Gallery Weekend Berlin

Entdeckungen

Im Frühjahr verhinderte Corona den ganz großen internationalen Aufschlag, und so findet das Gallery Weekend in diesem Jahr erstmalig ein zweites Mal statt. Unter dem Titel "Discoveries" fokussieren die rund 50 teilnehmenden Galerien ab Freitag auf junge Künstler­innen und Künstler. Wir haben drei von ihnen einen Fragebogen zugeschickt: Brook Hsu bei Kraupa-Tuskany Zeidler, Jonas Roßmeißl bei Klemm’s und Alison Yip bei Noah Klink


BROOK HSU

Alter: 34

In welcher Stadt leben Sie und was bedeutet sie Ihnen?

Ich lebe und arbeite in der New Yorker Bronx. In der Stadt finde ich die Einsamkeit in mir selbst und gleichzeitig die Gemeinschaft mit den Menschen. Ohne echte Einsamkeit ist es unmöglich, Kunst zu machen.

Was regt Sie zurzeit auf und was macht Ihnen Freude?

Toxisches Verhalten ist sehr beunruhigend. Natürlich sind es meine Liebhaber, die mir Freude bereiten.

Warum sind Sie Künstlerin geworden?

Ich war schon immer eine Malerin. Aber morgen könnte ich aufwachen und etwas anderes sein. Ich könnte nie wieder malen.

Wo haben Sie studiert und was war dort Ihre wichtigste Lektion?

Am Kansas City Art Institute und in Yale. Man kann studieren und etwas über Kunst lernen. Aber niemand kann einem beibringen, wie man eine Künstlerin wird.

Was wird in der Kunstwelt überschätzt, was unterschätzt?

Erfolg wird überbewertet, oder ich sollte sagen, er wird oft falsch interpretiert. Geduld wird unterschätzt.

Was zeigen Sie beim Gallery Weekend?

Gemälde.

Brook Hsu: "Fictions", Kraupa-Tuskany Zeidler, Berlin, Eröffnung: 15. September, 19 bis 21 Uhr, bis 1. November

 

JONAS ROSSMEISSL


Alter: Jahrgang 1995

In welcher Stadt leben Sie und was bedeutet sie Ihnen?

Ich lebe in Leipzig, doch produziere ich meine Arbeiten überwiegend im ländlichen Raum. Ein Signifikant Leipzigs scheint mir zu sein, dass hier teils andere Vergesellschaftungsbedingungen vorherrschen. Das Verhältnis zwischen Arbeit und der Verfasstheit des Subjekts bricht hier auf seltsame Weise mit der verwalteten Welt. Diese Entrückung birgt eine Neigung zur Lethargie, die es wiederum konstruktiv zu brechen gilt.

Was regt Sie zurzeit auf und was macht Ihnen Freude?

Ich erachte den Affekt des Zorns oftmals als verschwendete Zeit. Die narrative Umwelt verlangt nach unserer Wut. Jedoch ist die Entrüstung der Beobachtung, dem Versuch des Verstehens und des Handelns, meist nicht zuträglich. Freude ist kommodifiziert, allzeit verfügbar und ich mache regelmäßig Gebrauch von ihr.

Warum sind Sie Künstler geworden?

Meinem Verständnis nach kann die künstlerische Praxis Archetypen zukünftiger Arbeitsweisen und Reproduktionsprozesse verwirklichen. Honestly, da ist auch Furcht vor meiner Praxis, würde sie den Waren- oder Dienstleistungsmarkt adressieren.

Wo haben Sie studiert und was war dort Ihre wichtigste Lektion?

An der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Die Revision der Sicherheit.

Was wird in der Kunstwelt überschätzt, was unterschätzt?

Es fällt mir schwer, die Kunstwelt als homogene Entität zu fassen. Was Welt und Kunst betrifft, stehen beide in einer sich stetig vertiefenden Abhängigkeit zur technologischen Infrastruktur. Die Verwertungslogiken und Wahrnehmungsordnungen, die diese Struktur mit sich bringt, verbleiben meist wirkmächtig chiffriert. Zum Punkt der Überschätzung: Ich denke, dass ein Verständnis von Fortschritt beziehungsweise der Innovation, den die Kunst für sich veranschlagt, in der Überschätzung überlebt. Das gestattet ihr überhaupt erst die Setzung spekulativer Werte und Ideen.

Was zeigen Sie beim Gallery Weekend?

Es werden drei skulpturale Cluster zu sehen sein. Ich nähere mich über die historischen Motive des Maschinen- und Bildersturms einer Objektwelt und Facette des Technologischen, welche diese Motive in die Gegenwart wieder einführen. Die Arbeiten scheinen auf den ersten Blick destruktiver Natur zu sein, doch zeugen sie auch von einem Entwurf, die schöpferische Zerstörung zu reformulieren.

Jonas Roßmeißl "Die neue Statik | a new static.", Klemm's, Berlin, 15. September bis 23 Oktober

 

ALISON YIP


Alter: älter

In welcher Stadt leben Sie und was bedeutet sie Ihnen?

Im Moment lebe ich in Köln. Ich bin neu hier und die Stadt hat sich mir gerade erschlossen.

Was regt Sie zurzeit auf und was macht Ihnen Freude?

Es wäre toll, die Antworten auf diese Fragen zu kennen.

Warum sind Sie Künstlerin geworden?

Es war eines der wenigen Fächer, in denen ich nicht durchgefallen bin, und meine Eltern haben mich nicht davon abgehalten, eine Kunstschule zu besuchen. Ich wusste nicht wirklich, was es bedeutet, eine "Künstlerin" zu sein, und als ich dann Jahre später verstand, worum es ging, war es zu spät oder zu entmutigend, um zu etwas anderem zu wechseln. Aber es ist ein Privileg, und ich bin auch glücklich über viele Dinge, die mit dem "Künstlerinnendasein" zusammenhängen.

Wo haben Sie studiert und was war dort Ihre wichtigste Lektion?

Ich habe am Alberta College of Art and Design, der Kunstakademie Düsseldorf und der HFBK studiert. Ich habe viele Dinge gelernt, an die ich mich nicht mehr erinnern kann, aber wahrscheinlich drückt sich das in meiner Praxis aus oder darin, wie ich mit Menschen und Institutionen umgehe.

Was wird in der Kunstwelt überschätzt, was unterschätzt?

Vielleicht ist das eine Frage für einen Kurator.

Was zeigen Sie beim Gallery Weekend?

Ich werde eine Serie von Gemälden auf Laminatfliesen zeigen - Vignetten von zwei parallelen, aber widersprüchlichen Entwürfen meiner eigenen Zukunft. Sie wird in der Galerie Noah Klink zu sehen sein.

Alison Yip: "SOMA TOPIKA", Galerie Noah Klink, Berlin, bis 17. Oktober; Eröffnung: 15. September, 18  bis 21 Uhr