktisch in voller Stärke an. Im südlichen Zelt des Regent’s Park versammelt die zeitgenössische Frieze London 160 Aussteller inklusive der zwei neuen Sektionen "Editions" und "Unworlding".
Hinter der Wortschöpfung verbirgt sich das Konzept des französischen Kurators Cédric Fauq, der zehn Positionen zusammengestellt hat, die sich um den vieldeutigen Begriff "undoing" der Welt, wie wir sie kennen, drehen. Undoing kann sowohl rückgängig- als auch zunichte- oder wiedergutmachen bedeuten. Als deutscher Neuzugang auf der Messe ist hier Nir Altman aus München mit Susi Gelb und Ndayé Kouagou dabei.
Die Erfolgsstory der Frieze Masters am nördlichen Ende des Parks hängt eng mit der Sektion "Spotlight" zusammen, die Pioniere der Avantgarden des 20. Jahrhunderts beleuchtet. Als einzige deutsche unter 28 Galerien wurde Kornfeld aus Berlin zugelassen, die den schottischen Maler und Performancekünstler Bruce McLean präsentiert.
Der Zugang zu beiden Messen ist über Zeitfenster begrenzt, und es gilt die 3G-Regelung. Für aus dem Ausland anreisende Gäste kommen erschwerend die Einreisebedingungen hinzu, die für Ungeimpfte einen Test vor der Einreise sowie für alle einen weiteren Test nach zwei Tagen im Land zwingend vorschreiben.
Ganz ohne Slot und Ticket lässt sich bereits seit Mitte September die Frieze Sculpture im Regent’s Park mit mehr als einem Dutzend Beiträgen betrachten. Als monumentaler Kommentar zum Zeitgeschehen ist wohl Daniel Arshams "Unearthed Bronze Eroded Melpomene" zu verstehen. Die zumeist weinend dargestellte Muse der tragischen Dichtung ragt nur mit ihrem patinierten Kopf aus dem Rasen und eröffnet in ihrem geborstenen Schädel den Blick in ihr Inneres, in dem kristalline Strukturen wachsen. Ihrer mythologischen Aufgabe, den Menschen durch ihren Gesang neue Kraft einzugeben, wird sie in dem Zustand wohl eher nicht nachkommen können.
Fast wie ein vergessenes Relikt aus Vor-Corona-Zeiten wirkt der Brexit, von dem sich einige den Untergang des britischen Kunstmarkts erwarteten und der zumindest bürokratische Hürden und viel Unsicherheit mit sich bringt. Doch das hält die Frieze nicht ab, zu expandieren. Mit No.9 Cork Street eröffnet parallel das permanente Ausstellungshaus der Frieze mit drei Showrooms, in die sich qualifizierende Galerien einmieten können