Satanismus-Vorwürfe

Verschwörungstheorie um Marina Abramović flammt wieder auf

Schon seit länger Zeit werfen Rechtsextreme Marina Abramović Satanismus vor. Jetzt hat diese irre Verschwörungstheorie um die Performancekünstlerin wieder an Fahrt aufgenommen. Schuld daran ist offenbar auch der Microsoft-Konzern

Es geht jetzt seit Anfang April so: Durch die Suchwortkombination "Marina Abramović" und "Satanismus" landen massenhaft User auf einen Monopol-Artikel aus dem Jahr 2018 über eine Ausstellung in Florenz. In dem Text von Philipp Hindahl wird nämlich eine rechte Verschwörungstheorie erwähnt, die die Performancekünstlerin in Verbindung setzt mit kultischen Handlungen.

Wie "Art News" berichtet, hat diese Verschwörungstheorie nun neues Futter erhalten, nachdem Microsoft am 10. April einen Werbeclip für das Headset HoloLens2 veröffentlichte – und später löschte. In dem Film stellt die Künstlerin ihre neue Mixed-Reality-Arbeit "The Life" vor, die 2019 in den Londoner Serpentine Galleries Premiere feierte. Anwender können in "The Life" Abramovićs gefeierte Performance "The Artist Is Present" von 2010 virtuell auferstehen lassen.

Kurz bevor das Microsoft-Video Anfang dieser Woche verschwand, wurde es laut "Art News" von YouTube-Nutzern mehr als 24.000 Mal mit "Gefällt mir nicht" markiert, vermehrt nachdem der rechtsextreme US-Blog "Infowars" den Clip mit Satanismusvorwürfen aus dem US-Wahlkampfjahr 2016 in Verbindung brachte.

Philipp Hindahl fasste die Verschwörungstheorie in seinem Artikel so zusammen: 

Ende 2016 gab es eine Verschwörungstheorie, die besagte, dass Hillary Clinton zusammen mit ihrem Wahlkampfmanager John Podesta einen Kinderpornoring betreibt, und zwar vom Keller einer Pizzeria in Washington aus. Es war die Zeit kurz nach der Trump-Wahl, als eine kurze Google-Recherche ein ganzes Netz von Artikel zu Tage fördern konnte, eine Parallelwelt aus unbestätigten Meldungen und Verschwörungstheorien über okkulte Zirkel. Und irgendwie gehörte die hinreichend kanonisierte Künstlerin Marina Abramović auch dazu.

Clintons Wahlkampfmanager hat einen Bruder, Tony Podesta. Der sammelt Kunst: Er gehörte zu den ersten Sammlern von Ólafur Eliasson, kaufte eine Marmorskulptur von Louise Bourgeois. Außerdem ist Podesta mit Marina Abramović befreundet. Irgendwann tauchte auf der Enthüllungsplattform Wikileaks, die mittlerweile vor allem Bausteine für rechte Verschwörungstheorien liefert, eine E-Mail-Konversation zwischen Tony Podesta und Abramović auf. Die Künstlerin lädt zum "Spirit Cooking Dinner", einer eigentlich eher harmlosen Abendunterhaltung, die zurückgeht auf die gleichnamige Performance in einer italienischen Galerie. Dort hatte sie Anweisungen wie "with a sharp knife cut deeply into the middle finger of your left hand eat the pain" an die Wand geschrieben (zugegebenermaßen mit Schweineblut) und für die Gäste gekocht. Gelegentlich wiederholt sie die Performance für Sammler und Freunde, 2016 für Tony Podesta. Das wurde als Hinweis auf ein satanistisches Untergrundnetzwerk um die demokratische Präsidentschaftskandidatin missverstanden.

Microsoft wollte sich zur Löschung des Videos gegenüber "Art News" und "Artnet News" nicht äußern. Es sieht ganz so aus, als wäre der US-Konzern vor rechten Spinnern eingeknickt, was die Verschwörungstheorie nur weiter befeuert.