Basquiat-Barbie

Kunstpüppchen

Die Firma Mattel hat eine Barbie auf den Markt gebracht, die vom Künstler Jean-Michel Basquiat inspiriert ist. Das ist gar nicht so abwegig, wie es zunächst klingen mag 

Barbie wohnt jetzt also in der Lower East Side. Für Puppenspieler, die noch fürs rosa "Traumhaus" mit Plastik-Pastellküche, Pferdebox und Jacuzzi im Badezimmer gespart haben (mit Blubbergeräusch!) ist das eine ziemliche Umstellung. Ist gefährlich da! Und die ganzen Graffiti ...

Die Firma Mattel, die seit einigen Jahren versucht, ihr rosa Universum diverser und die spindeldürre Beauty-Puppe body-positiver zu gestalten, hat nun auch eine Basquiat-Barbie auf den Markt gebracht. Die Puppe trägt die strahlenförmige Signature-Frisur des 1988 verstorbenen Künstlers und seine abstrahierte Krone, die er immer wieder in seinem Werk benutzte. Ihr Outfit, mit Hemd, Krawatte, Jackett und weiter Hose ziemlich viel Stoff für eine Barbie, ist mit einem Potpourri aus bunten wütenden Basquiat-Gemäldeschnipseln bedruckt. Für die Werbekampagne hat Mattel die Basquiarbie vor einen Hintergrund gestellt, der wohl das raue New York der 80er-Jahre inklusive stilisierter Samo-Tags an den Wänden darstellen soll - so rau, wie es eine immer noch heile Spielzeugwelt eben sein darf. 

Man könnte jetzt sagen, dass ein Modeprint für ein Plastikpüppchen, das immer noch unrealistische Schönheitsideale in Kinderzimmern zementiert, so ziemlich das Schlimmste ist, was dem einstigen Street-Art-Künstler Jean-Michel Basquiat passieren kann. Doch die Figur ist präziser als beispielsweise die Frida-Kahlo-Barbie, die eine unangepasste Frau zur idealisierten Massenware machte und dafür hart kritisiert wurde. Zeitzeugen berichten, wie sich die glamouröse New Yorker Kunstwelt zu Basquiats Lebzeiten mit seinem Widerstandsgeist und seiner Street Credibility brüstete und ihn dabei wie eine Puppe behandelte, die vorgeführt wurde und Gewinn versprach. Noch heute wird mehr über die Auktionsrekorde seiner Bilder gesprochen als über seine Wut auf einen rassistischen Kunstbetrieb und die Polizeigewalt in den USA.

So falsch ist die Basquiat-Barbie also nicht, wenn man sie nicht als Darstellung eines Künstlers, sondern als Symptom einer Vereinnahmung sieht. Und Andy Warhol, Basquiats Mentor und Verfechter des Zaubers von Popkultur und Massenware, hätte sie sicher geliebt.