Galerienrundgang

9 Ausstellungs-Highlights aus Düsseldorf und Köln

Mit dem Galerienfestival DC Open starteten im Rheinland 50 Galerien mit neuen Ausstellungen in den Kunstherbst. Welche Shows stachen heraus?

Mélange

Um Liebe in Zeiten des Spätkapitalismus und die Suche nach einer Gefühlsordnung jenseits von Konsumlogiken geht es in Sylbee Kims erster deutscher Einzelausstellung "Catacombs of Love". Unterlegt von lizenzfreiem Videomaterial formuliert die südkoreanische Künstlerin in "A Sexagesimal Love Letter" ein Liebesbrief in 59 Paragraphen und fragt in ihren Videoessays unter anderem: "We wrote history like disaster stories, but what if the future were a love poem?" Die Oberflächen dieser Schau sind spiegelglatt und undurchdringlich: Zwei in der Ecke des Raums angebrachte Flatscreens spiegeln die Inhalte ihres jeweils gegenüberliegenden Bildschirms, grüner kinetischer Sand wird als Greenscreen zur Projektionsfläche und am Fußboden steht ein Luftballon zweier glänzender Delfine, die sich im Kuss vereinend ein Herz formen.

Bis 27. September, Ebertplatz 23, 50688 Köln
 

Braunsfelder

Im Zeitalter der technologischen Reproduzierbarkeit wohnt dem künstlerischen Streben nach Exaktheit eine tragische Romatik inne, wird doch die gemalte Linie niemals so gerade, die gepinselte Fläche nie so ebenmäßig sein wie ihr maschinell gefertigtes Ebenbild. Mit dieser Begebenheit spielen sowohl der Belgier Laurent Dupont als auch die Amerikanerin Lisa Jo, die Kurator Tenzing Barshee in seiner Ausstellung "A cover up" in der Privatsammlung Braunsfelder zusammenführt. Jos großformatige Ölgemälde basieren auf Bildern, die die Künstlerin zuvor auf ihrem iPad gemalt hat und übersetzen die distinkte Formsprache der digitalen Malerei zurück ins Analoge. Dupont ist vertreten mit einer Reihe Pappkartons, die er in Brüssel auf der Straße aufgesammelt und deren verblichene Aufdrucke er mit Acrylfarbe aufgefrischt hat. Die Falafel-Boxen, Glückskeks-Kartons und Kisten aus dem Europäischen Parlament formen gemeinsam eine Kartografie des Stadtraums und positionieren den Pinsel als ein Instrument der restaurativen Fürsorge. 

Bis 17. Oktober, Geisselstraße 84-86, 50823 Köln
 

Drei

Um Reproduktion und Wiederholung geht es auch in der von Gastkuratorin Kathrin Bentele konzipierten Show "A Restless Rendition". Yuki Kimuras Readymades setzen sich mit serieller Produktion auseinander: Ineinander gestapelte Metalltabletts verschiedener Größen erinnern an Duchamps Rotoreliefs, 136 Flaschen Jägermeister in allen 13 käuflich erwerbbaren Größen formieren sich zu Strukturen, die wie das Modell eines futuristischen Bauprojekts anmuten. Loretta Fahrenholz schneidet auf YouTube gefundenen Adaptionen des experimentellen Kurzfilms "Mashes of the Afternoon" zusammen und formt so eine kollektive Variante des avantgardistischen Klassikers von 1943. Stuart Crofts Video "Drive In" mutet zunächst an wie eine Szene aus einem Hollywood-Film: Eine Frau erzählt ihrem Beifahrer auf einer nächtlichen Autoreise einen Seemannsgarn von einer paradiesischen einsamen Insel. Doch die Geschichte entpuppt sich als Loop, der sich immer wieder um sich selbst windet. An welchem Punkt beginnt die Endlosschleife zu stottern und glitchen? In Angharad Williams Ölmalerei eines linierten Stücks Papier nehmen die rekursierenden Worte "oh exstasy" neue Formen an: "oh egsdasee, aw ecstasi."

Bis 31. Oktober, Jülicher Straße 14, 50674 Köln
 

Parkhaus im Malkastenpark

Für seine Kammerspiel-Ausstellung "Getting Married in the Morning" lässt Moritz Krauth in einem Video seine Eltern von Christian Krachts Bildungsroman “Faserland” inspirierte Szenen nachspielen. Auf dem Ehebett liegend sinniert die Mutter über Heterosexualität; der Vater verpatzt zwischendurch seinen Einsatz und fordert: "Scheiße, nochmal!"; der Sohn huscht mittendrin ins Bild, um eine Gardine gerade zu zupfen. Die täppische Unbeholfenheit, die bei dem Aufeinandertreffen von künstlerisch-queerer Ausdrucksform und traditioneller Häuslichkeit entsteht, ist berührend und liebenswert.

Bis 19. September, Jacobistraße 6a, 40211 Düsseldorf
 

Gemeinde Köln 

Nicht offiziell Teil der DC Open, aber unbedingt sehenswert ist Amelia Umuhires Einzelausstellung in der Gemeinde Köln. Die in Ruanda geborene und am Niederrhein aufgewachsene Künstlerin zeigt neben Kurzfilmen und ihren Visuals für Lauryn Hills Jubiläumstournee 2018 auch Episoden ihrer Webserie Polyglot. Bei WG-Abenden, dem Flechten von Cornrows und Gesprächen über den Gangsterrapper Sido (“he took off the mask, he has a wealthy belly, he’s middle class now”) vermitteln Umuhires Charaktere Einblick in diasporische Lebensrealitäten und begeben sich auf die Suche nach einer transnationalen Form von Heimat. Die Intimität und Wärme der Videos spiegelt sich in der Installation: Der kleine Projektraum in der U-Bahn-Unterführung am Ebertplatz ist in orangenes Licht getaucht, die Besuchenden hocken und sitzen am Boden vor flimmernde Röhrenfernsehern.

Bis 4. Oktober, Ebertplatzpassage, Laden 7, 50668 Köln
 

Natalia Hug

Peter Bonde betrachtet seine Gemälde als Objekte. Im Zuge seines Installationsprozesses dienen sie als Materialien, mit deren Hilfe er immer wieder neue Räume erschafft. Festmontiert an Stangen und abgestellt auf Rollbrettern dienen sie mitunter als Handtaschenständer und treten dank strategisch eingesetzter Spiegelelemente miteinander in Dialog. Auch mit seinen künstlerischen Inspirationen geht er erfrischend nüchtern um: Die Stangen hat er sich von Cady Noland entliehen, seine Leinwände zieren Namen von Malerkollegen wie Robert Gober.

Bis 17. Oktober, Jülicher Straße 14, 50674 Köln
 

Zarinbal Khoshbakht

"Huge if True", dieser Mem-Ausdruck steht emblematisch für einen postfaktischen Umgang mit Informationen und Narrativen. Als Ausstellungstitel ist es eines der zahlreichen spannenden Zitate, die René Kemp in seiner Einzelausstellung bei Zarinbal Khoshbakht eklektisch aneinanderreiht. In seinen Zeichnungen treffen beispielsweise ornamental hermits, die im 19. Jahrhundert den Hofstaat durch ihre Exzentrik schmücken sollten, auf Charles Manson, der totale Paranoia mit totalem Bewusstsein gleichsetzte und bereits in den 70er-Jahren einen Bedeutungsverlust der Verrücktheit diagnostizierte, da mittlerweile jeder verrückt sei. Essayistisch und assoziativ fragt Kemp, was mit der kulturellen Psyche passiert, wenn Fragen nach dem Wahrheitsgehalt zweitrangig werden.

Bis 31. Oktober, Albertusstraße 24, 50667 Cologne

AedT - Am Ende des Tages

Die Ausstellung "I Am All Yours" im Düsseldorfer Projektraum Am Ende des Tages steht im Zeichen der Freundschaft. Im Hinterraum zeigt Ekaterina Reinbold einen Film um eine alternde russische Schauspielerin, die mit langem weißen Haar und Sektglas in der Hand im Glanz vergangener Tage schwelgt. Das nächtliche Neukölln wird zum glitzernden Traumland Hollywood und entlässt Zuschauende mit dem Ohrwurm einer melancholischen Coverversion von Freddie Mercurys "Living On My Own". Michel Wagenschütz, der im Film als Cowboy auftritt, situiert Berlin im vorderen Teil der Galerie ebenfalls als Sehnsuchtsort. Neben Keramik-Nachbildungen der Skulpturen an der Löwenbrücke im Tiergarten, einem von Berlins traditionellen Cruising-Spots, zeigt er epische Gruppenfotografien seiner Freunde in nächtlichen Parks – unter ihnen auch Ekaterina Reinbold.

4. - 6. September, Linienstraße 28, 40227 Düsseldorf

Galerie Buchholz

Auch die Gruppenausstellung von Louise Lawler, R.H. Quaytman und Caeron Rowland bei Buchholz ist in enger Kooperation entstanden. Die drei Kunstschaffenden, die sich in ihrer Praxis auf unterschiedliche Weisen mit der Wertzuschreibung, Wirkform und Zirkulationslogik von Kulturobjekten auseinandersetzen, stehen bereits seit vielen Jahren im Austausch. Louise Lawler, die Kunstwerke im Kontext ihrer räumlichen Umgebung fotografiert, zeigt die Ansicht eines Quaytman-Werks in der Wiener Secession. Quaytman wiederum zeigt das auf der Fotografie abgebildete Gemälde im Original und eine Malerei, auf der die Künstlerin Andrea Fraser beim Betrachten einer Lawler-Fotografie zu sehen ist. Einen konträren Umgang mit dem Kunstmarkt findet Cameron Rowland: Er untersucht und referiert nicht die Werke, die bereits zirkulieren, sondern konfrontiert ihn mit Objekten, die ihm zunächst äußerlich erscheinen. Anhand von Relikten der US-amerikanischen Sklaverei wie einem mit einer Glocke versehenen Bügeleisen und einer Plantagen-Zeithornuhr exemplifiziert er den rassistischen Ursprung von der Produktionssteigerung und Gewinnmaximierung dienlichen Überwachungsstrategien, die bis heute Einsatz finden.

Bis 24. Oktober, Neven-DuMont-Straße 17, 50667 Köln