Monopol-Sommer-Tipps

Was wir im Urlaub hören, lesen und schauen

Felix Lefebvre (r) als Alexis und Benjamin Voisin als David in einer Szene des Films "Sommer 85"
Foto: Wild Bunch/dpa

Felix Lefebvre (r) als Alexis und Benjamin Voisin als David in einer Szene des Films "Sommer 85", der am 8. Juli in die Kinos kommt

Die Monopol-Redaktion und ihre Kolumnistinnen und Kolumnisten verraten ihre Lieblings-Ferienbegleiter im Corona-Sommer


Elke Buhr, Chefredakteurin

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Hören:

Die Kunstwelt ist mittlerweile reich an Podcasts, aber "Dialogues" von Lucas Zwirner bleibt bei mir immer erste Wahl. Am besten sind die Episoden, in denen sich der Sohn des Mega-Galeristen David Zwirner zwei Gäste einlädt und dabei Künstlerinnen mit Filmemachern, Kritikerinnen oder Schriftstellern paart. Manchmal ist das Gästepaar kontrovers, wie Beeple und Jordan Wolfson, manchmal erfährt man vor allem viel Neues, wie beim Gespräch zwischen der Künstlerin Simphiwe Ndzube und dem Autor Zakes Mda, die aus sehr verschiedenen Perspektiven auf ihre Heimat Südafrika blicken. Immer aber bringt Lucas Zwirner die Gäste in sympathischer, zurückhaltender Art in einen Dialog.
 

Lesen:

Wenn die eigenen Kinder anfangen, die weiten Diesel-Jeans der späten 1980er-Jahre zu tragen, ist es Zeit, sich der Vergangenheit zu stellen – am besten mit einem kompetenten Autor zur Seite. Hier kann Jens Balzer helfen, der sich vom Pop-Autor zum Spezialist für das moderne Leben im Allgemeinen entwickelt hat und jetzt mit "High Energy" (Rowohlt) das ultimative Buch über die "Die Achtziger – das pulsierende Jahrzehnt" vorlegt. Ja, auch ich hatte mal eine Dauerwelle. Aber ich bin mit dem Trauma nicht allein.
 

Nochmal hören:

Es fehlt noch Musik! In niederländischen Arnheim läuft gerade die Großausstellung Sonsbeek 20-24, die laut Kurator Bonaventure Soh Bejeng Ndikung wie eine Jam Session sein soll. Wer nicht hinreisen kann, kann zumindest mit der mitreißenden und an vielen Stellen unbedingt tanzbaren Playlist zur Ausstellung viel Spaß haben. Und da sage noch jemand, zeitgenössische Kunst sei verkopft! 

 

Sebastian Frenzel, stellvertretender Chefredakteur

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Hören:

Die Musikauswahl auf Radio Cosmo ist total divers, die Moderationen und Wortbeiträge 100 Prozent gutmenschelnd. Und warum auch nicht, Menschen, die was Schlechtes wollen, gibt es schließlich genug.

Lesen:

Peter Richter, Reporter der "Süddeutschen Zeitung", schreibt nicht nur die unterhaltsamsten und intelligentesten Texte zur Kunst, sondern auch super Romane. "August" (Hanser-Verlag) erzählt von zwei deutsch-amerikanischen Paaren, die den Sommer in den Hamptons verbringen und ausgerechnet im Urlaubsidyll in tiefe Lebenskrisen stürzen. Das Setting erinnert an Fitzgeralds "Great Gatsby", die Klaustrophobie an einen Film von Maren Ade. Vielleicht ist die ironische Opposition, mit der Richter die Suche der äußerlich Reichen nach innerem Reichtum (ein zwischen den Strandvillen umherziehender Guru verkauft Yoga, Achtsamkeit, Ayahuasca-Kuren) begleitet, auf Dauer auch keine Lösung. Für einen Sommer aber schon.

Schauen:

Apropos Strandhaus: Frankie (Lily Tomlin) und Grace (Jane Fonda) müssen sich eine Villa am Pazifik teilen, seit ihre Männer ihnen mitgeteilt haben, dass sie seit 20 Jahren nicht nur Arbeitskollegen sind, sondern auch ineinander verliebt. Klar: Frankie (Esoterikerin, Hobbymalerin, Althippie) und Grace (Geschäftsfrau, WASP, Alkoholikerin) könnten unterschiedlicher nicht sein und kommen sich doch immer näher – das ist der Witz und Motor der großartigen, alle menschlichen Makel feiernden Netflix-Comedy "Grace & Frankie".

 

Jens Hinrichsen, Redakteur

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Hören:

Auf nach Malle! Aber statt zum Ballermann ins Teatre Principal in Palma. Dort findet am 8. Juli nämlich ein Gastspiel von Peter Brooks "Tempest Project" statt, das Anfang 2021 in Montpellier uraufgeführt wurde. Wie passend, das auf einem Eiland siedelnde Shakespeare-Drama nun auf einer Insel zu spielen. Leider ohne mich, obwohl ich die jüngste seiner fünf Inszenierungen seit 1957 unheimlich gerne schauen würde. Die vorletzte Deutung des inzwischen 96-jährigen Regisseurs von Shakespeares "The Tempest", die 1990 zum Festival Theaterformen in Braunschweig tourte, hat mich tief beeindruckt. Unvergesslich aber auch die "Sturm"-Vertonung des Komponisten Thomas Adès, die 2004 am Royal Opera House in London Premiere hatte. 2007 gab’s dort ein Revival, für das ich Karten bekam. Mit der damaligen Starbesetzung (Simon Keenlyside als Zauberer Prospero, Cyndia Sieden als koloraturensprühender Ariel, Ian Bostridge als Caliban) wurde auch eine Liveaufnahme produziert. Adès Musik ist voller stürmischer Dissonanzen und sinnlicher Schönheiten. Die 2-CD-Box "The Tempest" wird (nach der Auflösung des EMI-Konzerns) von Warner vertrieben.

Lesen:

2008 sah die Journalistin und Wissenschaftshistorikerin Julia Voss zum ersten Mal Bilder von Hilma af Klint. 2020 veröffentlichte sie die erste Biografie der schwedischen Künstlerin (1862-1944). Af Klint war eine Pionierin der abstrakten Malerei, inspiriert vom theosophischen Okkultismus. Letzteres kann durchaus befremdlich wirken. Aber das ist das Tolle an Voss’ tiefschürfendem, aber flüssig geschriebenen Buch: Sie arbeitet die – lange verschwiegene – Leistung der Künstlerin heraus, ohne ihre zeitgebundenen Voraussetzungen zu unterschlagen. Ohne das Übersinnliche ist Hilma af Klint nicht zu haben. Ihr fantastischer Bilderkosmos ist es wert. (S. Fischer Verlag)

Schauen:

Ich habe ja schon einen Roman empfohlen. Statt also den fesselnden "Underground Railroad"-Roman von Colson Whitehead noch einmal zu loben, mache ich mich daher für die Serienverfilmung von Barry Jenkins stark: In einer Baumwollplantage versklavt, flüchtet die junge Cora um 1850 gen Norden. Das Netzwerk der Underground Railroad hilft ihr dabei – das bei Whitehead und Jenkins zur Untergrundbahn mutiert. Was als Klappentext völlig gaga klingt, wird zur aufregendsten, tiefbewegendsten Story über Variationen der (Un-)Menschlichkeit und Empowerment. Wer hat behauptet, gute Romane ließen sich nicht verfilmen? Barry Jenkins kann’s (Amazon Prime).

 

Silke Hohmann, Redakteurin 

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Hören:

Das Album "Outsider" des französischen Musikers und Produzenten Philipp Cohen Solal ist sommerlich leicht und ein bisschen melancholisch instrumentiert, arrangiert und gesungen, das Besondere aber sind die Texte: Sie bestehen ausschließlich aus den Worten des Outsider-Künstlers Henry Darger, dessen faszinierendes Oeuvre bis zu seinem Tod unentdeckt blieb: Ein mehrere Jahrzehnte umfassendes Epos über eine Kinderarmee, die sich der ausbeuterischen Erwachsenenwelt widersetzt. Seine höchst eigenwilligen, berührenden, zarten wie gewalttätigen Bilder hängen in wichtigen Museen, seinen Texten war bislang wenig Aufmerksamkeit zuteil geworden. Dabei geben sie fantastische Songlyrics ab. Aus Cohen Solals Recherchen wurde auch ein sehenswerter Kurzfilm.

Lesen:

Beim Reisen bleiben mir die kleinen Details in Erinnerung, während ich die wichtigen Fakten (Wann war das? Und wie hieß der Ort?) nicht sorgfältig speichere. Ich achte auf die Café-Bestuhlung, mir bleiben die ideale Beschaffenheit und Temperatur von Getränken sehr lange im Gedächtnis, und ich kehre für irgendein tolles Gebäck immer wieder zurück, ohne dabei ein einziges Mal an Marcel Proust zu denken. Ich freue mich auf die Lektüre von Eckhart Nickels "Von unterwegs" (Piper), dem es ähnlich zu gehen scheint, nur dass er es wunderschön aufschreibt - inklusive der wichtigen Fakten.

Schauen:

"Fabian oder der Gang vor die Hunde" (ab dem 5. August in den Kinos) ist ein ganz großer Filmfavorit. Dominik Graf hat die traurige, schöne, ehrliche, moralische Geschichte von Erich Kästner aufregend verfilmt, Constantin Lieb hat das Drehbuch mit viel lakonischem, zärtlichen Einfallsreichtum geschrieben, Tom Schilling ist hier zu sehen wie noch nie. Die Frage, was man zu tun bereit ist, um irgendwohin zu gelangen, und was man dann will, wenn man da ist, passt gewiss in jede Zeit. Dennoch scheint es eine große Notwendigkeit zu sein, diese Geschichte gerade jetzt zu erzählen, genau so.



Ji-Hun Kim, Kolumnist

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Hören:

Uli Hoeneß, FC Bayern München, Fußball. Das ist Augenbrauen-elektrisierender Reizwort-Engtanz der Champions League und dennoch ist der 14-teilige Mammut-Podcast "11 Leben" vom Sportjournalisten Max-Jacob Ost die Zeit wert, die man wahrscheinlich nur im Urlaub haben wird, um am Stück gehört werden zu können. Ost erzählt anhand der Vita des früheren Elfmeter-Versemmlers, flugzeugabsturzüberlebenden Wurst-Magnaten, Steuerhinterziehers und arroganten Bayern-Großzampanos Hoeneß die Geschichte der Bundesliga, der Bundesrepublik und des Fußballs in Deutschland nach. Er spricht mit zahlreichen Zeitgenossen wie ehemaligen Schulfreunden aus Ulm, Klaus Augenthaler, Lothar Matthäus und Co. und schafft es tatsächlich, nicht nur eine persönliche, sondern die wohl umfassendste Geschichte über den bayrischen Halbgott Uli überhaupt zu erzählen. Mit einleuchtenden historischen Einordnungen, Fanboy-Augenzwinkern, aber auch ungebrochener Persistenz, die man als Herzblut-Journalist:in haben muss. Eine beeindruckende Arbeit, die auch, oder gerade, UEFA- und FIFA-Hassern eine ganz besondere Sicht auf diese doch immer wieder zu wichtige Nebensache namens Fußball bringt. 


Lesen:

Michelle Zauner ist Songwriterin und Musikerin in der Band Japanese Breakfast und hat ihr erstes Memoir geschrieben, das es überraschend dieses Jahr auf den Spitzenplatz der "New York Times"-Bestsellerliste geschafft hat und demnächst sogar verfilmt wird. In "Crying in H Mart" erzählt Zauner, wie sie ihre Mutter verlor, die 2014 an Krebs gestorben ist, aber durch koreanisches Essen und dessen Nachkochen ihren Geist weiterleben lässt. Dass Kimchi so viel mehr ist, als nur ein auch hierzulande gehyptes halbgutes Kraut in veganen Supermarkten (sorry to say, aber in echtes Kimchi gehören Anchovisoße und fermentierte Krabben oder wer’s hat sogar Austern) und inwiefern gelebte Esskultur für unserer aller Leben und Biografien von Bedeutung ist. Eine intime und eindringliche Erzählung über Mutter-Tochter-Beziehungen, Leben wie Tod, und dass der Magen neben dem Herzen der vielleicht wichtigste Liebesrezeptor bei uns Menschen ist. 


Schauen:

Nachdem meine visuellen Neuronen im letzten Jahr so flach und zweidimensional wie mein Fernseher geworden sind, war der Besuch der Retrospektive von Phyllida Barlow im Münchener Haus der Kunst nicht nur eine erfreuliche Abwechslung und mein erster Museumsbesuch seit – Sie wissen schon –, sondern auch eine der faszinierendsten Erfahrungen, die ich in diesem Jahr machen konnte. Die britische Bildhauerin erzählt mit ihren Arbeiten großartige, kritische und auch humorvolle Geschichten, weiß den alten Nazibau mit farbenfrohen Spaces und unfassbaren Volumina zu füllen und zu bespielen, und arbeitet dabei mit einfachsten Materialien, die man aus dem Baumarkt kennt. Barlow ist aber auch Punk. Nicht nur, indem sie souverän die Männerdomäne Bildhauerei subversiv aber nie vordergründig hinterfragt, sondern auch für den monetären Kunstsammlermarkt völlig inkompatibel ist. Ihre Werke muss man schlichtweg persönlich erfahren, sonst existieren sie nicht. 


Franziska von Oppenheim, Praktikantin Redaktion

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Hören:

Ich höre nur phasenweise Podcasts oder Musik. Am liebsten auf langen Autofahrten. Ansonsten bin ich immer froh, wenn Stille einkehrt bei all dem Trubel um uns herum. Wenn ich dann aber einen Song gefunden habe, der mir gefällt, höre ich ihn in Dauerschleife. Dann wünschen sich wahrscheinlich meine Mitmenschen diese Stille. Gerade ist es ein Song von meinem Kumpel Daniel (alias KAVA) und Jillis (alias LILLE): "Paradies"

Lesen:

Beim Lesen der 30 Kolumnen von Nina Kunz in "Ich
denke, ich denke zu viel" (Kein & Aber) hatte ich durchgehend folgendes Gefühl: Ich sitze mit meinen besten Freunden und einer guten Flasche Wein irgendwo an einer Uferpromenade. Viel zu spät und ohne ein Ende in Sicht werden Ängste und Sorgen ausgetauscht und gemeinsam gefühlt. Leise sitze ich da, lausche den Diskussionen und stimme heimlich kopfnickend, aber eben auf meinem Sofa, zu. Es geht um Liebeskummer, um die von der "Bravo Girl" geschaffenen Frauenbilder (möglichst hübsch, dünn und still zu sein), mit denen wir groß geworden sind und um Kurzschluss-Aktionen, welche ein schlecht gestochenes Tattoo hinterlassen, jedoch auch ein bestimmtes Lebensgefühl. Zu jeder Kolumne gibt es passende Zitate, welche unsere Alltagssorgen etwas intellektueller erscheinen lassen.

Schauen:

Da meine Stimmung bei den meisten Serien zu lange zu sehr fremdbestimmt wird, lasse ich in der Regel die Finger davon. Lieber schaue ich Filme. Zuletzt "Kill Bill Vol.1 und Vol.2". Die viel zu extremen Soundeffekte sind nach zehn Jahren urkomisch und die noch normal langen Szenensequenzen verschonen einen vor Schwindelattacken. Erst gerade verriet Quentin Tarantino, dass er an einem dritten Teil herumüberlegt.



Leonie Claire Recksiek, Social-Media-Managerin
 

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Hören:

Gewohnt verstörend lächelt uns die Teletubby-Crew vom Cover der meiner Meinung nach besten Spotify-Playlist aller Zeiten zu – "depri ibiza antifa". Kuratiert von Journalist*in Hengameh Yaghoobifarah aka Habibitus ist der Soundtrack meines Sommers 2021. Die Playlist vereint all das, was mein Europop liebendes 90er-Jahre-Kind-Herz höher schlagen lässt. Zugegeben, mein Musikgeschmack ist etwas speziell, doch die Playlist wurde bereits Road-Trip-erprobt und dabei nicht nur von mir als überragend befunden. Wem die Musik von Gigi D’Agostino, DJ Sammy und Co. dann doch ein bisschen zu viel ist, kann sich auch einfach Hengamehs Podcast "Auf eine Tüte" anhören; der ist auf jeden Fall genauso hörenswert – versprochen!

Lesen:

Wie das wohl in meinem Freund*innenkreis wäre, wenn wir uns schonungslos ehrlich Frage und Antwort stehen würden? Also so richtig. Ohne höfliche Zurückhaltung. Frei von Angst und der Sorge, sich durch zu viel Geradlinigkeit in eine hochgradig unangenehme Situation zu manövrieren. Die vier Freund*innen Jennifer Beck, Fabian Ebeling, Steffen Greiner und Mads Pankow haben es ausprobiert. Der intime Selbstversuch der Autor*innen von "Liebe, Körper, Wut & Nazis" (Klett-Cotta) ist persönlich, aufrichtig, mutig. Ein Buch, das dazu anregt, mehr Interesse für die Gedanken- und Gefühlswelt seines Gegenübers aufzubringen und sich selbst zu reflektieren.

Schauen: 

Schon lange ist "Love Reality" für mich mehr als ein guilty pleasure; es ist zu meiner Obsession geworden. Mit dem neuen Dating-Format "Princess Charming" ist es nun vollkommen um mich geschehen. Seitdem ich die ersten sechs Folgen gebingewatched habe, leide ich unter massivem Schlafmangel. Und so langsam machen sich auch erste Entzugserscheinungen bemerkbar – eine Folge pro Woche ist definitiv zu wenig, TVNOW! "Princes Charming" ist einfach großartig! Nicht nur, weil es die erste Dating-Show ist, die sich an lesbische Frauen richtet. Das Format geht weit über die Grenzen von Heteronormativität hinaus und schafft so Sichtbarkeit für queere Menschen, ganz gleich welcher Geschlechtsidentität und sexuellen Orientierung. Auf individuelle Weise zeigen die Kandidat*innen wie die Teilnahme an "Love Reality" mit Offenheit, Respekt und Freude gelingen kann. Gerne mehr davon.


Donna Schons, Autorin/Social Media Managerin

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Hören:

Viel zu spät habe ich das digitale Angebot der öffentlichen Bibliotheken Berlins entdeckt. Aktuell habe ich Ocean Vuongs biografisch-poetische Novelle “On Earth We’re Briefly Gorgeous” und Anna Tsings vielsporigen Essay “The Mushroom at the End of the World” als Hörbücher ausgeliehen – zwei wunderbare Wegbegleiter auf der Fahrradfahrt zum Badesee.


Lesen:

Weil ich die Heldenreisen und große Showdowns ziemlich langweilig finde, habe ich mich lange von Science Fiction ferngehalten. Zum Glück beweisen feministische Stimmen schon seit Anbeginn des Genres, dass spekulatives worldbuilding auch fernab dieser erzählerischen Tropen funktionieren kann. Momentan lese ich mit Begeisterung Ursula le Guins Roman “The Disposessed”, der im intergalaktischen Raum an politischen Ideologien rüttelt.


Schauen:

Apropos Sci-Fi: In Slava Tsukermans New Wave-Klassiker “Liquid Sky” geht es um eine Alien-Kreatur, die von Heroin und beim Orgasmus freigesetzten Endorphinen angezogen wird. Brandaktuell ist das Porträt des queeren New Yorks zu Beginn der 80er-Jahre nicht gerade, aber die Dekade feiert ja gerade immerhin ihr Comeback. Grund genug, sich diesen Film voller großartiger Bilder und mittelklassiger Schauspielleistungen anzuschauen, dessen Neonschilder, geometrischen Make-Up-Looks und Dachterrassen vor der nächtlichen Skyline allen Abgründen zum Trotz Lust auf Sommer in der Großstadt machen.


Saskia Trebing, Online-Redakteurin

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Hören:

Kurz nach Verkündung des zweiten Lockdowns Ende Oktober 2020 habe ich mich noch einmal allein (und bereits mit leicht schlechtem Gewissen) zu Miranda Julys "Kajillionaire" ins Kino geschlichen. Der Film war auf eine verschrobene Miranda-July-Art ein bisschen zu wohlfühlig, aber der vorwiegend instrumentale Soundtrack von
Emile Mosseri hat mich durch den Winter begleitet und funktioniert, wenn man nicht gerade einen Hüftschwing-Sommerhit braucht, auch in wärmerer Jahreszeit. Die Stücke sind gleichzeitig getragen und leicht flatternd neurotisch, mit sparsamen Beats und schüchternen Streichern. Angel Olsens Version des Bobby-Vinton-Schmachtfetzens "Mr. Lonely" ist gleichzeitig unterkühlt und aufrichtig sehnsüchtig, was den Gefühlszustand der letzten Monate ziemlich gut auf den Punkt bringt.   

Lesen:

Ein Buch reicht hier leider nicht, weil ich gerade auffällig viele Romane gelesen habe, die so gut waren, dass mir beim Verschlingen ab und zu vor Begeisterung und Ehrfurcht leicht schwindelig wurde (die schlechten versuche ich meist zu verdrängen). Zuletzt bezaubert von "Girl, Woman, Other" von Bernadine Evaristo (Penguin), "Identitti" von Mithu Sanyal (Hanser), "Nelly B.s Herz" von Aris Fioretos (Hanser) und "Triceratops" von Stephan Roiss (
Kremayr & Scheriau).

Schauen:

Benjamin Ree gehört zu den interessantesten europäischen Dokumentarfilmern. Sein Porträt über das norwegische Schachwunderkind Magnus Carlsen ("Magnus") ist ein Muss für alle Fans des "Damengambit", und sein neuester Film "Kunstneren og tyven" ("The Painter And The Thief", Amazon), wurde gerade zum viertbesten norwegischen Film aller Zeiten gewählt. Darin trifft die Malerin Barbora den Junkie Bertil, der Werke von ihr aus einer Osloer Galerie gestohlen hat - und sich angeblich an nichts erinnert. Sie will ihn malen, er fasst Zutrauen, und der Film droht anfangs eine vorhersehbare Rettungsgeschichte zu werden. Doch Ree lässt die Story immer wieder neu und aus verschiedenen Perspektiven beginnen. In der Kunst wie im Leben gibt es keine einfachen Wahrheiten.   


Daniel Völzke, Leitung Online

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Hören:

Ich höre grade den Backkatalog von Diego Lorenzini durch, ein junger Liedermacher aus Chile. Er hat in Santiago Kunst studiert, arbeitete laut Wikipedia auch eine Weile lang in deutschen Galerien (bei welchen genau?), macht Kurzfilme und ist ein wunderbarer Illustrator. Manche seiner Songs sind ganz schön krude, aber "Sexo Amateur" ist mein absoluter Sommerhit, so komplex und trotzdem einfach, ein kleines Meisterwerk.

Lesen:

Frank Steinhofer, der als Reporter unter anderem für den "Spiegel", die "Süddeutsche" und für Monopol schreibt, hat sein erstes Buch veröffentlicht: "Das Terrain", erschienen in einer liebevoll gestalteten Ausgabe im Secession-Verlag, handelt von einem Hamburger Architekten, der für eine mexikanische Kunstsammlerin ein Museum im Dschungel bauen soll. Den Wunsch nach einer Versöhnung von Kultur und Natur in lateinamerikanischen Regenwäldern kennen wir schon aus der deutschen Sehnsuchtsgeschichte: Von Alexander Humboldt über Werner Herzog und Christoph Schlingensief bis zu Daniel Kehlmann wurde dieser Traum und sein Scheitern immer wieder neu aufgeführt. Frank Steinhofer erzählt eine packende zeitgenössische Version dieser Idee, voller Wissen über Gegenwartskunst und Mexiko. 

Schauen:

Offenbar will Regisseur Luca Guadagnino doch keine Fortsetzung von "Call Me By Your Name" drehen, also nehmen wir alles, was die Zutaten Sommer, Süden, 80er, Romanze, Jugend enthält: François Ozons "Sommer 85", der am Donnerstag in den deutschen Kinos anläuft, hat bislang gemischte Kritiken erhalten, aber vielleicht schaue ich ihn trotzdem. Die Verfilmung von Aidan Chambers Roman "Dance On My Grave" von 1982 ist allerdings ein bisschen düsterer als der zwar tragische, aber angenehm ereignislose Plot von "Call Me By Your Name", den ohnehin niemand von der Spitze aller Sommerfilme vertreiben kann.



Anne Waak, Monopol-Stilkolumnistin

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Hören:

Der aufwendig produzierte Podcast "Cui Bono – WTF happened to Ken Jebsen" zeichnet den langen Abstieg der Berliner Lokalradio-Moderatorengröße Ken Jebsen zum einflussreichsten Verschwörungsmystiker Deutschlands nach, von 9/11 bis ins Jahr der Großen Seuche, in dem sein Ruhm explodierte. Mehr als ein hübsches Detail: Der Sechsteiler ist nach dem "Arschgeweih der Verschwörungstheorie" (Sascha Lobo) benannt – cui bono – und fragt einfach mal zurück, wer eigentlich von dem gefährlichen Irrsinn profitiert. 

Lesen:

Am 8. Juli erscheint "Others People's Clothes", der Debütroman von Calla Henkel. Zusammen mit Max Pitegoff gehört sie zu dem Künstlerduo, das Mitte der Zehnerjahre das experimentale New Theatre betrieb, mit seinen Stücken eine Weile den Grünen Salon der Volksbühne bespielte, heute hinter der Bar TV steckt und in diesem Jahr auf der Shortlist des Preises der Neuen Nationalgalerie stehen. Das Buch spielt im Berlin des Jahres 2010, wo eine US-amerikanische Kunststudentin eine Auszeit nimmt. Klingt erstmal maximal gewöhnlich, aber das Ganze wächst sich zu einem Thriller aus, auf dessen Lektüre ich gespannt bin.

Schauen:

Bis im Winter endlich die dritte Staffel von "Succession" (Amazon), der unzweifelhaft besten und bösesten Serie der vergangenen Jahre läuft, schaue ich mir einfach immer wieder die bereits existierenden Folgen an. Es geht um einen Rupert Murdoch-artigen Medienmogul in New York und dessen vier aufs Unterhaltsamste beschädigte Kinder (Drogensucht! Spezielle sexuelle Vorlieben! Verkommenheit und Realitätsverlust wegen Stinkreichtum!), die ihm nach der Macht trachten. Jede einzelne Folge ist so großartig geschrieben und voller scharfer, schneller Dialoge, dass die Serie bei jedem Sehen noch besser wird. Das geht übrigens auch auf YouTube, wo es die besten Szenen ("Coldest Insults", "Kendall Rapping") zusammengeschnitten zu sehen gibt.