Stolz ragt er über dem Trafalgar Square: fünf Meter hoch auf einem Sockel, auf dem sich viele eine Skulptur von Winston Churchill oder Margaret Thatcher wünschen würden. Stattdessen hockt auf der Säule ein blauer Hahn, das Nationalsymbol Frankreichs - ausgerechnet an dem Platz, wo dem britischen Helden Lord Nelson ein Denkmal gesetzt wurde, der im Jahre 1805 die Flotte Frankreichs in der „Schlacht von Trafalgar“ schlug.
So zumindest sieht es die Denkmalschutzgruppe Thorney Island Society, die mit der Unterstützung von einer Reihe von Labour-Politikern versucht hat, die Aufstellung des Hahns zu stoppen. Das Werk der deutschen Künstlerin Katharina Fritsch sei „völlig unpassend für diesen historischen Platz“ und mit seiner grellen Farbe geradezu rude, „unanständig“. Unanständig vielleicht auch, weil das englische Wort für Hahn - „Cock“ – umgangssprachlich „Penis“ bedeutet. Die Künstlerin sieht ihr Werk höchstens als Störung für die zahlreichen Tauben, die den Platz bevölkern.
The same procedure as every year: Immer wieder sorgt der so genannte „Fourth Plinth“ für Aufsehen. Der leerstehende Denkmalsockel steht in der Nordwestecke des Trafalgar Squares. Ursprünglich sollte auf der 1841 erbauten Plinthe ein Reiterdenkmal errichtet werden, doch wurde der Plan aus Geldmangel fallengelassen. 1998 beschloss die Königliche Gesellschaft zur Förderung der Künste, den Sockel für wechselnde Skulpturausstellungen zu nutzen. Seitdem waren dort Werke von Mark Wallinger, Rachel Whiteread und Thomas Schütte zu sehen. Der Wettbewerb um den „Fourth Plinth“ hat sich, wie der jährliche Sommerpavillon der Serpentine Gallery, als feste Größe und Reizthema der Londoner Kunstszene etabliert.
Marc Quinns Marmorskulptur der nackten, körperbehinderten und schwangeren Künstlerin Alison Lapper etwa: Nach deren Aufstellung 2005 sprach die Sun vom „Travulgar Square“. 2009 gab Anthony Gormley mit „One and Other“ 2400 Briten die Chance, auf dem Sockel zu stehen. Jeweils eine Stunde hatten sie Zeit, sich mit beliebigen Mitteln künstlerisch auszudrücken. Was beschäftigt uns so sehr, dass es Platz auf dem Sockel finden sollte?, fragte der Künstler mit seinem Projekt. Die Antworten waren vielseitig: Ein Teilnehmer zog sich nackt aus. Ein anderer verkleidete sich wie ein riesiger Haufen Scheiße.
Einige Beiträge sorgten auch für Wohlwollen: Yinka Shonibares aus glasähnlichem Kunststoff gehülltes Modell von Nelsons Flaggschiff „H.M.S. Victory“ etwa, das dazu animierte, über das Vermächtnis der einstigen Seemacht Großbritannien nachzudenken und mit seinen Segeln aus afrikanischen Textilien „Londons riesigen, ethnischen Reichtum“ zelebrierte. Oder das Werk vom vergangenen Jahr vom Künstlerduo Elmgreen & Dragset: ein bronzener Junge, der munter auf seinem bronzenen Schaukelpferd reitet. Ein ganz anderer Held an einem Ort, der sonst für Generäle und Könige reserviert war.
Auch „Hahn/Cock“ von Katharina Fritsch begegnet dem männlichen Imponiergehabe auf dem Trafalgar Square mit subtiler Ironie, nicht nur mit der Doppeldeutigkeit des Wortes. Wie die Figuren um ihn herum steht der Hahn, trotz seiner übergewichtig-gemütlichen Form, für Aufbruch und Stärke. Mit seinem leuchtenden Blau bricht der Hahn mit dem auf dem Platz vorherrschenden, von Ruß und Geschichte patiniertem Grau. Auf Erneuerung statt Verwitterung setzt die Bildhauerin, deren internationaler Erfolg vor gut zehn Jahren in der Londoner Tate Modern begann. Ihr Markenzeichen sind farbige Werke: „Ein Ding, eine Farbe“, sagte die heutige Professorin an der Düsseldorfer Kunstakademie einmal.
Natürlich wurde in den Diskussionen nicht übersehen, dass die Künstlerin Deutsche ist. Dass eine Bürgerinitiative der Bildhauerin mit ihrem Kunstwerk eine Aversion gegenüber den Franzosen nachsagte, selbst aber für eine Bronze von der kürzlich verstorbenen Premierministerin Margret Thatcher plädierte, die nicht gerade als Fan des Kontinents galt, ist schon etwas absurd. Das Stadtparlament schien es auch so zu sehen und schmetterte alle Proteste mit dem Argument der Freiheit der Kunst ab. Bürgermeister Boris Johnson hieß den Hahn sogar „ausdrücklich willkommen“. Matthew Slotover, Direktor der Frieze Art Fair und Mitglied der Fourth Plinth Commissioning Group, sagte, eine der Hauptfunktionen der Kunst sei es nun einmal, zu provozieren.
Vor allem wäre ein Verbot sehr teuer geworden. Die Herstellungskosten der Skulptur aus glasfaserverstärktem Kunststoff, die bis 2015 der Londoner Witterung trotzen soll, liegen laut Zeitungsberichten im sechsstelligen Bereich. Vielleicht sollte man sich erst gar nicht so aufregen, so der Times-Kritiker Richard Morrison. Ob deutsch oder französisch: Von seinem hohen Sockel schaut Nelson sowieso auf alle herunter.
So zumindest sieht es die Denkmalschutzgruppe Thorney Island Society, die mit der Unterstützung von einer Reihe von Labour-Politikern versucht hat, die Aufstellung des Hahns zu stoppen. Das Werk der deutschen Künstlerin Katharina Fritsch sei „völlig unpassend für diesen historischen Platz“ und mit seiner grellen Farbe geradezu rude, „unanständig“. Unanständig vielleicht auch, weil das englische Wort für Hahn - „Cock“ – umgangssprachlich „Penis“ bedeutet. Die Künstlerin sieht ihr Werk höchstens als Störung für die zahlreichen Tauben, die den Platz bevölkern.
The same procedure as every year: Immer wieder sorgt der so genannte „Fourth Plinth“ für Aufsehen. Der leerstehende Denkmalsockel steht in der Nordwestecke des Trafalgar Squares. Ursprünglich sollte auf der 1841 erbauten Plinthe ein Reiterdenkmal errichtet werden, doch wurde der Plan aus Geldmangel fallengelassen. 1998 beschloss die Königliche Gesellschaft zur Förderung der Künste, den Sockel für wechselnde Skulpturausstellungen zu nutzen. Seitdem waren dort Werke von Mark Wallinger, Rachel Whiteread und Thomas Schütte zu sehen. Der Wettbewerb um den „Fourth Plinth“ hat sich, wie der jährliche Sommerpavillon der Serpentine Gallery, als feste Größe und Reizthema der Londoner Kunstszene etabliert.
Marc Quinns Marmorskulptur der nackten, körperbehinderten und schwangeren Künstlerin Alison Lapper etwa: Nach deren Aufstellung 2005 sprach die Sun vom „Travulgar Square“. 2009 gab Anthony Gormley mit „One and Other“ 2400 Briten die Chance, auf dem Sockel zu stehen. Jeweils eine Stunde hatten sie Zeit, sich mit beliebigen Mitteln künstlerisch auszudrücken. Was beschäftigt uns so sehr, dass es Platz auf dem Sockel finden sollte?, fragte der Künstler mit seinem Projekt. Die Antworten waren vielseitig: Ein Teilnehmer zog sich nackt aus. Ein anderer verkleidete sich wie ein riesiger Haufen Scheiße.
Einige Beiträge sorgten auch für Wohlwollen: Yinka Shonibares aus glasähnlichem Kunststoff gehülltes Modell von Nelsons Flaggschiff „H.M.S. Victory“ etwa, das dazu animierte, über das Vermächtnis der einstigen Seemacht Großbritannien nachzudenken und mit seinen Segeln aus afrikanischen Textilien „Londons riesigen, ethnischen Reichtum“ zelebrierte. Oder das Werk vom vergangenen Jahr vom Künstlerduo Elmgreen & Dragset: ein bronzener Junge, der munter auf seinem bronzenen Schaukelpferd reitet. Ein ganz anderer Held an einem Ort, der sonst für Generäle und Könige reserviert war.
Auch „Hahn/Cock“ von Katharina Fritsch begegnet dem männlichen Imponiergehabe auf dem Trafalgar Square mit subtiler Ironie, nicht nur mit der Doppeldeutigkeit des Wortes. Wie die Figuren um ihn herum steht der Hahn, trotz seiner übergewichtig-gemütlichen Form, für Aufbruch und Stärke. Mit seinem leuchtenden Blau bricht der Hahn mit dem auf dem Platz vorherrschenden, von Ruß und Geschichte patiniertem Grau. Auf Erneuerung statt Verwitterung setzt die Bildhauerin, deren internationaler Erfolg vor gut zehn Jahren in der Londoner Tate Modern begann. Ihr Markenzeichen sind farbige Werke: „Ein Ding, eine Farbe“, sagte die heutige Professorin an der Düsseldorfer Kunstakademie einmal.
Natürlich wurde in den Diskussionen nicht übersehen, dass die Künstlerin Deutsche ist. Dass eine Bürgerinitiative der Bildhauerin mit ihrem Kunstwerk eine Aversion gegenüber den Franzosen nachsagte, selbst aber für eine Bronze von der kürzlich verstorbenen Premierministerin Margret Thatcher plädierte, die nicht gerade als Fan des Kontinents galt, ist schon etwas absurd. Das Stadtparlament schien es auch so zu sehen und schmetterte alle Proteste mit dem Argument der Freiheit der Kunst ab. Bürgermeister Boris Johnson hieß den Hahn sogar „ausdrücklich willkommen“. Matthew Slotover, Direktor der Frieze Art Fair und Mitglied der Fourth Plinth Commissioning Group, sagte, eine der Hauptfunktionen der Kunst sei es nun einmal, zu provozieren.
Vor allem wäre ein Verbot sehr teuer geworden. Die Herstellungskosten der Skulptur aus glasfaserverstärktem Kunststoff, die bis 2015 der Londoner Witterung trotzen soll, liegen laut Zeitungsberichten im sechsstelligen Bereich. Vielleicht sollte man sich erst gar nicht so aufregen, so der Times-Kritiker Richard Morrison. Ob deutsch oder französisch: Von seinem hohen Sockel schaut Nelson sowieso auf alle herunter.