Streaming-Tipps

8 Filme, die sich jetzt lohnen

Die Autorin Fran Lebowitz vermisst "ihr" New York, David Bowie verabschiedet Ziggy Stardust und künstliche Intelligenz verändert die Kunst: Unsere Streaming-Tipps für diese Woche


Die Öl-Hölle auf Erden

Wenn während der Pandemie ein enorm wichtiges Thema untergegangen ist, dann ist es die Verschmutzung unserer Umwelt und der damit einhergehende Klimawandel. Schon längst befinden sich die beteiligten Staaten des Pariser Klimaabkommens nicht mehr auf dem Kurs, mit dem das Ziel von maximal 1,5 Grad Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter erreicht werden könnte. Der Dokumentarfilm "Dark Eden - Der Albtraum vom Erdöl" macht dies auf beklemmende Art deutlich.

Die Filmemacherin Jasmin Herold begab sich für unbestimmte Zeit in das kanadische Fort McMurry, um eine Dokumentation über das weltweit größte Öl-Abbaugebiet zu drehen. Doch diese kuriose Stadt mit ihrem desillusionierten Pragmatismus hat die Eigenschaft, Menschen in ihren Bann zu ziehen. Auch Herold, die hier ihre große Liebe fand, beginnt an diesem verlorenen Stückchen Erde ein scheinbar normales Leben. So wurde aus der Reportage eine bewegende persönliche Geschichte. Denn immer wieder werden die enormen Auswirkungen vom Abbau des "schwarze Golds" spürbar, die nicht nur weitläufig die Umwelt zerstören, sondern auch gesundheitliche Schäden bei Menschen und Tieren verursachen. Getrieben von der Öl-Lobby, die aus der Katastrophe enorme Profite schlägt, ist jedoch vorerst keine Erlösung für diese Hölle auf Erden in Sicht.

Jasmin Herold und Michael Beamish "Dark Eden", bpb Mediathek


Was macht die KI mit der Kunst?

Maschinen, die vermeintlich Kunst machen, gibt es schon seit Jahrhunderten. Aber mit dem rasanten Voranschreiten der technischen Möglichkeiten spielen Algorithmen und elaborierte Roboter eine immer größere Rolle in der Kreativbranche. Ist das das Ende des Künstlergenies? Oder eher ein Medium von vielen, das der Mensch nach seinem Willen formen und nutzen kann?

Dieser Frage geht die neue Dokumentation "Reload für die Kunstwelt" nach. Die Filmemacherin Frau Schlieckau trifft Künstlerinnen und Künstler, die Maschinen für sich arbeiten lassen. Zu Wort kommen unter anderem die Kollektive Forensic Architecture und Rimini Protokoll sowie die Künstler Mat Collishaw und Trevor Paglen. Außerdem wird "AI-Da" vorgestellt - der nach Angaben seiner Schöpfer menschenähnlichste Kunst-Roboter, der trotz ausgefeilter Technik ziemlich konventionell aussieht und künstlerisch noch einmal alle Stadien der Abstraktion durchmacht, die die Kunstgeschichte so hergibt.

"Reload für die Kunstwelt", 3-Sat-Mediathek, ab Samstag, 16. Januar

 

Das Porträt einer Generation

Mit dem Fall der Mauer wurde das Berlin der Wendezeit zum Zentrum der Techno- und Rave Kultur. DJs und Clubs gediehen gefühlt an jeder Ecke und die hedonistische Feierkultur war Flucht aus dem realen Leben in einem kaputten System. Diese neue Welle des Freiheitsdrangs erreichte auch das nicht weit entfernte Leipzig.

So beschreibt der Film "Als wir träumten", nach dem Debütroman von Clemens Meyer, diesen Epochenumbruch der Nachwendezeit. Die Jungs-Clique Dani, Mark, Rico und Pitbull ist in Leipzig aufgewachsen, und auf einmal ist alles anderes. Die DDR ist weit weg und Leipzig erscheint plötzlich wie die ganze Welt mit unbegrenzten Möglichkeiten. Planlos leben die vier jungen Männer in den Tag hinein und fühlen sich, berauscht von ihrer Jugend, stark und unbesiegbar. Mit der Eröffnung ihres eigenen Underground Clubs "Eastside" scheint es, als wäre das die beste Zeit ihres Lebens. Doch die lokale Nazi-Szene und andere Probleme holen die Hauptfiguren schnell auf den Boden der Tatsachen zurück. Der Soundtrack des Films mit einer Mischung aus damaligen und aktuellen Tracks verstärkt die Sehnsucht nach Unbeschwertheit.

"Als wir träumten", ARD Mediathek, bis 18. Januar


Happy Birthday, Wikipedia!

Zwar sagen wir umgangssprachlich, dass wir mal schnell "etwas googeln" wollen, in den meisten Fällen landet man bei offenen Fragen aber im Netz-Lexikon Wikipedia, das mit dem Prinzip der Schwarmintelligenz das Wissen der Welt zusammenträgt und unser Verhältnis zu verfügbaren Informationen und Bildern grundlegend verändert hat. Auch Kunstwerke sind inzwischen - teilweise rechtefrei - zu jeder Zeit und überall auf der Welt, verfügbar, wo es einen Internetanschluss gibt.

Nun wird die Plattform, die inzwischen über 50 Millionen Artikel über Pop-Phänomene, historische Persönlichkeiten oder seltene Tierarten von veschiedensten Autorinnen und Autoren angesammelt hat, 20 Jahre alt. Zum Geburtstag sendet die ARD die Dokumentation "Das Wikipedia-Versprechen", die die Erfolgsgeschichte der Idee des Gründers Jimmy Wales nachzeichnet, das Wissen der Menschheit demokratisch und spendenbasiert ohne Werbung für alle zugänglich zu machen. Der Film fragt auch, ob sich dieses Versprechen eingelöst hat - und was die Plattform gegen politisch motivierte Desinformation und eine einseitige, westlich und männlich geprägte Weltsicht tut.

"Das Wikipedia-Versprechen - 20 Jahre Wissen für alle?", ARD-Mediathek, bis Januar 2022

 


Fran Lebowitz sehnt sich nach einem verlorenen New York

Fran Lebowitz ist genervt: Von den Menschen die ihr im Weg stehen und auf ihr Handy starren, von den unverschämt teuren Preisen des Kunstmarktes, von den Touristen am Time Square und der stinkenden Subway. Lebowitz ist New Yorkerin durch und durch. Die Intellektuelle kam mit 19 Jahren aus New Jersey in die Großstadt, im Gepäck den Traum, Autorin zu werden. Bevor sie für die renommiertesten Zeitschriften der Welt arbeitete, wie Andy Warhols "Interview Magazine", "Mademoiselle" und "Vanity Fair", kämpfte sie sich als Taxifahrerin, Gelegenheitsschauspielerin, Straßenverkäuferin und Reinigungskraft durch. Spätestens mit ihren Büchern "Metropolitan Life" (1978) und "Social Studies" (1981) gelang ihr der Durchbruch, von dem Sie auch heute noch zerrt.

In der neuen Netflix-Serie "Pretend It's a City" von Regisseur Martin Scorsese kann man der Flaneurin jüdischer Abstammung sechs Folgen lang beim schlauen Schimpfen zuhören, denn im Laufe der Jahre entwickelte sich eine Hassliebe zwischen ihr und New York City. Die Serie ist deshalb nicht nur ein humorvolles und selbstironisches Porträt der Schriftstellerin, sondern auch eine Art persönlicher New-York-Reiseführer, der Themen wie Reichtum, Tourismus und die Veränderung von Stadtteilen behandelt. So berichtet die 70-Jährige vom Verlust einer Stadt, die es heute nicht mehr gibt.

"Pretend It's a City", auf Netflix


Ein Streifzug durch die Kunstgeschichte Indiens

B.N. Goswamy gilt als einer der bedeutendsten Kunsthistoriker und -kritiker Indiens. Er ist führender Forscher auf dem Gebiet der indischen Miniaturmalerei und Spezialist für Pahari-Gemälde. Die indische Regierung verlieh ihm für seine Forschung die Auszeichnung des "Padma Shri" und des "Padma Bhushan", die viert- und dritthöchste zivile Auszeichnung des Landes.

Der Film " The Museum of Imagination" ist eine originelle Nachzeichnung des Leben und der Forschung Goswamys. Der Filmemacher Amit Dutta visualisiert durch abwechselnde Sequenzen von Gesprächen mit dem Gelehrten und stillen Momentaufnahmen indischer Kunst und Architektur die Ideen und Gedanken des Historikers.

Amit Dutta "The Museum of Imagination", auf Mubi


 

Die letzte Nacht mit Ziggy Stardust

Am 10. Januar war es genau fünf Jahre her, dass David Bowie für die allermeisten Fans völlig überraschend verstarb. Zu Ehren des musikalischen Gestaltenwandlers und Gesamtkunstwerks zeigt Arte den Dokumentar- und Konzertfilm "Ziggy Stardust and The Spiders From Mars" (1973) von Regisseur D. A. Pennebaker in einer restaurierten Fassung von 2003. Darin begleitet der Filmemacher David Bowie beim letzten Konzert seiner Kunstfigur Ziggy Stardust mit der Band Spiders From Mars, bevor der Musiker den glamourösen Außerirdischen beerdigte. Die hochästhetischen 90 Minuten sind purer Glam-Rock-Eskapismus in einer sehr Glamour-armen Zeit. Und erinnern zudem daran, wie sehr Live-Konzerte fehlen.

"Ziggy Stardust and The Spiders From Mars", Arte-Mediathek, bis 13. Februar


Allein im Museum

"Aktivierung" ist ein aktuelles Zauberwort des Museumsbetriebs. Normalerweise ist damit gemeint, dass Ausstellungen von einem Performanceprogramm begleitet wird und das Publikum einzigartige Erfahrungen im Museum machen kann. Mit dem Publikum ist das im Lockdown eher schwierig, deshalb weichen viele Häuser auf Performances für die Kamera aus, die vom heimischen Sofa aus gestreamed werden können. Empfehlenswert sind beispielsweise die "L.A. Intersections: Music, Language, Movement" aus dem Broad Museum für zeitgenössische Kunst in Los Angeles. Dafür bringen lokale Künstlerinnen und Künstler ihre Songs, Lyrik und Tanzperformances in die geschlossene Ausstellung. Und im Hintergrund der einsamen Aktivierung ist sogar noch ein bisschen Kunstwerke Anschauen möglich.

Wer es am Winterwochenende ein bisschen besinnlicher möchte, kann nach Dresden schauen: Aus dem dortigen Hygienemuseum gibt es Harfenkonzerte auf Youtube zu sehen.

"L.A. Intersections: Music, Language, Movement", The Broad From Home